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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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wurden sogleich von Alphonse, der im übrigen zutiefst beleidigt war, daß wir ihm durch unser spätes Erscheinen sein ganzes herrliches Dinner vermasselt hatten (er betätigte sich nämlich inzwischen wieder als Koch), davon in Kenntnis gesetzt, daß Good von der Falkenjagd zurückgekommen war und schon seinen Wachtdienst aufgenommen hatte. Und da wir schon den diensthabenden Offizier der äußersten Palastwache beauftragt hatten, die Torwachen zu verdoppeln und somit keinen Grund für unmittelbare Gefahr sahen, entschlossen wir uns, Good jetzt nicht aufzuscheuchen und ihm die ganze Sache zu erzählen. Dies war ohnehin eine der delikaten Aufgaben, die man nur allzu gern auf einen späteren Zeitpunkt hinausschiebt. Wir schlangen also hastig unser Essen hinunter und begaben uns auf unsere Zimmer, um endlich unseren wohlverdienten Schlaf zu bekommen. Vorher jedoch bat Curtis noch den alten Umslopogaas, ein wenig die Umgebung von Nylephtas Privatgemächern im Auge zu behalten. Umslopogaas, der inzwischen überall im Palast gut bekannt war, hatte von Nylephta die Erlaubnis erhalten, alle Wachen im Palast ungehindert zu passieren, wann immer er wollte. Er bediente sich dieses Sonderrechts sehr häufig und streifte mit Vorliebe zu den stillen Stunden der Nacht in dem riesigen Bauwerk herum. Daß er dabei die Nachtstunden bevorzugte, war nicht weiter verwunderlich; ist dies doch ein weit verbreiteter Brauch bei Schwarzen überhaupt. Deshalb war nicht zu befürchten, daß seine Anwesenheit zu nächtlicher Stunde in den Gängen des Palastes Aufsehen erregen würde. Der Zulu nahm kommentarlos seine Axt und machte sich auf den Weg, und wir begaben uns endlich ins Bett.
    Ich hatte meinem Empfinden nach höchstens ein paar Minuten geschlafen, als ich mit einem seltsamen Gefühl äußersten Unbehagens aus den Kissen hochschreckte. Ich hatte das Gefühl, als sei jemand im Zimmer und beobachte mich. Zu meiner großen Überraschung graute schon der Morgen. Am Fuße meines Bettes stand niemand anderes als Umslopogaas. In dem fahlen Licht sah er besonders dürr und furchterregend aus.
    »Wie lange stehst du schon hier?« fragte ich mürrisch. Es ist nämlich nicht angenehm, auf solche Weise geweckt zu werden.
    »Vielleicht die Hälfte einer Stunde, Macumazahn. Ich muß dir etwas sagen.«
    »Schieß los!« sagte ich. Ich war jetzt hellwach.
    »Wie mir geheißen war, ging ich in der letzten Nacht zu dem Orte der Weißen Königin und verbarg mich hinter einem Pfeiler in dem zweiten Vorraum, hinter dem sich die Schlummerstätte der Königin befindet. Bougwan (Good) war allein in dem ersten Vorraum, und vor dem Vorhang dieses Raums stand ein Wachtposten. Ich aber wollte versuchen, ungesehen in den zweiten Vorraum zu kommen, und fürwahr, es gelang mir; ich glitt an beiden vorbei. Ich hatte dort viele Stunden gewartet, als ich plötzlich eine dunkle Gestalt bemerkte, die heimlich in den Raum geschlichen kam, direkt auf mich zu. Es war die Gestalt einer Frau, und in der Hand hielt sie einen Dolch. Hinter jener Gestalt schlich eine weitere Gestalt, die jedoch von der Frau nicht bemerkt wurde. Es war Bougwan, der ihr auf den Fersen war. Er hatte seine Schuhe ausgezogen, und für einen so fetten Mann schlich er sehr gut. Die Frau kam an mir vorüber, und das Licht der Sterne schien auf ihr Gesicht.«
    »Wer war es denn?« fragte ich ungeduldig.
    »Das Gesicht war das der ›Herrin der Nacht‹, und fürwahr, der Name ist gut gewählt.
    Ich wartete, und Bougwan schlich ebenfalls an mir vorüber. Dann folgte ich den beiden. Langsam und lautlos schlichen wir zu dritt durch das lange Zimmer. Zuerst die Frau, dann Bougwan, und dann ich; und die Frau sah Bougwan nicht, und Bougwan sah mich nicht. Dann kam die ›Herrin der Nacht‹ an die Vorhänge, die die Schlummerstätte der Weißen Königin verschließen, und streckte ihre Hand aus, um sie zu teilen. Sie schritt hindurch, und desgleichen tat Bougwan, und desgleichen tat ich. Am Ende des Raumes ist das Bett der Königin, und sie lag darauf, in tiefem Schlafe. Ich konnte hören, wie sie atmete, und sehen, wie einer ihrer weißen Arme auf der Decke lag, wie ein Streifen von Schnee auf trockenem Gras. Die ›Herrin der Nacht‹ duckte sich – so, wie ich es jetzt mache, und mit erhobenem Messer kroch sie auf das Bett zu. Sie blickte so starr darauf, daß sie nie auf den Gedanken kam, sich umzuwenden. Als sie ganz dicht bei dem Bette war, berührte Bougwan sie am Arm. Sie holte tief Atem und schnellte

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