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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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der zweiten Flucht verband. Hier hielten wir für einen Augenblick an, um aus luftiger Höhe den herrlichen Anblick zu genießen, den einer der schönsten Landstriche, den diese Welt wohl besitzt, dem Auge des Betrachters darbot. Das Ganze war eingerahmt von dem herrlich blauen Wasser des Sees. Alsdann begaben wir uns zum Anstieg auf die zweite Treppenflucht, und schließlich erreichten wir die Spitze, wo wir eine große Fläche vorfanden, zu der es drei Zugänge gab, die alle recht klein waren. Zwei davon führten auf schmale Galerien oder Fahrwege, die man in die Vorderseite des Felsens gehauen hatte. Sie verliefen längs der Palastmauern und mündeten in die Hauptverkehrswege der Stadt. Sie wurden von den Bewohnern benutzt, die zwischen den Hafenanlagen und dem Palast verkehrten. Sie waren mit großen Toren aus Bronze gesichert; darüber hinaus war es, so erfuhren wir später, möglich, ganze Abschnitte der Fahrwege selbst hinunterzulassen, indem man bestimmte Riegel und Schließhaken löste. Auf diese Weise konnte man etwaigen Angreifern den Zugang versperren. Der dritte Zugang bestand aus einer Treppenflucht aus zehn halbkreisförmigen schwarzen Marmorstufen, die zu einer Pforte in der Palastmauer führten. Die Mauer war für sich genommen schon ein Kunstwerk; sie bestand aus riesigen, an die vierzig Fuß hohen Granitblöcken und war so gebaut, daß die Außenseite eine Konkavwölbung aufweist, was ein Erklimmen der Mauer unmöglich macht.
    Unser Führer geleitete uns nun zu dieser Pforte. Die Tür aus massivem Holz, die zusätzlich noch durch ein Außentor aus Bronze geschützt wurde, war geschlossen. Als wir uns ihr jedoch näherten, wurde sie von innen geöffnet. Es erscholl der Anruf eines Wachtpostens. Gleichzeitig stellte dieser sich uns in den Weg, und wir hatten die Gelegenheit, ihn uns näher zu betrachten. Er war bewaffnet mit einem schweren Speer, dessen Spitze, ähnlich wie ein Bajonett, die Form eines Dreikants hatte, und mit einem kurzen Schwert. Brust und Rücken waren mit Platten aus sorgfältig präpariertem Flußpferdleder geschützt. Ein kleiner runder Schild aus demselben Material vervollständigte seine Ausrüstung. Das Schwert erregte auf der Stelle unsere Aufmerksamkeit; es war praktisch identisch mit dem, das sich im Besitz von Mr. Mackenzie befand, jener Waffe also, die der unglückliche Wanderer bei sich gehabt hatte. Das Schwert des Wachtpostens war mit den gleichen unverwechselbaren, mit Gold ausgelegten Durchbrüchen versehen. Also hatte der Wanderer doch die Wahrheit gesprochen.

     
    Unser Führer gab das Losungswort, woraufhin der Wachtposten den Eisenschaft seines Speers zum Salut mit einem klirrenden Geräusch auf das Pflaster stieß; wir durften passieren. Durch die dicke Mauer marschierten wir in den Hof des Palastes. Dieser maß etwa vierzig Yards im Quadrat und war ganz mit Blumenbeeten und Sträuchern angelegt. Viele der Pflanzen waren mir völlig unbekannt. Mitten durch diesen parkähnlichen Palasthof verlief ein breiter Pfad, den man anstelle von Kies mit zerriebenen Muscheln bestreut hatte. Die Muscheln stammten wahrscheinlich aus dem See. Wir schritten den Pfad entlang und kamen an einen zweiten Eingang, über dem sich ein schwerer Torbogen wölbte. Anstelle einer Tür befanden sich vor diesem Eingang schwere Vorhänge. Dahinter folgte ein kurzer Korridor, und dann standen wir in der großen Halle des Palastes. Und wieder waren wir überwältigt von dem schlichten und doch so eindrucksvollen Glanz der Architektur dieses Volkes.
    Die Halle war – das erfuhren wir später – hundertfünfzig Fuß lang und achtzig Fuß breit. Sie hatte eine wunderschön gewölbte Decke aus reichlich mit Schnitzwerk versehenem Holz. Auf beiden Längsseiten der Halle waren in einem Abstand von zwanzig Fuß von der Wand in langer Reihe schlanke Säulen aus schwarzem Marmor angeordnet, die bis zur Decke reichten, sehr schön kanneliert und mit reich verzierten Kapitälen. An dem einen Ende dieser großen Säulenhalle befand sich die Skulptur, die ich schon erwähnt habe: jene Gruppe, die Rademas zur Erinnerung an den erfolgreichen Bau der Brücke schuf. Die Schönheit dieses Werkes raubte uns fast den Atem; in sprachloser Bewunderung standen wir vor ihm. Die Gruppe, deren Figuren weiß waren (der Rest der Statue war aus schwarzem Marmor), hatte ungefähr anderthalbfache Lebensgröße. Eine der Figuren stellte einen jungen Mann mit edlen Gesichtszügen und vollendeter Gestalt dar, der

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