Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
einer offenen Feuerstelle und kochte. Er warf das zuvor fein gehackte Hühnerfleisch und die zerstoßenen Mandeln in den Kessel mit der heißen Brühe und schmeckte mit Salz und Pfeffer ab. Wie sein Herr war er in ein weiches, langes Gewand, ähnlich einer Albe, gehüllt, damit sich der geschundene Leib des Abends vom langen Ritt erholen konnte.
„Erlaubt, Sidi, dass ich das Wort an Euch richte?“
Der Erzbischof trat ans Feuer. „Willst du mich noch einmal um Verzeihung bitten? Das brauchst du nicht. Damit, dass gottloses Diebsgesindel irgendwann das Zelt aufschlitzt, war zu rechnen. Anderen erging es nicht besser, selbst der Graf von Nevers ist in dieser Nacht dreist bestohlen worden. Zukünftig sorgst du aber rechtzeitig für einen geschützten Platz und ausreichend Soldaten.“
Rashid nickte. „Nur gut, dass sie die Kette Eures Sohnes nicht entwendet haben!“
Bartomeu klopfte auf seine Brust. „Sie ist sicher verwahrt. Übrigens, wir ziehen zuerst gen Béziers. Der Trencavel befindet sich auf dem Weg dorthin. Vermutlich wird es eine längere Belagerung geben. Nun, wenn alles zu unserer Zufriedenheit verläuft, sind die Ländereien bald in unserer Hand. Dann haben wir gesiegt.“
Der Maure merkte auf. „Eine längere Belagerung? Und wenn sie inzwischen die Tore finden?“
„Aber nein“, der Cahors lachte, „die Suche ist längst eingestellt. Die haben jetzt andere Sorgen.“ Er tauchte den Schöpfer in die Königinsuppe, blies, bis die Brühe abgekühlt war und kostete. „Ausgezeichnet! Sie wird Bischof Fulco munden. Ich sehe ihn schon heranreiten.“
Nachdem die beiden Prälaten gespeist, lange geredet und sich dann zur Nachtruhe begeben hatten, räumte Rashid den Kessel beiseite, spülte am See, löschte das Feuer. Dann setzte er sich vor den Eingang des Zeltes ins hohe Gras, zog die Beine an den Körper, prüfte mit dem Daumen die Schärfe seines Schwertes und beobachtete die Wachsoldaten, wie sie ihre Runden liefen.
Die Nacht war lau, Zikaden lärmten.
Die drei Tore! Der Schatz des Königs Salomon. Der Sidi war so verrückt wie Bischof Fulco und alle anderen Kreuzanbeter auch, die nach dem Reich Gottes und nach Gold und Macht strebten. Als ob dies möglich wäre! Rashid schüttelte den Kopf ... Doch selbst sein eigener Oheim, der ein Gelehrter gewesen war, die Abkehr von der Welt gepredigt hatte und den Heiligen Koran auswendig konnte, hatte ein Leuchten in den Augen gehabt, wenn er auf „Sulaiman, den Inbegriff der Weisheit“ zu sprechen kam, dem sogar die Dschinn dienten. Gold und Perlen hätten sie ihm aus dem Meer geholt und unter seiner Anweisung den Tempel von Jerusalem gebaut. Sulaiman habe die Sprache der Vögel gesprochen und – hier hatte der Oheim stets innegehalten - den wahren Namen Gottes gekannt und niedergeschrieben!
Sonderbar, dass ihm gerade heute der greise Oheim einfiel? Lag es daran, dass er in der letzten Nacht von der Heimat - einem Ort, durch den die Pilgerkarawanen nach Mekka gezogen waren - und seiner Mutter Aisha geträumt hatte? Sie war ihm tatsächlich erschienen, mit klaffender, blutiger Kehle, so wie er sie zum letzten Mal gesehen hatte, als wenn sie ihn hätte auffordern wollen, sie zu rächen. Und vorhin, beim Wasserholen, als er sich über den See gebeugt hatte, war ihm als Spiegelbild des Vaters vor Augen gestanden. „Sprich mir die erste Sure nach“, hatte er ihn beim Abschied aufgefordert.
" Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen!“, flüsterte Raschid, um sein Gedächtnis zu prüfen, „Lob sei Allah, dem Weltenherrn, dem Erbarmer, dem Barmherzigen, dem König am Tag des Gerichts! Dir dienen wir und zu dir rufen um Hilfe wir. Leite uns den rechten Pfad, den Pfad derer, denen du gnädig bist, nicht derer, denen du zürnst, und nicht der Irrenden.“
Fast meinte er, des Vaters heiße, trockene Hand zu spüren, die er ihm auf den Kopf gelegt hatte, als er ging, den wahren Glauben zu verteidigen. „Merke dir noch eines fürs Leben, mein Sohn“, hatte er zum Schluss mit einem breiten Lächeln gesagt, damit Rashid nicht länger weinte: „Ein goldener Sattel macht einen Esel noch nicht zum Pferd!“
Der Maure erhob sich ein wenig umständlich aus dem Gras und steckte das Schwert weg.
Ein Tor zum Schatz des Sulaiman machte auch den Sidi nicht zwangsläufig zum König, dachte er bei sich.
14.
„Ich werde allen Vogelfreien, die bald ohne Zufluchtsort durch das Land ziehen, eine Stadt, ein schützendes Dach, Brot und mein Schwert
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