All unsere Traeume - Roman
ein und aus, während sie versuchte, den Gedanken zu verdrängen, dass sie sich wieder einmal in einem Raum voller Frauen befand, die nicht sie waren und die Babys bekommen würden.
Sie würde auch ein Baby bekommen. Es war in Ordnung. Alles würde gut werden. Sobald sich dieses Baby in ihren Armen befand, wäre es völlig gleichgültig, in wessen Bauch es herangewachsen war.
»Willkommen«, sagte eine melodiöse Stimme, und Claire schlug die Augen auf. Die Lehrerin ging vor ihnen in die Hocke. Claire hatte sie noch nie zuvor gesehen. Es musste unterschiedliche Lehrerinnen für die Schwangeren- und die Fruchtbarkeitsgruppen geben. Sie trug violette Leg gins und ein Top in der gleichen Farbe und lächelte Ben an. »Wie reizend, hier auch einmal einenVater zu Gesicht zu bekommen!«
Er war der einzige Mann im Raum. Dem Blick der Lehrerin nach zu schließen, möglicherweise der einzige Mann auf der ganzen Welt. »Schön, hier zu sein«, erwiderte Ben.
»Es ist so wichtig für den Vater, an jedem einzelnen Schritt Anteil zu haben«, sagte die Lehrerin. »Yoga kann einem dabei helfen, einen inneren Frieden zu finden, der die Eltern miteinander verbindet. Das Baby spürt diese Zusammengehörigkeit selbstverständlich.«
»Selbstverständlich.«
»Manche Väter erleben sogar Schwangerschaftssymp tome gemeinsam mit ihren Partnerinnen. Ist das bei Ihnen so?«
Claire vernahm Romilys belustigtes Schnauben. Bens Lächeln wurde noch breiter. »Ich habe manchmal sonderbare Gelüste nach Essiggurken«, sagte er.
Claire versetzte ihm einen Stups, und zum ersten Mal richtete die Lehrerin ihre Aufmerksamkeit auf sie. »Und Sie sind Mummy?«
»Ich …«, setzte sie an, da deutete Ben auf Romily neben ihr. Claire errötete.
»Wir sind beide Mummy«, sagte Romily.
»Oh«, sagte die Lehrerin. »Sie sind Schwestern? Oder Freundinnen?«
»Wir sind beide Mummy«, wiederholte Romily. »Und Ben ist Daddy.«
»Bei … bei Ihnen beiden?« Der Blick der Frau wanderte zwischen Claire, Romily und Ben hin und her.
Claire öffnete den Mund, um die Situation mit der Leih mutterschaft zu erläutern, doch bevor sie dazu kam, sagte Romily: »Ja. Wir bekommen beide ein Baby von Ben.« Sie lächelte die Lehrerin strahlend an.
»Oh. Oh, na ja, das ist sehr … interessant.«
»Wir sind ganz aus dem Häuschen deswegen.«
»Während wir gleichzeitig einen tiefen inneren Frieden verspüren«, fügte Ben hinzu.
»Und ein Zusammengehörigkeitsgefühl«, sagte Romily. »Ganz viel Zusammengehörigkeitsgefühl.« Sie sah Claire an und zwinkerte ihr zu.
Mittlerweile ruhten die Blicke aller Anwesenden auf ihnen. Ben hatte seine helle Freude an der Sache, und seine Brust war stolzgeschwellt, weil man ihn als Sexprotz entlarvt hatte.
Claire verbiss sich ein Lächeln.
»Wir möchten unbedingt an unserer Gelenkigkeit arbei ten«, sagte sie und hörte, wie Romily ebenfalls ein Lachen unterdrückte.
»Also gut. Tja, das ist …« Die Lehrerin erhob sich. »Gibt es Verletzungen, von denen ich wissen sollte? Irgendwelche Probleme?«
»Ich übergebe mich regelmäßig«, sagte Romily.
»Und mir fällt es schwer, im Jetzt zu verweilen«, sagte Claire.
»Ich habe nicht die geringsten Probleme«, sagte Ben.
Die Lehrerin sah wieder zwischen ihnen dreien hin und her, doch Claire verzog keine Miene, dank langer Übung in Sachen Pokerface vor einer Schulklasse. Ben und Romily lächelten unschuldig.
»Na schön«, sagte sie schließlich. »Na schön, ich denke, wir fangen alle mit einem Sonnengruß an …«
»Dank euch beiden muss ich mir jetzt ein neues Fitnessstudio suchen.« Sie waren in ihren Sportklamotten zu Claire und Ben nach Hause gefahren, da sie keine Lust auf die bohrenden Blicke der anderen Kursteilnehmerinnen in der Umkleidekabine gehabt hatten. Jetzt tranken sie in der Küche Tee. Claire verteilte Bananenkuchenscheiben auf Teller. »Wenn ich dorthin zurückgehe, geben sie meinen Namen wahrscheinlich an die Jeremy Kyle Show oder sonst so eine Talkshow weiter.«
»So schlimm ist es auch wieder nicht«, meinte Ben. »Mir hat es tatsächlich ziemlich viel Spaß gemacht.«
»Natürlich hat es dir Spaß gemacht!«
»Wir haben bloß die Wahrheit gesagt. Wir bekommen tatsächlich alle zusammen ein Baby. Wenn sie ihrer schmutzigen Fantasie freien Lauf lassen wollte, war das ihre Angelegenheit.«
»Ihr habt ihr da vielleicht ein wenig zu sehr unter die Arme gegriffen.«
»Dieses ganze Mummy- und Daddy-Getue«, sagte Romily. »Das ist
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