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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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anbetrifft – ich kann nur eines dazu sagen: Es war von solcher Schönheit, daß wohl kaum ein Mann auf der Welt, der es einmal gesehen hat, es je wieder vergessen kann. Ihr Haar, eine wahre Krone leuchtenden Goldes, umkräuselte in kurzen Ringellocken ihren wohlgeformten Kopf und verbarg zur Hälfte ihre elfenbeinerne Stirn, unter der zwei Augen von tiefem, prachtvollen Grau in majestätischer Sanftheit schimmerten. Ich will gar nicht erst versuchen, ihre übrigen Gesichtszüge zu beschreiben, möchte jedoch noch einige Worte ihrem Mund widmen. Er war süß, dabei von hinreißender Form; er war geschwungen wie Cupidos Bogen. Über ihrer ganzen Erscheinung lag eine unbeschreibliche Aura liebevoller Zärtlichkeit, erhellt noch von einem Hauch sanften Humors, der auf ihren Zügen lag wie ein leiser Anflug von Silber auf einer rosa Wolke.
    Sie trug keine Edelsteine, doch um ihren schwanengleichen Hals, ihren alabasternen Arm und ihren weiß schimmernden Unterschenkel hatte sie die üblichen Ringe aus Gold, welche in ihrem Falle in der Form einer Schlange gearbeitet waren. Ihr Kleid aus feinstem weißen Linnen war verschwenderisch mit goldenen Stickereien versehen, von denen einige das schon beschriebene Sonnenemblem darstellten.
    Ihre Zwillingsschwester Sorais verkörperte den anderen, dunklen Typ von Schönheit. Ihr Haar war gelockt wie das von Nylephta, jedoch von pechschwarzer Farbe. Es fiel ihr dicht und schwer über die Schultern. Ihre Gesichtsfarbe ging ins Oliv, und ihre großen, dunklen Augen hatten einen tiefen, geheimnisvollen Glanz. Ihre vollen, üppigen Lippen hatten einen – wie mir schien – grausamen Ausdruck. Auf eine hintergründige Weise ging von ihren Zügen, so ruhig, ja kalt sie auch schienen, eine Ausstrahlung tief im Verborgenen schlummernder Leidenschaft aus; unwillkürlich fragte ich mich, wie es wohl aussehen würde, wenn irgend etwas geschähe, was diese gebändigte Leidenschaft erweckte. Ihr Gesicht erinnerte mich an die tiefe See, die selbst unter blauestem Himmel niemals das sichtbare Gepräge ihrer Macht und Stärke verliert, und die auch in ihrem leise murmelnden Schlaf erfüllt ist vom Geiste des Sturmes. Ihre Figur war wie die ihrer Schwester von absoluter Vollendung, vielleicht ein wenig runder, und ihr Kleid war dem ihrer Schwester völlig gleich.
    Als dieses liebreizende Paar seinem Thronsessel zustrebte, herrschte in der Halle absolute Stille. Ich war geneigt, mir einzugestehen, daß sie in der Tat genau meine Vorstellung wahrer Königswürde verkörperten. Und wahrhaft königlich waren sie in jeder Hinsicht – in ihrer Gestalt, in ihrer Anmut und in ihrer königlichen Erhabenheit und dem barbarischen Glanze des sie umgebenden Pompes. Mir schien es, als hätte es keiner Leibwache und keines Goldes bedurft, ihre Macht zur Schau zu stellen und die Loyalität widerspenstiger und eigensinniger Männer zu gewinnen. Ein Blick aus jenen strahlenden Augen oder ein Lächeln jener süßen Lippen, und solange das rote Blut in den Adern der Jugend fließt, wird es solchen Frauen niemals an Untertanen ermangeln, die bereit sind, ihre Wünsche selbst auf die Gefahr des Todes hin zu erfüllen.
    Aber schließlich waren sie doch in erster Linie Frauen, und erst dann Königinnen, und somit auch nicht gegen weibliche Neugier gefeit. Als sie zu ihren Thronsesseln schritten, sah ich, daß sie beide ganz schnell und verstohlen in unsere Richtung blickten. Ich sah auch, daß mich ihr Blick nur streifte, da es doch an der Person eines unscheinbaren, ergrauten alten Mannes nichts gab, das ihn hätte fesseln können. Mit unverhohlenem Staunen hingegen blieb er an der Gestalt des grimmigen Riesen Umslopogaas haften, der zum Gruße seine Axt herhob. Dann wurde ihr Blick von dem prächtigen Gewand Goods angezogen, und eine Sekunde lang hing er auf ihm wie eine Biene über dem Kelch einer Blüte, bevor er wie ein Blitz dahin schoß, wo Sir Henry Curtis stand. Das Sonnenlicht, das durch ein Fenster hereindrang, spielte auf seinen hellblonden Haaren und auf seinem Spitzbart und zeichnete die Umrisse seines kräftigen, großgewachsenen Körpers gegen das Zwielicht der irgendwie düster wirkenden Halle. Er hob die Augen, und voll traf sein Blick den Nylephtas. Dieses war das erste Mal, daß sich der schönste Mann und die schönste Frau, die je zu sehen mir vergönnt war, einander in die Augen schauten. Und ich weiß nicht warum, aber ich sah, daß das Blut Nylephta ins Gesicht schoß, wie das rote Licht der

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