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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Brewer. »Wie nett von Ihnen, dass Sie vorbeischauen.«
    »Ist mir ein Vergnügen, Mrs. B.« Er trat durch die aufgehaltene Tür.
    »Also, was kann ich Ihnen anbieten? Ich habe Tee gemacht, wollte mir gerade ein Tässchen einschenken.«
    »Tee wäre mir sehr recht.« Er schälte sich aus seinem Mantel. »Ist ja auf einmal recht frisch draußen.«
    Sie hatte sich seinen Mantel über den Arm gefaltet und strich ihn glatt. »Und dabei war es doch schon so warm. Aber so ist es eben. Aufs Wetter ist kein Verlass, wohl aber auf einen schönen Tee.« Nachdem sie das Thema Wetter abgehakt und seinen Mantel an den Haken an der Garderobe gehängt hatte, steuerte sie auf die Küche zu. »Machen Sie sich’s schon mal gemütlich. Ich hole nur noch eine Tasse und bin gleich wieder da.«
    Wenn es etwas gab, worauf Wiggins sich verstand, dann darauf, es sich gemütlich zu machen. Mit einem wohligen Seufzer ließ er sich im selben Lehnsessel nieder wie beim letzten Mal und genoss die Stille der Wohnstube, nur gelegentlich unterbrochen vom anheimelnden Geklapper, das aus der Küche herübertönte. Ja, dies war definitiv seine Welt, hier fühlte er sich pudelwohl.
    Tiefer in den Sessel gerutscht, einen Knöchel aufs andere
Knie gestützt, sah er sich um, aber nicht mit dem Blick des Detectives, sondern mit dem des häuslichen Menschen, der es gern behaglich hatte. Auf dem Kaminsims tickte eine kleine Standuhr, allerlei Nippes bevölkerte das in die Wand eingelassene Bücherregal rechts vom Kamin. Darüber hing eine idyllische Landszene mit weidenden Kühen und im Schatten einer großen Eiche ruhenden Schafen. Das Bild hing ein wenig schief. Wahrscheinlich brauchte es nicht bloß einen Haken, sondern zwei. Wenn ihm jemand einen Hammer in die Hand drückte, könnte er es richten.
    Das Klappern von Geschirr kündigte Myra Brewers Rückkehr an. Er stand flink auf, um ihr das Tablett abzunehmen und es auf den Tisch zwischen den beiden Sesseln zu stellen.
    »Danke. Ich habe auch ein paar von den Choc-o-lots gebracht, die Sie so mögen.«
    »Sehe ich da einen Kümmelkuchen?«
    »Frisch gebacken.«
    Das musste der Duft gewesen sein, den er beim Hereinkommen bemerkt hatte.
    Die Unterhaltung, die jedem anderen oberflächlich vorgekommen wäre, der ein Tässchen Taylor’s Fancy Ceylon oder einen butterzarten Kuchen nicht zu schätzen wusste, wurde fortgesetzt.
    Der Grund seines Kommens war, sagte er, »nicht, um das schmerzliche Thema wieder aufzuwerfen, sondern – Sie erinnern sich doch an Superintendent Jury?« Doch wieso sollte sie, da ihn selbst Wiggins hier im Sessel beinahe vergessen hatte? »Er interessiert sich für alles, was Sie haben und was uns möglicherweise helfen könnte, mehr über Ihre Patentochter zu erfahren. Damit meine ich…« Wiggins nahm sich ein Stück von dem Kümmelkuchen und überlegte, wie er Kate Banks’ Abendbeschäftigung zur Sprache bringen sollte. »Ich nehme an, Sie wissen, ähm, aus der Zeitung, die haben es ja alle gebracht, welcher Art von Arbeit Kate sonst noch nachging …«

    Myra Brewer war jedoch aus kräftigerem Holze geschnitzt, als Wiggins vermutete. Sie nickte nur knapp. »Ja. Sie hat für so einen Escort-Service gearbeitet. Und… steht mir darüber ein Urteil zu? Nein, es macht Kate keinen Deut schlechter, dass sie so was gemacht hat.«
    Wiggins musste sie für ihre Haltung bewundern. »Es ist so – wir haben inzwischen festgestellt, dass eine Frau bei einer anderen Agentur das dritte Opfer kannte. Superintendent Jury ist nun der Ansicht, dass es auch noch andere Verbindungen zwischen diesen Frauen geben könnte. Das ist der beste Kümmelkuchen, den ich je gegessen habe.«
    Sie lächelte, Tasse und Untertellerchen auf dem Schoß. Dann hörte sie auf zu lächeln und betrachtete beides. »Sie meinen, ob Kate die anderen vielleicht kannte?« Myra schüttelte den Kopf. »Schon möglich, aber das lässt sich ja jetzt nicht mehr sagen.« Ihr Blick fiel wieder auf ihr Tässchen.
    »Nein, natürlich nicht. Wir dachten uns aber, dass Sie vielleicht ein paar alte Bilder haben, Fotos von Kate mit ihren Freundinnen.«
    »Na ja, ein paar Alben habe ich schon.«
    »Kann es sein, dass sie mit einer der beiden anderen Frauen gemeinsam zur Schule ging? Mit Mariah Cox – die sich für berufliche Zwecke Stacy Storm nannte – oder mit Deidre Small? Sie waren ja alle so etwa im gleichen Alter.«
    »Kate hat verschiedene Schulen besucht. Ich weiß noch, eine davon war Roedean. Wenn Sie einen Moment warten wollen

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