Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
streichelte Alix` schweißfeuchten Hände wartete, bis die Wehe vorüber war.
Wortlos verließ Inés das Gemach.
„Sagt, hasst Ihr den Mann, der Euch das angetan hat, so sehr, dass Ihr seinem Kind den Eintritt ins Leben verweigert?“, fragte die Wölfin Alix.
„Ich hasse ihn sogar noch mehr!“, stieß Alix hervor. Mit allem hatte sie gerechnet, doch nicht mit dem Erscheinen der Wölfin. Was wollte sie hier? Und was, um Himmels Willen, war ein Gebärstuhl?
„Ihr seht wie ein Junge vom Lande aus, mit Eurem kurzen Haar. Reizvoll“, sagte Na Loba. Sie strahlte Ruhe aus und Gelassenheit.
Ihre Schwägerin Brunissende nickte zustimmend.
„Kehrt doch wieder in Eure Gemächer zurück, lasst mich sterben!“, rief Alix, zutiefst davon überzeugt, dass der leise Hauch des Todes sie bereits gestreift hatte.
„Ihr hasst ihn also, Bartomeu von Cahors. Das ist Euer Recht“, sagte die Wölfin unbeeindruckt. „Doch von Anbeginn aller Zeiten läuft der Mann zur Frau wie der Hirsch zur Quelle! Geistliche sind dabei nicht ausgeschlossen. Als Jordan mir von Eurer Heldentat erzählt hat, bei der Ihr Euer Gemach in Brand gesetzt habt, um aus Cahors zu fliehen, habe ich zu ihm gesagt: Diesem Weib gebührt Respekt!“
Brunissende nickte eifrig.
„Auch wenn Ihr in den Wehen liegt, so seid Ihr noch immer diese starke Frau, Alix von Rocaberti, kein zimperliches Edelfräulein!“, fuhr die Wölfin fort. „Und noch etwas müsst Ihr wissen. Ein Kind zur Welt zu bringen, ist immer schmerzhaft, gleich ob man den Vater des Kindes liebt oder ihn hasst. Und es ist harte Arbeit. Aber es geht vorüber. Ihr werdet sehen … Und nun macht die Beine auseinander, Vizegräfin, ja, aufgespreizt wie ein unzüchtiges Weib! Wer nicht hinsehen mag, soll es bleiben lassen, doch ich will Euch untersuchen!“
Mit einem Ruck zog sie das Leintuch zurück, mit dem die Schwangere zugedeckt war. Der Arzt protestierte vergeblich.
„Ihr?“ Alix` Stimme klang ungläubig.
„Meint Ihr vielleicht, ich kann nur den Spinnrocken bedienen? Das ist nicht das erste Mal, meine Liebe, dass ich einem Kind zur Welt helfe! Nicht wahr, meine gute Schwägerin?“
Brunissende, hochrot im Gesicht nickte, hüstelte. „Sie kann es, Mädchen, glaubt mir …“, sagte sie zu Alix, und tupfte ihr den Schweiß von der Stirn. „Mein letztes Kind hat sie auch hervorgeholt, als ich schon dachte, es sei alles aus! Doch Ihr müsst Loba vertrauen!“
„Schafft mehr Licht!“, herrschte die Wölfin Meister Renaud an und zog den Tiegel mit der Salbe zu sich heran, den der Arzt eifersüchtig bewacht hatte. Sie schmierte sich die rechte Hand und den Arm bis zum Ellbogen ein und untersuchte Alix.
„Ganz ruhig“, sagte sie nach einer Weile, „Es ist nicht so schlimm, wie Ihr glaubt. Nur presst nicht weiter. Das Kind hängt fest, es muss erst einen kleinen Stoß bekommen, damit es sich dreht.“
Wieder wartete sie ab, bis die nächste Wehe vorüber war. Dann versuchte sie ihr Glück erneut. Doch bald trat auch ihr der Schweiß auf die Stirn, und die Wehen kamen jetzt Schlag auf Schlag. Alix, die dem irren Drang zu pressen, kaum entgegenhalten konnte, stöhnte nur noch - ja, sie fieberte plötzlich, wie Brunissende erschrocken feststellte, klapperte laut mit den Zähnen.
Endlich kamen die Ammen mit dem Gebärstuhl an. Brunnisende schickte sie um heißes Wasser. Derweilen drückte der Arzt sein Ohr auf Alix` Herz, dann auf ihren brettharten Leib, wiegte zweifelnd den Kopf. Doch die Wölfin schob ihn zur Seite. Sie befahl allen, mit anzupacken. Gemeinsam setzten sie Alix auf den mit Tüchern ausgepolsterten Stuhl.
Die Wölfin stürzte auf die Knie, versuchte ein weiteres Mal das Kind in die richtige Lage zu bringen – und im ersten Licht des neuen Tages wurde Damian geboren.
Zweiter Teil
« D`Amors es tots mos cossiriers … »
(Raimon de Miraval, Troubadour, okzitanisch)
„All meine Gedanken gelten der Liebe …“
1.
Im Jahr 1208 nach der Fleischwerdung des HERRN:
Während die silbernen Bäche die Schreckensbotschaft noch durch Wiesen und Wälder bis zur letzten strohgedeckten Hütte trugen, hatte der frische Cers-Wind die Meldung längst hinauf zu den Burgen der dort verschanzten Hochgeborenen gebracht. Bald sprach man im ganzen Land von nichts anderem mehr, als der Ermordung des neuen päpstlichen Legaten, Peter von Castelnau.
„Gottloser, grausamer und barbarischer Tyrann! Schämst du dich nicht, die Häresie zu befürworten!“, hatte Innozenz an Raymond
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