All the lonely people
wenn wir alle begriffen, dass Verletzlichkeit etwas ist, worauf es sich lohnt hinzuarbeiten, statt ihr aus dem Wege zu gehen!« 37
Offenbar wäre es eine Welt, in der wir uns nicht länger einsam fühlen. Ich wünsche Ihnen diese Stärke und Menschen, die Ihr Vertrauen verdienen.
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Einsam, weil wir andere abschrecken
W arum haben andere einen großen Freundeskreis, obwohl sie viel weniger zu bieten haben als ich? Warum melden sich Leute einfach nicht mehr oder ziehen sich mit Ausreden zurück? Warum lädt man mich nicht häufiger ein?
Wenn Sie sich ähnliche Fragen stellen, ist es immerhin möglich, dass Sie, ohne es zu wissen, Eigenschaften zeigen, die andere Menschen in die Flucht schlagen. Sagen Sie jetzt bitte nicht zu schnell: »Das kann gar nicht sein. Ich weiß schließlich über meine Schwächen Bescheid.«
Wir täuschen uns gerne selbst
N atürlich halten wir uns nicht für fehlerlos, doch im Großen und Ganzen neigen wir schon dazu, uns positiv zu sehen. Das ist menschlich und völlig natürlich. Allerdings birgt es auch ein Risiko in sich: Wir blenden unangenehme Wahrheiten über uns aus, weil sie nicht in unser Selbstbild passen. Im Zweifelsfall schieben wir sie kurzerhand den anderen zu. Wenn sich etwa jemand durch eine bissige Bemerkung von uns gekränkt fühlt, dann versteht er eben nicht unseren speziellen Humor, oder wenn uns jemand vorwirft, wir hätten nur unsere Karriere im Kopf, dann ist er einfach neidisch auf unseren Erfolg.
Wie wir andere vertreiben, weil uns unsere unangenehmen Eigenschaften nicht bewusst sind, zeigt das Beispiel von Katja:
Katja, eine 37-jährige freie Illustratorin, fühlte sich einsam. Immer spielte sich das Gleiche ab: Anfänglich waren alle von ihr begeistert, weil sie lebhaft und unterhaltsam war, doch dann verloren sie schnell das Interesse. Erklären konnte Katja sich das nicht. Ihr war nicht bewusst, |173| dass ihre versteckten Minderwertigkeitsgefühle sie immer wieder dazu brachten, sich auf Kosten anderer zu profilieren – bis zu dem Tag, an dem sie Angela kennenlernte.
Katja hatte den Auftrag erhalten, für ein Frauenmagazin Zeichnungen anzufertigen. Dabei lernte sie die Redakteurin Angela kennen, eine offene und warmherzige Frau. Die beiden kamen auch privat ins Gespräch und Katja bemühte sich intensiv um Angelas Freundschaft. Mit Erfolg: Angela lud sie zu einem Abendessen im kleinen Kreis zu sich ein. Wie es der Zufall wollte, war unter den Gästen auch Melanie, eine alte Bekannte von Katja, mit ihrem neuen Freund. Die beiden Frauen hatten sich schon lange nicht mehr gesehen. Bei der Vorspeise sagte Katja laut und vernehmlich mit einem Blick auf Melanies kunstvolle Hochsteckfrisur: »Dieser Sixties-Look steht dir wirklich gut, Melanie. Apropos, hast du eigentlich immer noch diesen schrecklichen kreisrunden Haarausfall, unter dem du damals gelitten hast?« Melanie wurde knallrot und sah verlegen auf ihren Begleiter, vor dem sie das immer noch akute Problem offenbar bisher verborgen hatte. Angela rettete die Situation, indem sie schnell das Thema wechselte. Bei ihrer nächsten Begegnung mit Katja sagte sie ganz unverblümt: »Es tut mir leid, aber ich möchte keinen privaten Kontakt mehr zu dir. Ich fand es ausgesprochen taktlos, wie du dich gegenüber Melanie verhalten hast. Bei einer Freundschaft mit dir hätte ich immer die Sorge, dass du eines Tages mit mir genauso umgehst.« Katja fiel aus allen Wolken.
Was vergrault andere Menschen?
T heoretisch kann jede beliebige Schwäche der Grund dafür sein, dass man uns meidet – ob Sie nun ständig an den Fingernägeln kauen oder chronisch unpünktlich sind, ob Sie mit schriller Stimme sprechen oder anzügliche Witze erzählen. Deshalb sollten sämtliche Schwächen unter die Lupe genommen werden. Obwohl ich Sie gleichzeitig auch ein wenig beruhigen möchte: Mit den meisten Mängeln können unsere Mitmenschen recht gut leben. Schließlich gilt für uns alle: »Nobody is perfect«.
|174| Doch es gibt auch Eigenschaften, die, wenn sie ausgeprägt sind, garantiert dazu führen, dass sich andere von uns zurückziehen.
Im Folgenden habe ich diejenigen zusammengestellt, die sich besonders nachteilig auswirken. Wenn Sie mögen, können Sie die Aufzählung als Checkliste nutzen. In dem Fall kreuzen Sie bitte alle Eigenschaften an, die in größerem Maße für Sie zutreffen:
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Wie viele Kreuze haben Sie gemacht? Ich gebe zu, dass ich von vornherein erwartet habe, dass Sie keine
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