Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
Vom Netzwerk:
sich Posies Bürste ausleihen müssen. Wenn sie gewusst hätte, dass sie sich derart nervös aufführen würde, hätte sie sich niemals zu einem Abendessen mit Jarvis bereit erklärt. Es wäre das erste Mal, dass sie allein waren, seit ihrem Gespräch darüber, wen sie liebte und warum er fortgegangen war, und selbst da war Posie nebenan gewesen. Dies war das erste Mal, dass Romily, ganz ohne Posie, wirklich allein mit ihm wäre seit dem Tag, an dem er ins Museum gekommen war, sie völlig überrumpelt und zum Kotzen gebracht hatte. Deshalb achtete sie wahrscheinlich so sehr auf ihr Aussehen: Sie wollte sich ablenken und nicht an einen Abend mit gequältem Small Talk denken, an dem ihnen klar werden würde, dass sie nichts gemeinsam hatten außer dem von ihnen gezeugten Kind. Oder an einen Abend, an dem er ihr ständig Vorwürfe dafür machte, dass sie ein Kind von dem verheirateten Mann erwartete, in den sie verliebt war. Oder an einen Abend, an dem sie nüchtern Terminkalender verglichen und sich überlegten, wie sie am besten die Aufsicht über ihre Tochter untereinander aufteilten. Keine sonderlich ansprechenden Aussichten. Zumindest konnte sie wie eine gut gekleidete fette Kuh aussehen. Dann würde sie sich vielleicht ein bisschen besser fühlen.
    Und es war auch nicht nur der Abend, der sie nervös machte. Sie hatte drei Tage lang Großputz veranstaltet, damit die Wohnung Claires Ansprüchen genügte. Nicht dass sie es auch nur annähernd hinbekommen hätte, dank des vielen Krams, den sie in dieser winzigen Wohnung hatten. Wenn Claire irgendeinen Schrank aufmachte, würde sie die eine oder andere böse Überraschung erleben.
    Doch die Wohnung und sie selbst waren nun einmal so, wie sie waren. Besser ging es nicht.
    So war das immer bei ihr.
    Als sie aus dem Schlafzimmer trat, waren Claire und Posie bereits zusammen auf dem Sofa über ein Buch mit bunten Papierpuppen gebeugt. Claire blickte zu Romily auf und lächelte. »Du siehst hübsch aus. Ist das ein neues Kleid?«
    »Nein. Eine der Mütter an der Schule hat es mir gegeben. Ich weiß auch nicht, warum, aber wenn die Leute sehen, dass man schwanger ist, geben sie einem einfach Zeug, ob man sie nun kennt oder nicht.«
    Die Mütter versuchten auch ständig, ihr Babysachen zu geben. Früher oder später würde sie etwas sagen müssen.
    Sie hatte nur noch nicht den richtigen Zeitpunkt gefunden, das war alles.
    »Es steht dir wirklich«, sagte Claire. »Blau ist deine Farbe.«
    »Sie zieht sich für Jarvis an«, erklärte Posie. Sie tauschte ein nicht allzu verstohlenes Lächeln mit Claire aus.
    »Himmelherrgott, dann ziehe ich mir eben Jeans an!«, sagte Romily und machte kehrt. Da klopfte es erneut, und Posie sprang auf, um an die Tür zu gehen.
    Es war Jarvis. Zu früh. Natürlich. Posie umarmte ihn, und er sagte in neutralem, freundlichem Tonfall: »Hallo, Claire.« Romily schnappte sich ihre Handtasche.
    »Amüsiert euch!«, rief Claire ihnen nach.
    Sie gingen zusammen den Bürgersteig entlang. Jarvis trug eine richtige Hose ohne aufgesetzte Seitentaschen. Sein Hemd war nicht in die Hose gesteckt, aber es sah aus, als sei es möglicherweise gebügelt worden. Er sah sie von der Seite an. »Du siehst nett aus.«
    »Es ist kein neues Kleid«, antwortete Romily.
    »Kann ich noch ein Kopfkissen haben?«
    Unter Posies Kopf stapelten sich bereits drei Stück. »Habt ihr denn noch welche?«, fragte Claire.
    »Es wird Romily nichts ausmachen, wenn du eines von ihrem Bett nimmst.« Posie lächelte sie flehend an. »Sie lässt mich immer alle nehmen, wenn ich Prinzessin auf der Erbse spielen will.«
    Claire ging in Romilys Schlafzimmer, in dem eine zerknitterte Bettdecke über dem Bett ausgebreitet war. Sie wusste ganz genau, dass Posie sich von ihr verwöhnen ließ, aber es machte ihr nichts aus, dies gelegentlich zu tun. Bei ihrem eigenen Kind würde sie allerdings aufpassen müssen.
    Sie warf einen Blick auf sich selbst in dem Spiegel über der Kommode. Sieh einer an, sie machte sich Sorgen darüber, ein Kind zu verwöhnen, das sie noch gar nicht hatte. Spielte Mummy, während Ben dachte, sie wäre in ihrem Literaturkreis. Sie sollte ein schlechtes Gewissen haben, sie sollte sich Sorgen machen. Heute Abend war dem nicht so. Bei einem Kind zu sein, ließ sie aus ihrer eigenen Haut schlüpfen. Bei Posie konnte sie sich entspannen und ganz im Jetzt sein. Sie hatten sich den ganzen Abend lang Schwanensee angesehen und dann so getan, als würden sie tanzen. Claires Haare

Weitere Kostenlose Bücher