Alkor - Tagebuch 1989
gemacht hat. Was sie leiden muß! - Kleine Arschtritte, würde ich sagen (sechs Wochen lang). Und dann im Belgischen Kongo aussetzen.
Fröhlich,«Der Garten der Gefühle». - Die Besuchermassen in seinem Toskana-Haus.
Nartum
Di 5. September 1989
Bild: Brandt: So schlimm war Wehner/«Zotig»/«Ehrgeizig»/«Herrschsüchtig»
ND: Bedeutende Verträge über Ex- und Importe signiert
Gestern kam Bittel. Ein netter, sanfter Mensch. Leider kam es zu unerquicklichem Räsonnieren. Auch störten mich überspitzte politische Formulierungen. Ich fuhr mit ihm nach Worpswede, um die Atmosphäre zu entspannen. Wir besichtigten die Heinrich-Vogeler-Ausstellung. Von lärmenden Besuchergruppen gestört.
Im«Tagesspiegel»Kritik an meinem«Echolot»-Vorhaben. Ein Nicolas Sombart habe in der Diskussion die Frage gestellt, ob man denn, unkommentiert, das Projekt überhaupt brauche? - Es tauchten da Fragen auf, schreibt Ursula Escherig, meine Auswahlkriterien, mein Glaube an die Authentizität des Materials, ja Fragen an die Bedeutung des ganzen Unternehmens überhaupt. Eine so neue Erkenntnis sei es wohl nicht, daß Menschen an einem Tag etwas ganz Unterschiedliches erleben. Gerade im
Zeitraum von 1943 bis 1949 werde man auf eine Sinndeutung wohl doch nicht ganz verzichten können.
Sie möchten ans Händchen genommen werden, die lieben Kleinen. Aber ich glaube an den mündigen Leser. Wir leben schließlich in einer Demokratie, die ohne mündige Bürger nicht existieren kann.
Die Katze macht: Mäk!, wenn sie unzufrieden mit mir ist. Oder sogar, ziemlich laut: Kräk! Und unzufrieden ist sie sehr oft. Faschistische Hintergründe des Quartsextakkordes bei Richard Strauss.
Rindfleischhack zerbröselt und gebraten und Reis und Paprika, dazu ein Glas Milch und hinterher Schokoladenpudding.
Nartum
Mi 6. September 1989
Bild: Ja, jetzt werde ich Frau Beckenbauer
ND: Betriebe der DDR tätigen wieder viele Abschlüsse
Draußen warm, drinnen kalt. Schwarze Wegschnecken, die ich mit einem Stöckchen in die von ihnen eingeschlagene Richtung beförderte. - Hildegard hatte heute eine Art Schwips, was mich störte. Ich trinke ja auch nicht.
Ich mag es nicht, wie der Updike aussieht.
Frau S. vom Verlag hat erzählt, daß sie als Volksschülerin drei Seiten Text ganz klein, auf Postkartengröße, für die Schule abgeschrieben habe. Sie bekam dafür vom Lehrer Prügel, und dabei habe sie das als eine ganz besondere Leistung empfunden, und es habe ihr Spaß gemacht.
Eine Büchse Ölsardinen, eine halbe Banane, ein halbes Glas Milch zu Mittag, damit ich was in den Leib kriege.
Hildegard:«Was gibt es für Urgewalten in der Menschheit! - Beneidenswert.»Und:«Überall wo man hinguckt, kommt man sich bescheuert vor.»
Naturzuteilung: Rehe.
Nartum
Do 7. September 1989
Bild: Affäre Lummer/Auch Ex-Senator Franke war verstrickt
ND: Hohe Arbeitsleistungen im August in Vorbereitung des 40. Jahrestages der DDR
Schöne Tage, obwohl der Wetterbericht («Großlage») bereits verkündet hat, der Sommer sei zu Ende.
Inzwischen war Bittel hier. Wir sprachen über das«Echolot», das bei ihm und auch dem sonderbaren Herrn Dede Begeisterung auslöst. Was mich, angesichts der hohen Kosten, die zu erwarten sind, wundert. Ich zeigte ihm am Apparat, wie ich arbeite. Wir stellten eine Akte zusammen, damit Außenstehende (Geldgeber) nicht dauernd wieder neu bedient werden müssen. Hierfür leistet auch der Vortrag, den ich in Berlin nicht hielt (ablas), gute Dienste. Das etwas sture Durchstarten bis in das Jahr 1949 kann nur dazu dienen, erst mal in Gang zu kommen. Eine Rhythmisierung der riesigen Stoffmassen wird unumgänglich sein.
Zu«Sirius»bestehen anscheinend Abneigungen bei ihm. Das hat wohl mit seiner 68er-Vergangenheit zu tun. Außerdem scheint er, wie Knaus, meinen Humor nicht zu verstehen. Es wurde versucht - wie schlechte Kritiker das tun -, das Projekt von einer Ecke auszuhebeln. Paeschke wolle eben Romane, hieß es, schlicht und einfach. Als ob ich einen Gemischtwarenhandel betreibe! Ich war ziemlich zornig, beherrschte mich jedoch.
Am zweiten Tag fuhren wir nach Worpswede, wegen der Auflockerung, und am Nachmittag ging ich dann mit ihm die ersten 50 Seiten des«Sirius»durch, Satz für Satz, und siehe da, es blieben keine Antipathien bestehen. So ist das immer, sachlich bleiben muß man.
Ich sehe nun meine Aufzeichnungen von 1973 durch, Ölkrise, da kann ich noch manches finden. Hildegard hilft mir dabei. Eine Vertiefung in die
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