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Aljoscha der Idiot

Aljoscha der Idiot

Titel: Aljoscha der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Erdmann
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Echo und Narziß. Aljoscha hielt’s bedeckt, als wär’s das verräterische Herz. Er hatte seine Gründe. Er wußte nicht, ob sie triftig waren. Es waren seine Gründe.

18
    Es war die Nacht von November auf Dezember. Die Nächte wurden schlaflos aus triftigem Grund. Als Aljoscha durch die Korridore eilte, begegneten ihm zwei Zeppelinpiloten und ein schwarzer Hund, ein Flaneur suchte die blaue Terrasse, und in einer Bildergalerie führte ein Mann mit einem Messer durch ein Jahrzehnt der Kunst. Aljoscha betrat den Fahrstuhl und schloß das Gitter. Der Fahrstuhlführer musterte ihn mit dem Nicken eines listigen Untersuchungsrichters. Es nahm kein Ende, dieses Nicken.
    „Was soll das heißen?“ rief Aljoscha. „Sie verstehen sich am Ende gar als eine Art Mitwisser?“
    „Hören Sie“, sprach der Fahrstuhlmann, „im dritten Stock wohnt eine, die Sie liebt!“
    „Ich weiß“, antwortete Aljoscha müde.
    „Und dann ist da eine, die sich im Souterrain verborgen hält, die liebt Sie auch!“
    „Das sagen Sie. Können wir jetzt fahren?“
    „Dritter Stock oder Souterrain?“
    „Zur Empore. Ich möchte die Konstellationen betrachten.“
    „Gibt harsche Tendenzen bei einer Triade, was?“
    „Zerstörerische. Schweigen Sie endlich.“ Aljoscha hatte plötzlich den Eindruck, als trüge der Fahrstuhlführer eine Maske und hinter der Maske kein Gesicht.
    „Mythen, gewiß. Aber sind sie fraglich, weil sie Mythen sind?“ gab der Fahrstuhlführer zu bedenken. Die Empore war erreicht. Aljoscha gab dem Fahrstuhlführer ein paar Münzen und sagte: „Hier, kaufen Sie sich davon einen Flugfrosch.“ Er bezog den Standpunkt der Observation und richtete sein Augenmerk auf eine Vielheit, die sich zur Einheit versammelte in einem reichlich abgekarteten Spiel.
    (Allgemeines Gemurmel)
    DER HERRSCHER. … doch, doch… manche beginnen zu verstehen, daß die Ewigkeit in einem einzigen Augenblick wohnt…
    DER HOHEPRIESTER. Wollen’s hoffen, wollen’s hoffen!
    DER RITTER DER SCHEIBEN. Mein Pferd tanzt auf zwei Hufen über 39 Stufen voller Pulverschnee!
    DER RITTER DER STÄBE. Mein Pferd machte mich kürzlich darauf aufmerksam, daß sich die Sterne in der Sakeschale spiegeln!
    DER RITTER DER SCHWERTER. Sag noch, dein Pferd furzt Maximen.
    DER RITTER DER STÄBE. Auch, auch!
    DER NARR. Pardon! Pardon! Wohlaufgemerkt! Das erste Wort!
    TUGEND. Bitte, wäre es wohl zuviel verlangt, uns den Grund zu nennen, der uns hier zusammenführt?
    DER TEUFEL. Gründe, wer braucht Gründe? Kleinkariert, ducknackig! Kannst du nicht einmal grundlos sein? Motivation, Klotivation! Nimm mal den dings, wie hieß er, Jesus! Hatte der einen Grund ? Den würde er wohl immer noch suchen!
    TUGEND. Mit dir spreche ich nicht, Versucher!
    DER TEUFEL. Mit mir spricht jeder irgendwann. Darum sind wir ja hier, Puppe.
    DER MAGIER. Wir sind hier, um in die Waagschale zu werfen und Widerhall zu finden. Wir werden ins Gewicht fallen, und wir haben Nachdruck zu verleihen.
    DER TEUFEL. Sicher, wir waren nicht immer einer Meinung, aber er hatte doch Mumm, dieser Christus. Doch, doch. Ich ziehe meinen Hut.
    DER NARR. Hut?
    DER TEUFEL. Das sagt man so. Ich ziehe meinen Hut. Man muß keinen aufhaben, weißt du? Ich hab mich mal mit Grammatik beschäftigt.
    DER MAGIER. Als der Vorsitzende dieses Nachtkonzils erinnere ich daran, daß wir nichts als Ganzheit sind, sobald ein freier Wille durch die enge Pforte dringt. Laßt daher alte Zwistigkeiten ruhen! Ich werdejeden Streit beenden, der nicht dazu taugt, die Dunkelheit, aus der man uns rief, zu erhellen. Wer weilt noch anderwärts?
    MOND. Der Tod. Doch ich sehe ihn, er ist schon nah.
    DER TEUFEL. Oh stille Mondgöttin, deine Weitsicht! Dein mädchenhaft ungetrübter Blick! Dein keusches, kaltes Licht! Aber mich kannst du nicht täuschen, Urheberin der Fieber! Schöpferin des Zweideutigen! Sind wir nicht wie Geschwister?
    MOND. Mein Licht ist wie eine Oase für den Durstigen. Deine Liebe ist wie Gift in einem Brunnen.
    DER TEUFEL. Was für eine gräßliche, groteske Unterstellung! Ich habe allenfalls interesseloses Wohlgefallen an –
    DER TOD. (Hereinstürzend) Entschuldigt! Ich wurde aufgehalten.
    TAPFERKEIT. Hat man Euch zu einer Partie Schach gefordert?
    DER MAGIER. (zum Tod) Nimm Platz, wir wollen beginnen.
    DER TOD. Ich stehe lieber. Man weiß nie.
    DER MAGIER. Du bist jetzt nur Prinzip.
    DER TOD. Ach ja. Verfluchtes Durcheinander.
    DER MAGIER. Ich eröffne also diese Konferenz, die nach irdischer Zeit den zehnten Teil

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