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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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gleiche Los. Ich sage dir, es wird einen Bürgerkrieg geben, wie Zu-Vendis ihn seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen hat! Schau, dort!« Aus der Tür, die zu Sorais' Privatgemächern führte, kamen in diesem Moment zwei Boten, die sich schnellen Schrittes entfernten. »Folge mir!« rief ich, nahm mein Fernglas und rannte so schnell es ging die Treppe hoch auf einen Aussichtsturm, der sich direkt über unseren Gemächern befand. Von dem Turm aus konnte ich gut über die Palastmauer schauen. Das erste, was ich sah, war einer der Boten, der in Richtung Tempel lief. Ohne Zweifel trug er eine Botschaft von Sorais an Agon, den Hohepriester, bei sich. Nach dem anderen Boten hielt ich zunächst vergeblich Ausschau. Im selben Moment jedoch erspähte ich einen Reiter, der in vollem Galopp durch das nördliche Stadttor davonsprengte; es war der andere Bote.
    »Aha!« rief ich. »Sorais ist eine Frau, die Mut und Geistesgegenwart besitzt; sie handelt schnell, und sie wird flugs und unbarmherzig zuschlagen! Du hast sie tief gekränkt, mein Sohn, und das Blut wird in Strömen fließen, bis dieser Schandfleck wieder weggewaschen ist, und deines wird dabeisein, sollte es ihr gelingen, deiner habhaft zu werden. Ich laufe jetzt auf der Stelle zu Nylephta. Du bleibst, wo du bist, alter Knabe, und siehst zu, daß du deine Nerven wieder in Ordnung kriegst. Du wirst sie noch brauchen, das versichere ich dir. Wenn nicht, dann habe ich fünfzig Jahre meines Lebens die menschliche Natur umsonst beobachtet und studiert.«
    Ich hatte keine Schwierigkeiten, eine Audienz bei der Königin zu bekommen. Sie erwartete Curtis und war nicht gerade darüber erbaut, statt dessen mein Gesicht im Türrahmen zu erblicken.
    »Stimmt etwas nicht mit meinem Gebieter, Macumazahn? Warum macht nicht er mir seine Aufwartung? Sprich, ist er krank?«
    Ich sagte ihr, es ginge ihm gut, und dann kam ich ohne Umschweife zum Thema und erzählte ihr alles vom Anfang bis zum Ende. Sie hätten sehen sollen, wie wütend sie wurde! Sie sah in ihrem Zorn anmutiger denn je aus.
    »Wie kannst du es wagen, mir mit einer solchen Geschichte zu kommen!« schrie sie wutentbrannt. »Es ist eine Lüge, zu behaupten, mein Gebieter habe meiner Schwester Sorais seine Liebe zu ihr offenbart!«
    »Verzeih, o Königin«, erwiderte ich, »ich sagte, daß Sorais ihm ihre Liebe offenbarte!«
    »Versuche Er nicht, mich mit Wortklauberei zu verwirren! Ist es nicht einerlei, wer wem seine Liebe offenbart hat? Der eine gibt, der andere nimmt; die Gabe jedoch bleibt dieselbe. Was tut es da zur Sache, wer der Schuldigere von beiden ist? Sorais! Oh, wie ich sie hasse! Sorais, meine Schwester, eine der Königinnen von Zu-Vendis! Sie wäre niemals so weit gegangen, hätte er sie nicht dazu ermuntert und ihr den Weg gewiesen! Oh, wie recht doch der Dichter hat, wenn er sagt, der Mann sei wie eine Schlange! Niemand kann ihn halten, und ihn zu berühren ist Gift!«
    »Eine treffende Bemerkung, o Königin, doch mich deucht, du hast den Dichter nicht richtig gelesen. Nylephta«, fuhr ich fort, »du weißt sehr wohl, daß deine Worte leer und töricht sind, und ebenso weißt du auch, daß jetzt nicht die Zeit für solcherlei Narretei ist.«
    »Wie kannst du es wagen!« platzte sie heraus und stampfte mit dem Fuß auf. »Hat dein feiner Herr dich zu mir gesandt, damit du mich auch noch beleidigst? Wer bist du, Fremder, daß du dich erkühnst, so mit der Königin zu sprechen? Wie kannst du es wagen!«
    »Nun, du siehst, ich wage es. Und nun hör mit gut zu! Die Zeit, die du mit deinem törichten Zorn vergeudest, kann dich sehr wohl deine Krone und uns alle unser Leben kosten. Schon sind Sorais' berittene Boten unterwegs, die Männer zu den Waffen zu rufen! In spätestens drei Tagen wird Nasta sich drohend erheben wie der Löwe am Abend, und sein Brüllen wird durch den ganzen Norden hallen. Die ›Herrin der Nacht‹ hat eine betörende Stimme, und sie wird nicht vergebens singen. Ihr Banner wird von Berg zu Berg und von Tal zu Tal getragen werden, und überall, wo es auftaucht, werden Krieger in hellen Scharen herbeiströmen, wie der Staub im Gefolge des Wirbelsturmes. Die halbe Armee wird ihr begeistert zujubeln, und in jeder Stadt und in jedem Flecken dieses Landes werden die Priester ihre Stimme gegen die Fremdlinge erheben und Sorais' Sache zu einem heiligen Feldzug erklären. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte, o Königin!«
    Nylephta war ganz ruhig geworden; ihre eifersüchtige Wut war vollends

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