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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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machen.«
    »Hoffnungen ? « Sie warf die Hände in die Luft. »Ich hatte entschieden, dass ich nicht mehr hoffen will, Ben. Du hast nichts von dem begriffen, was ich gesagt habe.«
    Sie drehte sich um, im Begriff, das Zimmer zu verlassen. Hinter sich hörte sie Ben sagen: »Wir könnten die Schaukel im Birnbaum immer noch haben.«
    Claire saß auf einem verchromten Hocker in der frisch renovierten Küche ihrer Schwester Helen. Über der eleganten Frühstückstheke lag eine abwischbare Tischdecke.
    »Die Sache ist die«, sagte Helen, »es ist gar keine so schlechte Idee, jedenfalls rein theoretisch. Josh, gib das deiner Schwester zurück!«
    »Ich hatte das zuerst!«
    »Das ist mir egal. Du bist älter als sie, gib es zurück!«
    Claire sah ihrem Neffen nach, der über den Schieferboden aus der Küche stampfte. »Du hältst es doch wohl nicht im Ernst für eine gute Idee, dass mein Mann will, dass eine andere Frau ein Baby von ihm bekommt.«
    »Andererseits hättet ihr anschließend ein Baby.« Helen bot Claire noch einen Keks an. »Und die Leute zahlen viel Geld für eine Leihmutter. Ich nehme mal an, dass sie es umsonst tun würde.«
    »Es geht mir nicht ums Geld.«
    »Aber es schadet nie, daran zu denken.« Aus dem Neben zimmer drang Geheul. »Josh! Du sollst es deiner Schwester zurückgeben!«
    »Aber wieso sollte Romily es überhaupt machen wollen?«
    »Ihr seid seit der Uni miteinander befreundet, oder nicht?«
    »Sie war mit Ben befreundet, noch bevor ich ihm begegnet bin. Ich kam erst später dazu. Aber wir haben nie viel Zeit miteinander verbracht. Wir haben nicht viel gemeinsam.«
    »Bist du nicht die Patentante ihrer Tochter?«
    »Bloß weil sie Ben gebeten hat, Patenonkel zu sein, da hat es sich automatisch so ergeben.« Claire knabberte an einem Keks. »Eigentlich ganz vernünftig, eine Patentante und einen Patenonkel zu haben, die verheiratet sind. Ich würde es genauso machen, wenn ich … Wie dem auch sei, sie ist hauptsächlich Bens Freundin.«
    »Glaubst du, da läuft was zwischen ihnen?«
    »Hels!«
    »Tja, ich muss schon nachfragen. Es ist die offensichtliche Frage, die sich einem stellt.«
    So war Helen: Sie nahm kein Blatt vor den Mund, son dern sagte, was ihr gerade durch den Kopf ging. Das war ein Grund, weshalb Claire ihrer Schwester heute Nach mittag einen Besuch abstattete. Und gleichzeitig der Grund, warum sie so oft fernblieb.
    »So ist es nicht«, sagte Claire. »Die meiste Zeit reden sie über Fußball. Sie gehen ins Rose and Thistle, das immer voller Männer ist. Er behandelt sie wie einen Kumpel.«
    »Solange du dir da sicher bist … Sarah! Hör auf, deinen Bruder zu ärgern! Tut mir leid, Claire, aber da muss ich einschreiten.«
    Während Helens Abwesenheit stellte sich Claire Romily vor. Schlaksig, ein bisschen täppisch, mit ihren dichten, kurz geschnittenen schwarzen Haaren, die hinten stets ein wenig abstanden. Ihre ausgefransten Jeans, ihre zerschlissenen Tennisschuhe und ihre abgekauten Nägel, die Sommersprossen auf ihrer Nase wie bei einem Kind, die Art, wie sie auf einem Stuhl saß, immer ein Bein untergeschlagen. Romily sah nicht alt genug aus, um Mutter zu sein oder einen Doktortitel zu haben. Von hinten sah sie wie ein Junge im Teenageralter aus, und zwar die Sorte, die in ihren Regalen im Kinderzimmer Käfer und Schnecken in Gläsern sammelten und in den Hosentaschen Frösche mit sich herumtrugen. Romily drückte sich in Ecken herum, verfiel in Tagträumereien oder hing in Gedanken irgendwelchen biologischen Klassifizierungen nach. Sie war ihnen damals entweder einfach hinterhergetrottet und zu den merkwürdigsten Uhrzeiten überraschend bei ihnen aufgetaucht.
    Sie war Bestandteil von Bens Leben gewesen, als Claire ihn kennenlernte. Wäre Romily ihr gegenüber jemals feind selig gewesen, hätte das Claire misstrauisch gemacht, aber Romily war ihr immer nur freundlich begegnet, wenn auch auf eine gewisse unverbindliche Art. Ben meinte, sie sei schüchtern.
    Von Posie hatte Claire einen lebhafteren Eindruck. Sie hatte mehr Zeit mit Posie als mit ihren eigenen Neffen und ihrer Nichte verbracht, weil Romily in den Anfangsjahren Hilfe bei der Kinderbetreuung benötigt hatte. Posie war ein Goldschatz aus warmen Gliedern und blonden Haaren, verträumten blauen Augen. Sie hatte einen süßen, ganz eigenen Geruch – nach Äpfeln in einer Schüssel. Claires Arme wussten ganz genau, wie es sich anfühlte, ihren kleinen Körper zu halten. Das kleine Mädchen war begierig

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