Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Fünfei genannt, zweifelte.
Miquel zuckte mit den Schultern. „Das war Esclarmondes Einfall, nicht der meine. Behält sie Recht, so wäre dies in der Tat eine gute Gelegenheit, um ...“
„ ... um uns dort ein wenig umzusehen“, beendete Villaine seinen Satz.
Miquel knurrte zustimmend. Mit seinem rechten Fuß schob er die Streu beiseite, damit er einen festen Stand hatte. Dann stellte er sich breitbeinig in die Mitte des Zimmers der Herberge und begann zu jonglieren. Die drei schmutzigen Talglichter auf dem Tisch, an dem Villaine und Fünfei beim Wein saßen - sie hatten sich einen Krug mit aufs Zimmer genommen -, erleuchteten den Raum nur schlecht. Doch selbst in stockdunkler Nacht hätten die kleinen Lederbälle ihren Weg zurück in Miquels geschickte Hände gefunden. Die Spielleute waren ehrgeizig, und es verging kein Tag, an dem sie nicht übten.
„Gut, dann machen wir das so“, sagte Villaine und gähnte laut.
Nach sechstägigem scharfem Ritt waren sie erst kurz vor Einbruch der Dämmerung in Cahors eingetroffen, hatten sich vorschriftsmäßig bei der Wache gemeldet und auch unverzüglich ein passendes Quartier gefunden.
„Aber hätten wir nicht besser noch heute Abend Pelfort, den Katharer aufgesucht?“
„Mein guter Fünfei, die Eile hat der Teufel erfunden!“ Meister Villaine bekam den Mund gar nicht mehr zu, so müde war er. „Wir wissen doch noch gar nicht, ob die Hilfe der Katharer überhaupt nötig ist.“
Am nächsten Morgen, gleich nach Tagesanbruch, zogen sie ihre bunten Gewänder an und machten sich auf den Weg zum Palais, wo sie sich bei den Wachhabenden als Spielleute aus Zaragoza ausgaben. Auf der Suche nach einem „hochmögenden Gönner“, wie Villaine sagte, sei ihnen der „hochwohlgeborene fürstliche Erzbischof dieser Stadt“ als ein solcher wärmstens empfohlen worden.
Es dauerte geraume Zeit, bis man ihnen Einlass in das Wachhaus gewährte, wo sie im Warteraum des Bescheides harrten.
Plötzlich trat Rashid ein. Überrascht verbeugte sich Villaine vor ihm. Ein Maure? Mit dem aus vielfarbigen Tüchern verschlungenen Kunstwerk auf dem Kopf, seinem seidenen Wams, nebst breiter Schärpe, dem Schwert und schweren Lederstiefeln, flößte der Diener des Erzbischofs Respekt ein. Villaine war noch dabei, sein Alter zu schätzen, als Rashid ohne langes Federlesen eine Probe seines Könnens forderte.
„Seid versichert, Erlauchter“, der Spielmann zeigte sein gewinnendstes Lächeln und deutete auf Fünfei, „dass jener dort die Fiedel spielt wie keiner zuvor, und der neben ihm jongliert mit Messern so gut wie mit Bällen oder alten Hüten, bis es Euch schwindelt.“
Miquel nickte eifrig und zeigte seine Künste.
„Unsereiner jedoch …“, nun wies Villaine mit seiner Rechten auf sich, „unsereiner nennt sich zu Recht Sänger und Rezitator, nicht nur weil meine Stimme der eines Engels gleicht, sondern weil ich dichten und auch gute Geschichten erzählen kann, bei denen es um keine billigen Reime geht, wie jenen vom ´Karlchen, dem Juden, der in das Hasenfell schiss`. Wir zählen nämlich nicht zu den einfachen Joculatores, Sénher, wie Ihr auch an unserer farbenprächtigen und wertvollen Kleidung sehen könnt. Auch sind wir keine ketzerischen Heuchler, sondern fromme und gottesfürchtige Christen, die bereits vor dem berühmten El Catolico, dem König von Aragón, ihren Auftritt hatten. Bestens bewährt selbst im puy, dem Wettbewerb der berühmtesten Troubadoure aus Nord und Süd, Ost und West. Wir bieten Euch und Eurer Herrschaft, dem hochherzoglichen Fürsten dieser Stadt, die wahrhaft hohe Kunst der Unterhaltung. Selbst die geheimnisvolle Geschichte über das Marienmirakel von Rocamadour gehört zu unserem Auftritt, so Euer Herr fromme Geschichten liebt. Tragt also Eurer Erzbischöflichen Gnaden, dem gütigen und hochwohlgeborenem Fürsten Bartomeu von Cahors, gnädigst unser Anliegen vor: Er möge unser Herr und Gönner sein für die Tage, die wir in seiner schönen Stadt verweilen. Unser Wahlspruch lautet: Wenn unsere Kunst missfällt - so kostet es kein Geld!“
Rashid hatte den sprudelnden Worten des Spielmanns mit wachsender Ungeduld zugehört. Brüsk forderte er die Gruppe auf, zu warten, drehte sich um und ging.
Die Spielleute setzten sich, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, auf den Boden.
„Ehrlich gesagt, ich habe den Verdacht, man jagt uns wieder aus der Stadt“, flüsterte Fünfei und zupfte an seiner Fiedel. „Oder der Muselmane haut uns übers Ohr.
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