All the lonely people
dieses Gefühl sind wir abgesondert von der Menge derjenigen, die weiterhin fröhlich oder unbesorgt sein können. Es ist so ähnlich als ob Sie mit Zahnschmerzen auf einer Party sind. Mitfühlende Gäste trösten Sie vielleicht und bieten Ihnen ein Aspirin an, aber keiner steckt schließlich in Ihrer Haut. Der körperliche Schmerz isoliert Sie, und Sie fühlen sich den anderen, die sich gut unterhalten, fremd.
Verluste, welcher Art auch immer, sind zunächst mit einer Phase der Einsamkeit verbunden. Dabei handelt es sich um eine notwendige Zeit der Besinnung, in der wir uns gefühlsmäßig mit den veränderten Lebensbedingungen auseinandersetzen müssen. Wenn Tiere verletzt |130| sind, ziehen sie sich instinktiv zurück, um in Ruhe ihre Wunden zu heilen. Ähnlich verhält es sich auch bei uns Menschen. Wir ziehen uns innerlich oder auch äußerlich zurück, um mit uns ins Reine zu kommen. Wir brauchen unsere Zeit, um zu weinen, nachzudenken, mit dem Schicksal zu hadern. Diese Phase der Einsamkeit ist wichtig und natürlich. Falls wir Menschen um uns herum haben, die uns lieben und richtig auf uns eingehen, tauchen wir nach einiger Zeit wieder auf. Jetzt sind wir in der Lage, darüber zu sprechen, können uns trösten und unterstützen lassen.
Einen geliebten Menschen zu verlieren, macht besonders einsam. Ich wage nicht zu behaupten, dass es der
schlimmste
Verlust ist, jemanden zu verlieren, den man liebt. Welcher Verlust uns am härtesten trifft, können wir nur selbst beurteilen. Es gibt schwere Verluste, die einen möglicherweise lebenslänglich beeinträchtigen. Auch sie können uns sehr einsam machen und dazu führen, dass wir uns von anderen zurückziehen.
Doch besonders abgetrennt von aller Welt und auf uns allein gestellt fühlen wir uns, wenn uns ein Mensch verlässt, den wir lieben, sei es durch Trennung oder durch den Tod. Hier ist die Einsamkeit keine Begleiterscheinung, sondern die Ursache des Schmerzes.
Bei den vielen möglichen Verlusten im Leben beschränke ich mich im Folgenden auf den von Menschen, weil er besonders deutlich mit Einsamkeit verbunden ist. Falls Sie sich wegen eines anderen Verlustes, etwa Ihrer Gesundheit, Ihrer Arbeit, Ihrer Heimat oder Ihrer finanziellen Sicherheit zurzeit einsam fühlen, wird es Ihnen trotzdem etwas bringen, sich mit dem Folgenden zu beschäftigen. Die Phasen der Bewältigung geben Ihnen Hinweise dafür, wie Sie Ihren eigenen spezifischen Verlust besser verarbeiten können, ohne in Einsamkeit zu verharren. Sie erfahren etwas über Gesetzmäßigkeiten, die sich durchaus auf andere Situationen übertragen lassen.
Einsam durch Trennung oder Scheidung
I n vielen Fällen sind Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine Art Feuerwehr für Menschen in akuter seelischer Not. Ihre |131| Aufgabe besteht darin, sie in einer Krise zu stützen und das Erlebte behutsam aufzuarbeiten. Beendet ist sie, wenn der Klient oder die Klientin neuen Lebensmut gewonnen hat, wieder auf eigenen Füßen steht und mit den veränderten Bedingungen zurechtkommt. Die häufigsten Krisen, die ich in meiner Praxis erlebt habe, sind Trennungskrisen. Dabei ist mir eines besonders aufgefallen: So individuell die Menschen und ihre Schicksale bisher auch waren, ihr inneres Erleben beschrieben sie nahezu identisch. Über Wochen und Monate durchlebten sie Etappen, die bei allen ähnlich aussahen. Das bestätigte mir aus eigener Anschauung die wissenschaftliche These, dass eine Trennung, wenn sie erfolgreich durchgearbeitet wird, bis zu ihrer Bewältigung bestimmte Phasen durchläuft.
Wenn Ihre Trennung noch ganz frisch ist, sind Sie vermutlich kaum in der Stimmung, sich mit psychologischen Gesetzmäßigkeiten zu befassen. Sie fühlen sich verwundet, Ihre Gedanken kreisen unablässig um den Verlust, Sie schaffen es gerade mal, den Tag zu überstehen. Dennoch bitte ich Sie, den Phasen einen Blick zu schenken. Sie können Ihnen den Weg zeigen, der Sie aus der Einsamkeit wieder ins Leben bringt. Selbst wenn Ihr Herz dieses Wissen jetzt noch nicht aufnehmen kann oder will, wird Ihr Kopf es registrieren und vielleicht schon bald anwenden.
Wenn Sie diese Phasen kennen, lassen sie sich wie eine Landkarte nutzen. Sie wissen, wo Sie gerade stehen. Doch anders als bei einer echten Landkarte sind die Grenzen fließend. Es gibt Bewegungen vor und zurück. So können Sie immer mal wieder in eine frühere Phase zurückfallen oder kurzfristig in die nächste eilen.
Die Zeit, die Sie für jede Etappe
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