Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
zurückzuhalten.
Nun griff der Trencavel in den Streit ein, verwies Otho mit scharfen Worten in seine Schranken und forderte im Gegenzug Peter von Cabaret auf, seine Anschuldigung näher zu erklären. Zwar hätte er den Mirepoix am liebsten eigenhändig und sofort aus der Stadt geworfen, wie es die Bürger mit dem Bischof getan hatten, doch mit Rücksicht auf die katholischen Vögte in der Runde, durfte nichts überstürzt werden.
Konfrontiert mit dem Zusammenprall - der unseligen Aug-in-Aug-Begegnung vor der Tür des Runden Saales -, erwies sich Otho von Mirepoix jedoch als hartgesotten. Er verwahrte sich gegen Cabarets „infame Beschuldigung“ und ließ keinen Zweifel an seiner Redlichkeit und Treue dem Haus Trencavel gegenüber aufkommen. Eine Pergamentrolle sei ihm seinerzeit entglitten, behauptete er dreist, und gerade im dem Augenblick, als er sie aufgehoben und sich wieder aufgerichtet habe, hätte Peter die Tür geöffnet. Er forderte den Vogt auf, sich für die unglaubliche Verdächtigung, gelauscht zu haben, bei ihm zu entschuldigen.
Der Cabaret jedoch beharrte weiter auf seinem Verdacht und schlug vor, die Wachen zu befragen. Eine ganze Weile stritten die Vögte lautstark, ob eine solche Befragung nötig sei, wobei sich im Verlauf des Disputes zwei strenge, in der Sache unerbittliche Lager auftaten, die sich, für niemanden überraschend, auch konfessionell unterschieden.
Endlich holte man die zwei Wachhabenden herein.
Die Blicke, die Peter von Cabaret mit dem Vizegrafen und Saïssac tauschte, als beide Soldaten Othos und nicht Peters Geschichte bestätigten, sprachen Bände.
30.
„Die Sieben steht für die Gnade, für Ruhe und Frieden“, klärte sie Pelfort auf, der spindeldürre und spitznasige Schwager des Schusters, bei dem die Spielleute am nächsten Tag einträchtig nebeneinander am Tisch saßen und Erbsbrei aßen.
Pelfort war der katharische Perfekt von Cahors. An seine Adresse war das Hilfegesuch der Vizegräfin von Foix gerichtet gewesen.
„Diese Zahl ergibt sich aus der Drei, die für Gott steht und der Vier für die Welt. Somit steht die Sieben für den Menschen mit Leib und Seele. Auch im Altertum galt die Sieben als heilige Zahl. Die Sieben Weltwunder, die sieben Hügel Roms ...“
„Aber kann es nicht auch möglich sein, guter Mann“, entgegnete ihm Miquel, „dass die arme Frau von sieben Tagen sprach, die sie benötigt, um aus dem Turm zu entkommen? Man sagt ihr zwar nach, sie sei klug und belesen, aber ob sie tatsächlich Euer … mystisches Wissen über die Zahlen kennt?“
„Kann sein, kann nicht sein! Doch wir dürfen nichts außer Acht lassen“, meinte der Katharer, der sich gerne reden hörte. „Im Judentum beispielsweise, und somit in den Schriften des Alten Testamentes, die wir Katharer ablehnen, spielt die Sieben ebenfalls eine große Rolle. Denkt nur an die siebentägige Schöpfungsgeschichte, die sieben fetten und mageren Jahre im Ägyptenland. Dann, nicht zu vergessen, der Sabbat, der siebente Tag als besonderer Ruhetag. Und das Fest der ungesäuerten Brote, wie auch das Laubhüttenfest, die ebenfalls jeweils sieben Tage dauern.“
„Im Judentum?“, unterbrach ihn der Schuhmacher, breit kauend. „Aber da könnten wir doch Mordechai Löw befragen … Auf ihn ist Verlass! Er ist mein bester Freund. Vielleicht weiß er, was die arme Frau meinte?“
„Besser nicht“, warf seine Frau Sibylle ein, die so dickleibig war wie ihr Mann, aber im Gegensatz zu ihm nicht träge, sondern springlebendig.
Sie erzählte, was sich vor zehn Tagen in der Stadt, in des Juden Geschäft, ereignet hatte. „Der arme Löw liegt seitdem krank im Bett“, sagte sie, „so sehr hat er sich erschrocken, dass …“, die Schustersfrau hielt verschämt inne. Dann begann sie zu flüstern: „ … dass die ´Hure des Erzbischofs` bei ihm war.“ Der Maure habe die Frau in der ganzen Stadt gesucht, erzählte sie, und sei „fuuurchtbar“ – sie zog das Wort dramatisch in die Länge - „fuuurchtbar“ wütend gewesen!
„Ei, weshalb habt ihr uns das nicht früher erzählt, gute Frau?“, hatte Villaine erstaunt gefragt.
„Aber ich hab es doch selbst erst heute Morgen von Löws Tochter erfahren, von der Esther! Der Alte hat ihr verboten, darüber zu reden. Aber mir hat sie es gesagt! Ich vertrete Mutterstelle an ihr, seit ...“
Die Spielleute warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu. So hatte es also bereits einen Fluchtversuch gegeben. Das warf nun ein ganz anderes Licht auf die
Weitere Kostenlose Bücher