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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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desto weniger mache ich mir Sorgen, dass ich einen schrecklichen Fehler begangen habe.«
    »Was ist denn deiner Meinung nach dein schrecklicher Fehler? Es mir jetzt zu sagen oder es mir nicht früher gesagt zu haben?«
    »Such es dir aus.«
    »Oh, ich weiß, welches der schreckliche Fehler gewesen ist, das kannst du mir glauben!«
    Sie holte tief Luft. »Okay, die Sache ist folgendermaßen: Jemand hat mir gesagt, wie wichtig es für ein Kind ist zu wissen, dass es gewollt ist. Wenn du vorhast, ein Teil von ihrem Leben zu sein, dann kannst du ihr sagen, wer du bist. Wenn nicht, dann nicht. Beides ist in Ordnung. Heute hast du eine Gratisrunde. Aber wenn du sie danach wiedersehen willst, werden wir ihr sagen müssen, wer du bist, und sie wird wissen müssen, dass sie dir wichtig ist. Ich werde nicht zulassen, dass man mit den Gefühlen meiner Tochter spielt.«
    »Ich bin ihr Vater.«
    »Du hast das Sperma produziert, ja. Ob du sonst noch etwas beisteuerst, liegt an dir.«
    »Nein«, sagte Jarvis. »Bis vor zwei Wochen lag es an dir .«
    »Ob es dir nun gefällt oder nicht, so lauten die Regeln.«
    »Ich finde nicht, dass du das Recht hast, die Regeln festzulegen. Nicht, nachdem du mir die Chance genommen hast, meine eigene Wahl zu treffen.«
    »Romily!« Posie kam keuchend von den Schaukeln herübergelaufen. »Hast du meine Wasserflasche?«
    Romily holte sie heraus. Posie trank einen großen Schluck, ohne auf den Mann zu achten, der neben ihrer Mutter saß. Sie reichte Romily die Flasche und den Deckel getrennt zurück. »Komm mich anschubsen«, sagte sie und rannte zu den Schaukeln zurück.
    Romily und Jarvis sahen einander lange an. Dann stand Jarvis auf und ging zu den Schaukeln.
    Romily zog die Beine auf der Bank an, schlang die Arme darum und stützte das Kinn auf ein Knie. Meine Tochter, dachte sie. Meine.
    Doch sie blieb, wo sie war.
    Vor ziemlich genau neun Jahren, als sie gerade mit ihrem Doktor angefangen hatte und Ben und Claire ihre Hochzeit planten, hatte sie Jarvis bei einem Blind Date kennengelernt, das ein paar Kumpels aus dem Naturkundemuseum eingefädelt hatten. Sie hatten sich im Queen’s Arms in South Kensington verabredet. Romily war sehr früh in dem Pub eingetroffen. Sie wartete dort zwei Stunden, trank ein Pint London Pride nach dem anderen und las den halben Band von Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte durch. Schließlich tauchte Jarvis mit einem großen Paket auf, das er auf den Tisch stellte.
    »Du hast schon ohne mich angefangen«, bemerkte er. Er trug ein T-Shirt und eine Militärhose. Er war dünner als Ben, unordentlicher als Ben, blonder als Ben. Als er sich mit der Hand durch die Haare fuhr, die ein wenig verschwitzt waren, rutschte sein T-Shirt hoch, sodass sie ein Stück Haut erblickte.
    Du wirst es tun, dachte sie.
    »Du bist spät dran«, sagte sie. »Was ist in dem Paket?«
    »Ein Geburtstagsgeschenk für meine Cousine. Ich habe es nicht mehr auf die Post geschafft.«
    »Ich trinke London Pride.«
    »Ausgezeichnet.«
    Er kehrte mit je einem Pint für sie beide und einem Glas Jack Daniel’s für sich zurück. »Ich hab was aufzuholen«, erklärte er.
    Vier Stunden später lagen sie in seinem Bett in seinem Appartement in Hackney. Die Wände waren mit Fotos von Spechten tapeziert, die er gemacht hatte. Er hatte einen Preis verliehen bekommen.
    »Ich bin nicht auf der Suche nach Liebe«, sagte sie ihm, den Kopf an seiner knochigen Schulter. Sie ließ den Finger seine Brust hinauf- und hinuntergleiten, um zu sehen, wie es sich anfühlte.
    »Was für eine Erleichterung«, antwortete er. »Ich ziehe sowieso in die große weite Welt. Eines Tages.«
    »Ich auch.«
    Er beugte sich vor, um sie zu küssen und näher an sich zu ziehen, damit sie noch einmal miteinander schlafen konnten.
    Soweit Romily sich erinnerte, verliefen ihre Verabredungen meistens auf diese Art.
    An den Schaukeln schubste er Posie kräftiger und länger an, als Romily es getan hätte, und dann schob er sie so schnell auf dem Karussel an, dass sie aus dem Lachen gar nicht mehr herauskam. Als der Eisverkäufer an dem Park vorüberfuhr, setzte Posie wie immer ihre hoffnungsvolle Miene auf, und Jarvis sprang in großen Sätzen zu dem Wagen, die Hand in der Tasche.
    Romily machte den Mund auf, um Einspruch zu erheben, schloss ihn aber wieder. Er hatte ihr sieben Jahre lang kein Eis gekauft. Aber natürlich bat Posie sie auch nicht um Erlaubnis. Außerdem fiel ihr auf, dass Jarvis zwei Eistüten kaufte. An

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