All unsere Traeume - Roman
in ihrem Rücken zu achten. »Hör auf. Ich bin ein großes Mädchen. Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen. Und Claire auch. Du hast mich nicht dazu gebracht, mich in dich zu verlieben. Das habe ich, dumm wie ich bin, schon ganz allein hingekriegt. Ich wusste, dass du Claire liebst und dass ich nicht die geringste Chance hatte. Ich bin trotzdem geblieben.«
»Es ist meine Schuld.«
»Weil du so unwiderstehlich bist? Nun mach aber mal halblang!«
Er starrte sie an. »Warum hast du dich in mich verliebt? Wie lange geht das schon so?«
»Darüber werde ich nicht sprechen.« Sie fuhr energisch mit den Händen durch die Luft, als verscheuche sie das Thema aus dem Zimmer. »Wichtig ist allein, was als Nächstes geschieht. Du musst wieder mit Claire zusammenkommen, weil dieses Baby seine Eltern braucht.«
»So einfach ist das nicht.«
»Natürlich ist es das. Das Baby ist das Wichtigste. Wir müssen tun, was das Beste für das Kind ist.«
»Claire sagt, dass du das Baby behalten möchtest. Dass du ihn liebst.«
Romily schob das Kinn vor. »Das zählt nicht.«
»Warum zählen die Gefühle von allen anderen, bloß deine nicht, Rom?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Unser Baby ist es auch«, sagte Ben. »Deines und meines. Wir haben es gezeugt, weil wir einander vertrauten und wegen der Gefühle, die wir füreinander hegten. Das will mir einfach nicht aus dem Kopf. Es gibt Menschen, die aus geringeren Gründen den Rest des Lebens miteinander verbringen. Und wenn ich dich anschaue, so wie du jetzt bist, mit dem Leben, das wir erschaffen haben und das da jetzt in dir heranwächst, habe ich das Gefühl …« Er holte tief Luft. »Ich habe noch nie zuvor derart empfunden. Deshalb konnte ich nicht Nein sagen, als Claire mich fragte, ob ich dich liebe.«
Romily spürte, wie jeder Kubikzentimeter Luft aus ihren Lungen entwich. Dichte, schwere Luft.
»Vielleicht hätte ich nichts sagen sollen«, fuhr er fort. »Vielleicht hätte ich alles ignorieren und mich darauf kon zentrieren sollen, ein ideales Zuhause für das Baby zu schaf fen. Aber ich schulde Claire Aufrichtigkeit. Ich schulde sie dir, Romily. Falls ich einen Fehler begangen haben sollte, muss ich versuchen, ihn wiedergutzumachen. Doch was auch immer ich tue, ich werde jemanden damit verletzen. Ich habe das Gefühl, als läge es an mir, auszusuchen, wer von euch beiden, und das kann ich nicht.«
»Du liebst Claire«, flüsterte sie. »Claire.«
»Ja. Aber bedenk doch, was du für mich tust. Und als Jarvis mir dann zeigte, wie viel du für mich aufgegeben hast … Das kann ich nicht einfach so ignorieren. Ich kann nicht einfach das Baby schnappen und dich zurücklassen. Dir gehört das Kind ebenso.« Er fuhr sich erneut durch die Haare. »Es geht mir im Kopf herum und treibt mich in den Wahnsinn. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie ich es besser machen soll.«
Der Schmerz in seinem Gesicht war so unverhüllt, so nackt, dass Romily sich an dem Sofakissen, auf dem sie saß, festklammern und die Füße fest auf den Boden stemmen musste.
»Ich glaube, die Sache mit Claire habe ich komplett vermasselt. Ich weiß nicht, ob sie mir noch vertrauen kann. Als ich ihr das letzte Mal begegnet bin, war sie wie eine Fremde. Sie sah aus, als würde sie mich hassen. Und ich kann es ihr nicht verübeln. Aber dich – dich kann ich nicht enttäuschen, oder? Dir habe ich bereits das Schlimmste angetan, wozu ich in der Lage bin.«
»Nein.«
»Sie hat mich vor die Wahl gestellt, und ich kann nicht wählen. Die Wahl muss bei dir liegen, Romily. Für dich steht am meisten auf dem Spiel. Du hast unseren Sohn. Er gehört dir. Willst du ihn?« Er packte seine Haare, als wolle er sie sich mitsamt den Wurzeln ausreißen. »Und falls du ihn willst – willst du mich auch?«
Lauschen
I n den hinteren Reihen waren keine Sitzplätze mehr frei, doch Claire stahl sich auf einen einzelnen Stuhl an der rückwärtigen Wand, während alle miteinander plauderten. Die Aula war weihnachtlich geschmückt, neben der Bühne glitzerte ein riesiger Weihnachtsbaum. Von den Siebtklässlern gebastelte Papiergirlanden schmückten die Wände. Neben Claires Stuhl standen auf einem länglichen Tisch, der mit einem grünen Tuch und Flitter bedeckt war, Gläser aufgereiht, die darauf warteten, mit Wein und Frucht saftgetränken gefüllt zu werden. Dafür zuständig waren Octa via und Felicity, zwei ehemalige Oberstufenschüle rinnen von Claire. Als sie Claire bemerkten, rissen sie
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