Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
gewähren!“, versprach der Trencavel auf seinem Ritt unzähligen Menschen, die ihn voller Angst um Hilfe anflehten.
Als er in Béziers eintraf - auf einem steil über dem Fluss Orb ragenden Plateau erbaut und mit starken Mauern und Türmen umgeben -, hatte sich auch dort die Furcht breit gemacht. Im engen Gewirr der Straßen und Gassen wuselten die Menschen wie Ameisen umher, schlugen Tausende Hämmer, wurden Äxte an starke Bäume gelegt, scharrten unentwegt die Sägen. Die Leute sicherten ihre Häuser, vergruben ihr Hab und Gut, verrammelten die Geschäfte, versteckten Mehlsäcke, Weinfässer und Ölkrüge unter aufgeschichtetem Holz.
Unzählige Karren mit Korn holperten noch immer in die Stadt hinein, obwohl die Zehntscheunen und Vorratshäuser längst voll waren. Aber es gab auch Streit zu schlichten: Der für die Versorgung verantwortliche Vogt hatte die Hammel-, Schaf- und Ziegenherden, die für gewöhnlich außerhalb weideten, über die Brücke treiben lassen, um sie auf den schmalen Wiesen entlang der inneren Mauern in Pferchen anzusiedeln. Das wiederum gefiel den Soldaten nicht, die an gleicher Stelle mit ihren Kampfübungen beginnen wollten. Es kam zu Geschrei und Handgreiflichkeiten auch zwischen den Bogenschützen und den Knechten, die die Flechtzäune errichteten, damit die Tiere voneinander getrennt wurden. Tagelang hatte man unten am Fluss Weidenruten geschnitten, und nun wollte man sich nicht vertreiben lassen. Die Biterrois, wie man die Einwohner von Béziers nannte, zogen an einem Strick, doch jeder erachtete seine Arbeit wichtiger als die des anderen.
Mit anerkennenden Worten an seinen Kanzler und ersten Lehnsvogt, Gottfried von Lamothe, betrat der Vizegraf sein Schloss, nachdem er sich gründlich vergewissert hatte, dass sich an allen wichtigen Stellen der Stadt Berge von Brandpfeilen türmten und große Steinhaufen neben den Schleudern lagerten. Bei seinem letzten Besuch war ihm die Anzahl die Geschosse zu gering vorgekommen und er hatte angeordnet, das alte Amphitheater der Römer aufzulassen, um es als Steinbruch zu nutzen.
Unter seinen neun Lehnsleuten herrschte dennoch große Aufregung. Kundschafter hätten mitgeteilt, berichtete Lamothe, dass sich die „Franzosen und Landräuber“, wie er sie nannte, seit gestern auf Béziers zubewegten. Es gehe auch um die Sicherheit der Juden, sagte er, eine Abordnung stünde draußen und ließe sich nicht beruhigen.
Als man die Männer hereinholte, hagelte es Fragen über Fragen, die der Trencavel nicht müde wurde, zu beantworten. Er gab zu, dass sich der Graf von Toulouse im Lager der Kreuzfahrer aufhielt. „Doch es ist nicht Untreue uns gegenüber“, rief er. „Sein Gelübde zwingt ihn zur Teilnahme am Zug.“
„Aber wie man hört“, gab der Älteste der Juden zu bedenken, „hat er sich vor Zeugen verpflichtet, nicht nur die Katharer auszuliefern, sondern auch uns aus unseren Ämtern zu vertreiben. Die halbe Stadt ist jüdisch - und der Graf ist Oberlehnsherr von Béziers. Wie will er sich aus diesem Versprechen lösen? Es heißt, sie haben seinen Sohn als Geisel genommen.“
Der Trencavel versicherte den Juden ein weiteres Mal, dass sie in Béziers in Sicherheit seien. Der Graf von Toulouse, versprach er, würde Wege suchen und finden, um das Schlimmste abzuwenden.
Ein jüngerer, recht betuchter Kaufmann - keiner von denen, die seinerzeit von Cahors hierher gekommen waren -, ließ sich nicht so leicht besänftigen.
Erregt wischte er sich den Schaum vom Mund. „Es geht den Franzosen einzig und allein um uns und unsere Güter!“, rief er und er verlangte vom Trencavel, mit seiner Familie in Sicherheit gebracht zu werden.
„Ja, lasst uns nach Carcassonne ziehen, Sénher, so lange noch Zeit dazu ist!“, flehten nun auch die anderen. „Carcassonne steht unter dem Schutz des Königs von Aragón.“
Der Trencavel bat sich Bedenkzeit aus.
In der Nähe des Weilers Pézenas trafen Alix, Esther und die Spielleute auf einen Vortrupp des Heeres: Soldaten, die die Straßen und Wege ausbesserten für die reibungslose Passage durch das Land. Bald waren sie am Ziel. Alix war froh darüber. Es war an der Zeit, bestimmte Dinge in Ordnung zu bringen.
Als die Kühle des frühen Vormittags erneut von der Hitze abgelöst wurde, ritten sie auf ein Pinienwäldchen zu, um zu rasten. Alix schlug vor, hier so lange zu warten, bis das Heer auftauchte, und weil es in der Nähe eine Quelle gab, schlugen sie ihre Zelte auf.
Zwei Tage später war es so
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