All unsere Traeume - Roman
der Glastür ihr Spiegelbild. Sie blieb stehen und starrte sich selbst an. Es war kein deutliches Bild, nicht wie in einem Spiegel, aber es war deutlich genug.
Sie sah schwanger aus. So würde sie aussehen, wenn sie schwanger wäre. Sie war rund und rotwanging und hübsch. Sie sah glücklich aus.
»Du siehst toll aus«, sagte Romily ihr. »Sogar ich würde dir im Bus meinen Sitzplatz überlassen. Bist du bereit für die nächste Runde?«
»Man muss sogar anders sitzen«, sagte Claire, als sie bei der Adresse eintrafen, die Romily im Internet gefunden hatte. »Die Beine müssen weiter auseinander. Es hat Auswirkungen auf absolut jede Bewegung, die man macht.«
»Als ich mit Posie schwanger war, bin ich ständig irgendwo stecken geblieben. Ich habe vergessen, dass ich nicht durchpasse.« Romily schaltete den Motor aus. Bisher war das Experiment ein Erfolg. Die letzte halbe Stunde hatte Claire immer wieder ausgerufen, wie seltsam es sich anfühlte, einen riesigen Bauch zu haben. Sie sah jünger und verletzlicher aus, wenn sie lächelte. Romily konnte nachvollziehen, warum Ben sie zum Lächeln brachte.
Ben brachte Claire allerdings zum Lächeln, weil er sie liebte. Im Gegensatz zu Romily, die versuchte, ihre Schuld zu sühnen.
»Was machen wir hier? Wo sind wir – Marlborough?«, fragte Claire, und dann sah sie aus dem Fenster. »Oh.«
»Es ist eine Baby-Boutique, und sie ist weit genug von deinem Wohnort entfernt, dass dich niemand kennt.« Romily wies auf die Eingangstür der Boutique, die pastellblau gestrichen war. Im Schaufenster hingen flauschige Wattewolken. »Geh schon. Es ist Einkaufszeit für Dings. Anschließend können wir uns, wenn du willst, das Café mit den schicksten Mamas suchen und uns mitten hineinsetzen.«
»Meinst du … Meinst du, es bringt Pech, Anziehsachen für das Baby zu kaufen?«
»Du hast das Kinderzimmer renoviert. Was kann jetzt noch passieren? Mach schon, genieß es!«
Claire öffnete die Wagentür und stieg aus. Sie bückte sich, sichtlich mit Mühe, und sah in den Wagen zu Romily. »Kommst du nicht mit?«
»Du brauchst mich nicht. Ich wäre völlig überflüssig.«
»Ich hätte es aber gern, wenn du mitkommst.«
»Nein, nein, ich wäre bloß eine Ablenkung. Das hier ist für dich.«
»Zu zweit wird es viel mehr Spaß machen. Und ich würde mir weniger wie eine Närrin vorkommen.«
Nun war es an Romily zu zögern. Dies war die Kehrseite ihres Planes. Sie hatte geglaubt, im Wagen bleiben zu können. Nicht die kleinen Sachen ansehen zu müssen.
»Was, wenn einer der Schals verrutscht und du ihn mir wieder festbinden musst?«, meinte Claire. Romily gab sich geschlagen und stieg aus dem Auto.
»Ich werde nur ein oder zwei Sachen kaufen«, überlegte Claire. »Vielleicht eine Mütze und eine Strickjacke, wenn sie sie in Gelb oder Grün oder Weiß haben.«
Die Boutique war genau so, wie Romily sie sich vorgestellt hatte. Sie war innen weiß gestrichen, weiße Wände und Dielenbretter in gebrochenem Weiß, und überall hingen winzige wunderhübsche Anziehsachen. Teddybären. Kuschelige Lämmer. Handgemachte Stoffpuppen. Alles sicher und weich, in den Farben von Diamanten und der Natur. Eine Frau, die in der Nähe des Eingangs Kleidung zusammenlegte, begrüßte sie.
»Guten Morgen«, sagte Claire fröhlich und aufgekratzt und begann sich umzusehen. Offensichtlich hatte sie ein Talent zum Einkaufen, über das Romily nicht verfügte. Romily warf einen Blick auf ein Preisschild. So viel für etwas, das nur mit Babykacka vollgemacht werden würde?
Sie versuchte umherzustreifen und unverbindlich auszusehen, während Claire alles untersuchte und vor Freude über die zauberhaften kleinen Kleidchen und zuckersüßen kleinen Hosen in regelmäßigen Abständen aufschrie. Sie suchte sich eine grüne Strickjacke aus und beäugte eine Packung mit Stramplern aus Biobaumwolle. Die Verkäuferin kam langsam in ihre Richtung, wohl der Meinung, dass diese Kundin am ehesten einen Kauf tätigen würde.
»Wann ist der Entbindungstermin?«, fragte sie.
»Am sechsten Januar«, antwortete Claire.
»Sie sehen fabelhaft aus.«
»Danke.«
»Ist es ihr Erstes? Wie fühlen Sie sich?«
Claire warf Romily rasch einen Blick zu, bevor sie ant wortete. »Insgesamt verläuft alles bestens, aber mir war ziem lich häufig übel, jedenfalls in den ersten siebzehn Wochen.«
»Das ist furchtbar. Bei meiner ersten Schwangerschaft war die Übelkeit auch schlimm.«
»Und jetzt bleibe ich ständig zwischen
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