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All the lonely people

All the lonely people

Titel: All the lonely people Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Wlodarek
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fördert das Verdrängen. Das zeigt sich schon bei der Bestattung. Sogar in der schweren Stunde des Abschiedes erwartet man von uns, dass wir Fassung bewahren. Schauen Sie sich doch einmal die Fernsehaufnahmen von Beerdigungen von Politikern oder Prominenten an: Die Gesichter wirken versteinert, Tränen werden hinter einer dunklen Brille oder einem Schleier verborgen. Im kleineren Rahmen ist es nicht viel anders. Als die Mutter einer Freundin von mir beerdigt wurde, instruierte der Vater seine |146| Tochter vorher: »Bitte nimm dich am Grab zusammen. Wir wollen den Leuten kein Schauspiel bieten.«
    Gute Freunde oder verständnisvolle Menschen mögen die Ausnahme sein, aber generell erwartet man von uns nach kürzester Zeit, dass wir unsere Arbeit wie gewohnt aufnehmen, uns nicht gehen lassen, funktionieren. Indem wir nicht zeigen dürfen, wie uns wirklich zumute ist, verstärkt sich unsere Einsamkeit. Umso notwendiger ist es, dass wir uns wenigstens im geschützten Raum erlauben, unsere Emotionen freizusetzen. Mehr noch: Dass wir ihnen auf den Grund gehen.

Stellen Sie sich Ihrer Trauer
    V ielleicht werden Ihnen die folgenden Vorschläge, Ihre Trauer bewusst zu durchleben, masochistisch vorkommen. Warum sollen Sie sich das antun, wo Sie schon traurig genug sind? Wenden Sie sich bitte nicht gleich ab. Es gibt zwei gute Gründe, warum es sinnvoll ist, sich darauf einzulassen:
    Wir erleben unsere Traurigkeit fast immer als eine unberechenbare Macht, die uns in unerwarteten Momenten wie eine Welle überwältigt und mitreißt. Indem wir bestimmen, wann wir uns in die Trauer versenken wollen, gewinnen wir einen Teil unserer Selbstbestimmung zurück.
Wir
sind es, die das starke Gefühl hervorrufen, wir schauen es uns bewusst an. Dadurch kommen wir aus der Opferhaltung heraus.
    Außerdem ist es ist eine physiologische Gesetzmäßigkeit, dass wir nicht permanent in einem gleich hohen Spannungszustand verharren können. Wenn Sie in die Trauer hineingehen und viele Tränen über den Verlust weinen, kommt der Moment, wo Ihr Körper und Ihr Geist diese Tiefe nicht mehr halten können und wollen. Es ist wie bei der geometrischen Figur der Parabel: Vom tiefsten Punkt aus geht es aufwärts. In diesem Sinne ist es reinigend, bewusst eine intensive Trauer auszulösen.
    Entscheiden Sie selbst, ob Sie die folgenden Möglichkeiten, Ihre Gefühle bewusst zu durchleben, alleine oder mit Begleitung machen wollen. Manche Menschen sind in ihrem Schmerz lieber ganz für sich, anderen hilft die Nähe zu jemandem, dem sie vertrauen.
    |147| Bestimmen Sie auch die Zeit. Es ist sinnvoll, sich dabei eine Grenze zu setzen, indem Sie die Stunden festlegen oder ein bestimmtes Wochenende dafür planen. Durch eine feste Zeiteinteilung geben Sie sich einen Rahmen.
    Sie müssen die Übungen nicht alle auf einmal machen. Wählen Sie diejenigen aus, von der Sie glauben, dass Sie sie jetzt bewältigen können. Sollten Sie feststellen, dass eine Übung für Sie doch zu schmerzlich ist, zwingen Sie sich nicht. Beenden Sie sie dann ganz bewusst. Sie allein sind die Expertin oder der Experte für das, was im Augenblick hilfreich ist. Vielleicht benötigen Sie noch Zeit, bevor Sie sich darauf einlassen.
     
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Schauen Sie sich die Fotos an, auf denen Sie gemeinsam zu sehen sind. Erinnern Sie sich dabei an die schönen Ereignisse, die damit verbunden waren.
     
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Erzählen Sie die ganze Geschichte Ihrer Liebe, vom Anfang bis zum Ende. Wenn Sie Begleitung haben, dann bitten Sie darum, dass man Ihnen einfach nur wohlwollend zuhört. Falls Sie lieber alleine sind, schreiben Sie die Geschichte Ihrer Beziehung auf, oder sprechen Sie sie auf eine Kassette.
     
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Rufen Sie sich die Todesumstände und die Bestattung ins Gedächtnis. Konzentrieren Sie sich darauf, wie Sie sich dabei fühlten. Registrieren Sie auch, wie es Ihnen im Vergleich dazu jetzt geht.
     
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Geben Sie Ihrer Trauer Gestalt. Malen Sie ein Bild, oder kneten Sie aus Modelliermasse eine Skulptur. Es geht dabei nicht um ein Kunstwerk, sondern darum, dass Sie sich ausdrücken.
     
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Bereiten Sie der Trauer einen Ort. Richten Sie in einer Ecke oder auf einem Tischchen einen kleinen Altar her. Stellen Sie dort ein Foto des geliebten Menschen auf. Schmücken Sie ihn mit Blumen, Kerzen und Andenken. Dies ist ein Platz für stumme Zwiesprache und Gedenken.
     
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Bringen Sie Ihre Gefühle durch Musik in Fluss. Hören Sie Musik, die Sie beide geliebt haben oder wehmütige Musik,

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