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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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zuerst überrascht die Augen auf, fingen sich allerdings schnell wieder und lächelten ihr zu. Sie würde zu ihnen hinübergehen und mit ihnen reden, bevor sie wieder aufbrach, sie nach Neuigkeiten aus ihrem Leben befragen, ungeachtet der Gerüchteküche an der Schule.
    Sie hatte schon Dutzende dieser Veranstaltungen besucht, vielleicht Hunderte. Gewöhnlich saß sie mit den übrigen Lehrkräften vorne, wo die Schüler sie sehen konnten für den Fall, dass sie Claire brauchen sollten. Über die Köpfe des Publikums hinweg erspähte Claire eine Frau mit kurzen stahlgrauen Haaren, die in der ersten Reihe neben Lindsay saß. Sie trug ein marineblaues Jackett mit breiten Schulterpolstern. Mir ihr würde Claire sich ebenfalls unterhalten. Schließlich wollte sie nicht, dass ihr Ersatz, Mrs. Radcliffe, glaubte, sie hätte Angst vor ihr.
    Claire hatte sich dreimal umgezogen, bevor sie das Haus verlassen hatte. Sie hatte sich einen Termin fürs Spitzenschneiden und Föhnen in einem Salon in einem Kaufhaus in Brickham geben lassen, in dem sie noch nie zuvor gewesen war. Sie hatte sich sorgfältig die Nägel mit transparentem Nagellack lackiert und eine geschlagene Dreiviertelstunde mit ihrem Make-up verbracht. Ihr Ziel war ein gepflegter Eindruck, der die Schatten der Erschöpfung auf ihrem Gesicht kaschierte und dennoch natürlich und ungezwungen wirkte. Kriegsbemalung. Eine notwendige Fassade. Als sie auf dem Parkplatz der St. Dominick’s ankam, musste sie trotzdem fünf Minuten sitzen bleiben, bevor sie aus dem Wagen ausstieg. Sie musste sich Max’ letzte E-Mail ins Gedächtnis rufen. Es wäre echt toll, wenn Sie kommen könnten. Ich würde das nicht tun, wenn Sie nicht gewesen wären. PS: Hab voll Lampenfieber.
    Mr. und Mrs. Gore-Thomas konnte sie nicht entdecken. Das war gut für sie und traurig für Max. Doch es waren etliche Lehrkräfte anwesend, und zwar zusätzlich zum Fachbereich Musik und den Hauseltern, die zu fast jedem Konzert gingen. Für Schüler, die Musik als Prüfungsfach hatten, galt Anwesenheitspflicht, aber es waren mehr da, als sie er wartet hatte, Jungen und Mädchen in ihren bequemen All tagsklamotten, die Haare wild mit Gel zerzaust oder zu schlichten Pferdeschwänzen gebunden. Sie fragte sich, ob Max diese Schüler eingeladen hatte, ob er mittlerweile mehr Zeit mit seinen Klassenkameraden verbrachte. Oder ob sie aus Neugier gekommen waren, um zu sehen, was er die ganze Zeit mit dieser Gitarre angestellt hatte, um zu sehen, worum es bei dem ganzen Wirbel im Oktober gegangen war.
    Das Programm war ein weißes A 5-Blatt, ein schlichter Computerausdruck. Max Gore-Thomas stand oben, gefolgt von einer Namensliste: Mr. Doughty, Angel, Max, Alan, Mrs. Greasley . Den Großteil erkannte sie wieder. Sie hatte die Stücke hier in der Schule bereits gehört, und er hatte ihr sogar eine Aufnahme geschickt. Ihr eigener Name stand unten auf der Seite, nach Alan. Claire Lawrence. Kein Mrs. Von dem Stück hatte er ihr nichts gesagt.
    Der Vorhang raschelte, und Max schlüpfte durch den Spalt, in der Hand seine Gitarre. Blickkontakt zum Publikum stellte er nicht her, sondern setzte sich nur und rückte die Gitarre auf seinem Schoß zurecht. Den Kopf hielt er in jener vertrauten Haltung nach unten gesenkt. Er begann zu spielen.
    Die Musik traf Claire sofort ins Herz. Er musste viel geübt haben. Und er war musikalisch wie auch körperlich sichtlich gereift. Seine MP 3-Dateien hatten das nur ahnen lassen. Claire schloss die Augen, und die Menschen tauchten aus seiner Musik auf. Mit geschlossenen Augen sah sie sie praktisch vor sich: den Kioskbesitzer mit seinem aufdringlichen Starren, den Träumer, das hüpfende Kind. Max selbst, mürrisch und wütend, mit jähen, gezackten Blitzen voller Klarheit. Als er Mrs. Greasley spielte, vernahm sie das bestätigende Gelächter des Publikums. Claire lachte nicht. Sie lauschte.
    Zwischen den Stücken herrschte Stille. Auch der lausch te Claire: dem Staunen, das dieser Junge im Publikum hervorrief. Sie lauschte dem, was sie, seine Lehrerin, für ihn getan hatte, nicht indem sie ihn unterrichtete, nicht indem sie sich für ihn starkmachte. Lediglich indem sie ihm seinen eigenen Raum gewährte, ihn seinen eigenen Weg finden ließ.
    Als schließlich das Mutter-Thema erklang, erkannte sie es wieder: langsam und sanft, warm und süß, hoffnungsvoll und sehnsüchtig, voll von dem Duft eines Babyköpfchens, einer Wange, die an die ihre geneigt war, vorüberstreichen den Wimpern. Der

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