Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
Antworten bekommen hatte. Weshalb waren Nalla und Igo´ Rabtoris zu unbarmherzigen, machtsüchtigen Bestien geworden? Die Aussicht auf Weltherrschaft verleitete die Menschen dazu, ihr Inneres zu vernichten und einen neuen Geist wachsen zu lassen. Doch da fiel ihm die Maske ein, die er an seinem Gürtel trug. Hatte sie für eine Veränderung Nallas gesorgt oder hatte er schon immer etwas Böses in sich getragen? Vermutlich hatten beide Elemente aufeinandertreffen müssen, um aus ihm das zu machen, was er gewesen war. Dazu kam die Frage, weshalb seine Mutter Zwillinge bekommen hatte, während die Frau, die seine tylonische Mutter hätte werden sollen, kinderlos blieb. Ein genetischer Fehler ... Von so etwas hatte er noch nie gehört. Hatten die Götter beider Welten ihre Hände mit im Spiel gehabt? Doch wieso hätten sie das tun sollen? Sie hatten Zwillingsgeburten entgegengewirkt, weil sie dachten, dass ein Zwilling böse wäre. Weshalb sollten sie dann Zwillinge entstehen lassen?
Das Pochen in Allans Schläfen hatte wieder begonnen. Er entschied sich dazu, nicht mehr über diese Fragen nachzudenken. Er musste nach Okrai, Sinalia in die Obhut von Arana geben - sofern sie noch lebte - und dem Händler seine Maske zurückgeben. Nun verstand er, weshalb dieser Verkäufer so angestrengt dahinter her war, sie zurückzuerlangen. Natürlich war sie sein Eigentum, jedoch verfügte sie auch über magische Fähigkeiten, welche in den falschen Händen das Chaos anrichten würden - und getan hatten.
Okrai hatte sich kein bisschen verändert. Hatten die Moags die Stadt doch nicht erreicht? Was war aus ihnen geworden? Schon als er in die nächste Straße bog, sah er es. In regelmäßigen Abständen lagen die Kutten dieser Wesen auf dem Boden, allerdings war von den Moags nichts zu sehen. Waren sie verschwunden, als sich Pestis Nalla geholt hatte? So war es auch den Schattenwesen ergangen, als er das Relikt der Götter zerstört hatte.
Die Bewohner traten aus ihren Häusern hinaus. Sie hatten durch das Fenster gesehen, wie er die Stadt betreten hatte. Betroffen blieben sie stehen, als sie Sinalia sahen. Einige begannen sogar zu weinen. Sie hatten ihr scheinbar sehr nahe gestanden. Dann erblickte er Arana. Als sie ihn sah, lief sie auf ihn zu. Schon auf dem Weg zu ihm stiegen ihr die Tränen in die Augen.
»Oh, mein Gott! Sinalia! Was ist mit ihr passiert?«
Allan legte Sinalia auf den Boden und versuchte, ihre Kehle zu verdecken, doch Arana hatte sich längst auf ihre Ziehtochter gestürzt und weinte bitterlich.
»Es ... es tut mir unendlich leid, aber ich konnte nichts für sie tun.«
Allan wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen. Er wollte sie trösten, doch im nächsten Augenblick kamen die anderen Bewohner zu ihr und umsorgten sie. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Er wandte sich um.
»Schön, dass du wieder da bist«, sagte Nia. »Erzähl´ mir bitte, was passiert ist!«
Allan hatte Nia in die Gaststätte begleitet und berichtete ihr bei einer Tasse Tee in der Küche von Igo´ Rabtoris, dem Ältesten seiner Heimat, seinem Zwillingsbruder und seiner Herkunft. Mit offenem Mund saß sie da und folgte seiner Erzählung. Nachdem er sie beendet hatte, wartete er auf eine Reaktion. Als sie nach kurzer Schweigsamkeit zu sprechen begann, wünschte er sich, sie hätte den Mund gehalten. Eine Frage nach der anderen stürmte auf ihn ein. Er wusste nicht, welche er zuerst beantworten sollte. Also habe ich einen Zwilling? Wie ist sie? Sieht sie so aus wie ich? Haben wir denselben Charakter? Oder ist sie ganz anders? Allan erzählte ihr so viel wie möglich von der tylonischen Nia. Sie schien zufriedengestellt, denn sie stand auf. Sie wollte sich einen Tee nachschenken, als es plötzlich an der Anmeldung schellte. Jemand hatte die Klingel betätigt und wollte scheinbar ein Zimmer beziehen.
»Einen kleinen Augenblick bitte.« Nia verschwand an die Anmeldung und kam kurz darauf wieder zurück.
»Da ist jemand, der dich sehen will.«
Ihn sehen? Wer konnte das sein? Wollte Arana mit ihm reden? Sie lebte hier und kannte Nia, sie wäre mit Sicherheit direkt in die Küche gekommen, anstatt zu klingeln. Um sich Gewissheit zu verschaffen, begab er sich an die Anmeldung und konnte seinen Augen kaum glauben.
»Noma?«
Sie war es tatsächlich. Nicht die entstellte, mit Beulen übersäte Hexe aus dem Moor, sondern die wunderschöne Magierin, mit langem, glänzendem, grünem Haar. Ihr Kleid und ihre Haut zeigten
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