All the lonely people
ich meine Selbstbeherrschung verloren hatte. |134| Ich wollte mich doch so gerne souverän und klug verhalten, wie man es in Ratgebern immer liest.
Die Mannheimer Psychotherapeutin Doris Wolf bestätigt aus ihrer Praxis: »Die Phase II ist die schwierigste Etappe auf Ihrem Weg zum Gipfel. Nachdem Sie die Hoffnung auf Versöhnung aufgegeben haben, treffen Sie die schmerzlichen Gefühle mit voller Wucht. Viele Menschen bleiben auf dieser Strecke hängen. Sie werden chronisch depressiv oder zum ›Menschenhasser‹.« 30 Damit Sie sich von Ihren Gefühlen nicht in die permanente Einsamkeit drängen lassen, müssen Sie sie durchleben und überwinden. Diese Gefühle sind insbesondere: Verzweiflung, Wut und Minderwertigkeitsgefühle.
Verzweiflung
D ieses Gefühl ist wohl die stärkste Ursache für die Einsamkeit nach einer Trennung. Es speist sich aus den vielen einzelnen Verlusten, die mit dem großen Verlust des geliebten Menschen zusammenhängen. Verloren sind:
• Die
Anwesenheit
dieses Menschen: Sein Anblick, seine Stimme, sein Lächeln, seine Berührung, seine Zärtlichkeit.
• Die
Zukunft
: Hoffnungen, Träume und Vorstellungen, die mit dem anderen verbunden waren, platzen. Eine neue Zukunftsvision gibt es noch nicht.
• Der
Status
: Frauen und manchmal auch Männer, die sich vor allem durch die Position ihres Partners definiert haben, verlieren mit der Trennung ihre gewohnte gesellschaftliche Anerkennung.
• Die
Unterstützung
: Meist werden in einer Beziehung die Arbeitsbereiche aufgeteilt. Nach der Trennung steht man plötzlich mit der Steuererklärung, dem Haushalt, den technischen Geräten allein und hilflos da. Ohne fachliche Ratschläge, ohne tägliche Anteilnahme.
• Die
Freunde
: Über kurz oder lang springen zumindest diejenigen ab, die einen nur als Teil eines Paares akzeptiert haben. Viele |135| schlagen sich auch auf die vermeintlich stärkere Seite und halten zu dem, der gegangen ist.
• Die
Wohnung
: Unter Umständen verliert man das Mietrecht, kann das Haus nicht alleine finanzieren oder hält es in der ehemals gemeinsamen Wohnung einfach nicht mehr aus.
• Die
Kinder
: Falls Kinder da sind, entscheiden sie sich vielleicht für den Partner oder er nimmt sie einfach mit. Es dauert lange, bis das Sorgerecht geklärt ist.
Diese Verluste führen dazu, dass wir unter heftigen Entzugserscheinungen leiden. Tatsächlich haben Wissenschaftler festgestellt, dass sich bei Trennungsschmerz im Gehirn ähnliche Prozesse abspielen wie beim Entzug von Drogen. Wir fühlen uns apathisch, passiv, depressiv. Was hat das Leben denn noch für einen Sinn? Wir denken sogar an Selbstmord. Quälend tauchen immer wieder Bilder vergangener guter Zeiten auf. Wir haben alte Versprechungen und Liebesbeteuerungen im Ohr, die nichts mehr gelten. Besonders peinigend ist die Vorstellung, dass alle Liebe nun einer anderen Person zukommt, dass die beiden glücklich sind, während man selbst einsam und verlassen leidet.
Wir glauben, dass wir aus diesem schrecklichen Zustand nur durch den geliebten Menschen erlöst werden können. Gleichzeitig wissen wir, dass er nie mehr zu uns zurückkommt. Damit sitzen wir in einer emotionalen Falle. Doch trotz aller Ohnmacht können Sie etwas dafür tun, weiterzukommen:
•
Akzeptieren Sie Ihre Verzweiflung.
Kämpfen Sie in diesem Stadium nicht dagegen an. Sie können Ihre Gefühle momentan nicht abschalten.
•
Drücken Sie Ihre Verzweiflung aus.
Weinen Sie, schreiben Sie Tage buch, malen Sie Bilder.
•
Leben Sie nur für den heutigen Tag.
Halten Sie sich an das Rezept der Anonymen Alkoholiker, die ihre Abstinenz immer nur für die Spanne eines einzigen Tages planen. Sagen Sie sich: »Ich will diese 24 Stunden einigermaßen gut überstehen.«
|136| •
Machen Sie sich eine ausführliche Liste dessen, was in der Beziehung schlecht war.
Auf diese Weise vermeiden Sie es, die Vergangenheit zu verklären.
•
Verbannen Sie die Dinge aus Ihrem Blickfeld, die Sie an vergangene schöne Tage und das gemeinsame Leben erinnern.
Packen Sie Fotos, Souvenirs von Urlaubsreisen, Kleidungsstücke und Körperpflegemittel in einen großen Karton und verstauen ihn im Keller.
•
Meiden Sie jeden Kontakt zu dem geliebten Menschen.
Setzen Sie sich lieber auf Ihre Hände, als dass Sie mit ihm telefonieren. Umgehen Sie die Plätze, wo Sie sich begegnen könnten. Tatsache ist, dass Sie durch jede Begegnung die Wunde neu
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