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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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gelassen.«
    Sie wollte, dass er sie ansah. Dass er sie sah. Dass er wusste, was ihr damit angetan wurde.
    »Hast du eine Affäre mit ihr gehabt?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete er. »In gewisser Hinsicht wäre es weniger grausam gewesen, wenn es sich so verhalten hätte.«
    »Was? Wie kannst du das sagen?«
    Er hob den Kopf, doch er war immer noch tief in seine Gedanken versunken. »Ich meine nicht, weniger grausam. Das war falsch. Ich meine, es wäre ehrlicher gewesen.«
    »Ehrlicher?«
    Sie hatte das Gefühl, ihre Beine müssten versagen. Sie zog den Stuhl heraus und ließ sich darauf sinken. In ihren Fingern pochte es.
    »Ben«, fragte sie, ohne auch nur zu versuchen, ihre Stimme weiterhin ruhig zu halten, »bist du in Romily verliebt?«
    »Ich habe viel für sie übrig. Ich weiß nicht, ob es Liebe ist. Meine Gefühle ihr gegenüber haben sich in den letzten paar Monaten geändert. Ich habe versucht, es zu ignorieren, aber es ist so.« Er schluckte. »Mein erster Gedanke, wenn ich morgens aufwache, gilt ihr. Sie trägt mein Kind aus. Mein Beschützerinstinkt ist geweckt. Ich halte sie für etwas ganz Besonderes. Ich würde alles für sie tun.«
    Jetzt sah er Claire an.
    »Für mich klingt das nach Liebe«, sagte sie.
    »Ich versuche, dir gegenüber aufrichtig zu sein«, erwiderte er. »Es tut mir leid, wenn es wehtut. Aber wir müssen jetzt offen darüber sprechen. Nicht wahr?«
    »Du«, sagte sie, »bist der einzige Mann, den ich je geliebt habe. Jemals.«
    »Ich weiß.«
    »Liebst du mich noch?«
    »Ja. Ich werde dich immer lieben.«
    »Aber du liebst sie auch.«
    Er sah weg. »Ich weiß es nicht.«
    »Hast du deshalb so viel Zeit mit ihr verbracht?«
    »Ja. Wahrscheinlich. Ich habe ständig das Gefühl, dass ich dich enttäuscht habe, Claire. Dass ich nicht tun oder sagen kann, was du von mir willst. Mit Romily ist es leicht. Ich weiß, ich klinge wie ein … Ich bin ein Feigling. Aber ihr schulde ich auch etwas, oder nicht?«
    »Geht es um sie oder die Tatsache, dass sie mit deinem Kind schwanger ist?«
    »Ich weiß es nicht. Kann man das voneinander trennen? Ich habe noch niemals solche Gefühle gehabt.«
    Weil ich kein Kind von dir bekommen konnte. Und sie schon.
    Darauf lief es hinaus. Immer und immer wieder.
    »Ich finde, du solltest gehen«, sagte Claire.
    »Okay.« Er stand auf. »Ich werde im Gästezimmer schlafen.«
    »Nein. Ich möchte, dass du das Haus verlässt. Ich möchte, dass du mich allein lässt. Ich möchte nicht mit einem Mann zusammenleben, der sagt, er liebe mich, und sich in eine andere Frau verliebt, die kann, was ich nicht kann.«
    Der Schmerz stand ihm so sehr ins Gesicht geschrieben, dass sie wegsehen musste.
    »Wenn du es unbedingt willst …«, meinte er.
    Und es war derart leicht, ihr ganzes Dasein zunichtezumachen. Sie saß am Küchentisch und lauschte, wie er nach oben ging und ein paar Sachen einpackte. Als er in die Küche zurückkam, um seinen Laptop und seine Unterlagen einzusammeln, sah sie ihn nicht an.
    »Claire«, sagte er. »Bist du sicher?«
    »Alles zwischen uns ist eine Lüge.«
    »Es ist keine Lüge«, widersprach er. »Aber vielleicht ist das zwischen uns nicht alles, was es gibt.«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich ruf dich an«, sagte er nach einer Weile. Und dann war er fort.

Die Wahrheit
    N imm’s mir nicht übel, aber du siehst wirklich grässlich aus.«
    Romily rieb sich die Augen und wandte sich der Frau zu, die gesprochen hatte. Es war die mit dem schmuddeligen Kleinkind, die schon einmal nett zu ihr gewesen war. Sie trug einen Schal, an den Häkelblumen genäht waren.
    »Ich habe kaum geschlafen«, erwiderte Romily. »Das ist alles.« Sie drückte sich an der Mauer entlang Richtung Schultor, immer bereit, rasch die Flucht anzutreten. Eigent lich hatte sie gedacht, sie wäre mittlerweile eine Meisterin in der Kunst, Posie zur Schule zu bringen, ohne sich in ein Gespräch verwickeln zu lassen, aber vielleicht hatte sie sich getäuscht.
    »Sodbrennen?«
    »Was in der Richtung.«
    »Immer noch besser als ein gebrochenes Herz, sage ich immer. Allerdings nicht viel besser.«
    Die Stimme der Frau klang fröhlich, es lag lediglich an dem Ausdruck. Gebrochenes Herz.
    Das Schluchzen, das sie das ganze Wochenende über unterdrückt hatte, um sich Posie gegenüber nichts anmerken zu lassen, brach aus ihr hervor. Es klang wie der Klagelaut eines kranken Tieres. Romily schlug sich die Hand vor den Mund, doch ihr flossen bereits Tränen die Wangen hinunter.
    »Ach,

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