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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Morgensonne den Himmel überflutet. Ein sanftes Rot trat auf ihren alabasternen Busen und auf ihren wohlgeformten Arm, und auch ihr schwanengleicher Hals errötete heftig; ihre sanft geschwungenen Wangen bekamen die Farbe einer Rosenblüte, und dann versank die rote Flut wieder so, wie sie gekommen war und ließ sie bleich und zitternd zurück.
    Ich warf einen verstohlenen Blick auf Sir Henry. Auch er war heftig errötet.
     

     
    Lieber Himmel! dachte ich, die Ladys sind auf den Plan getreten, und jetzt brauchen wir nur noch abzuwarten, wie sich das Intrigenspiel ganz von selbst entwickelt. Und mit einem Seufzen schüttelte ich den Kopf; denn ich wußte, daß die Schönheit einer Frau wie die Schönheit eines Blitzes ist – zerstörerisch und nur allzuoft die Ursache von Kummer und Gram. Ich war noch tief in solcherlei Gedanken versunken, als sich die beiden Königinnen schon auf ihren Thronsesseln niedergelassen hatten; all dies, wovon ich soeben berichtet habe, hatte kaum mehr als zehn Sekunden gedauert. Erneut erschollen die unsichtbaren Fanfaren, und dann nahm der ganze Hof wieder auf den Stühlen Platz, und Königin Sorais bedeutete uns mit einer Geste, uns ebenfalls hinzusetzen.
    Als nächstes trat unser Führer, jener alte Mann, der uns in den Hafen geschleppt hatte, aus der Menge, in die er sich zurückgezogen hatte, hervor; an der Hand hielt er das Mädchen, dem wir ganz zuerst begegnet waren, und das wir später vor dem Flußpferd gerettet hatten. Er machte eine tiefe Verbeugung und sprach dann zu den beiden Königinnen. Offensichtlich beschrieb er ihnen, wie und wo wir entdeckt worden waren. Es war höchst amüsant zu beobachten, wie sich die Verblüffung, vermengt mit Furcht, auf ihren Gesichtern widerspiegelte, während sie seinem Bericht gespannt lauschten. Es war ihnen natürlich ein absolutes Rätsel, wie wir den See erreicht hatten, und wahrscheinlich schrieben sie unsere Anwesenheit übernatürlichen Kräften zu. Nun kam, wie ich aus der Häufigkeit schloß, mit der unser Führer auf das Mädchen deutete, der Bericht auf den Punkt zu sprechen, wo wir die Flußpferde erschossen hatten, und sogleich fiel uns auf, daß es mit diesen Flußpferden irgend etwas Besonderes auf sich gehabt haben mußte; denn nun wurde der Bericht häufig durch zornige Ausrufe aus den Reihen der Priester unterbrochen, und auch aus den Reihen der Höflinge ertönte hier und da ein Ruf der Entrüstung. Die beiden Königinnen hingegen hörten mit vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen zu, besonders, als der alte Mann auf unsere Gewehre zeigte. An dieser Stelle möchte ich, um die Sache gleich klarzustellen, erklären, was es mit den Flußpferden auf sich hatte. Die Bewohner von Zu-Vendis sind Sonnenanbeter, und aus irgendeinem Grund gilt das Flußpferd bei ihnen als heiliges Tier. Nicht, daß sie es nicht töteten – im Gegenteil; in einer bestimmten Jahreszeit schlachten sie die Tiere, die eigens zu diesem Zwecke in großen Seen im Hochland gehalten werden, gleich zu Tausenden ab und benutzen ihre Häute zur Herstellung von Panzern für die Soldaten – aber dies hält sie nicht davon ab, dieses Tier als ein der Sonne geweihtes Wesen anzusehen * . Und wie es das Pech nun einmal gewollt hatte, gehörten die Flußpferde, die wir erlegt hatten, zu einer Familie von zahmen Tieren, die in der Hafenmündung gehalten und tagtäglich von Priestern gefüttert wurden, deren einzige Aufgabe darin bestand, für eben diese Tiere, die wir nun erschossen hatten, zu sorgen. Schon als wir die Tiere erschossen hatten, war mir aufgefallen, wie eigenartig zahm sie waren. Der Grund dafür war nun natürlich völlig klar. So hatten wir also das genaue Gegenteil dessen bewirkt, was wir eigentlich erreichen wollten: statt einen imponierenden Eindruck zu hinterlassen, hatten wir ein unverzeihliches Sakrileg begangen.
    Als unser Führer mit seinem Bericht fertig war, erhob sich der Greis mit dem langen Bart und der runden Kappe, den ich bereits beschrieben habe, und der, wie ich ebenfalls bereits sagte, der oberste Priester des Landes war, Agon mit Namen, von seinem Platze und hielt eine leidenschaftliche Rede. Der Ausdruck seiner kalten, grauen Augen, deren Blicke uns zwischendurch fixierten, gefiel mir überhaupt nicht. Er hätte mir noch viel weniger gefallen, hätte ich gewußt, daß er gerade dabei war, im Namen der schändlichst beleidigten Ehre seines Gottes mit bewegten Worten zu fordern, daß wir alle fünf geopfert werden sollten, indem

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