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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Rahmen stand ein Bediensteter, der uns durch Handzeichen zu verstehen gab, daß er uns ins Bad führen wollte. Hocherfreut stimmten wir zu, und dann geleitete er uns in einen prachtvollen Raum aus Marmor, in dessen Mitte sich ein eingelassenes Becken mit fließendem, kristallklarem Wasser befand. Voller Freude sprangen wir hinein und taten uns in dem klaren Wasser gütlich. Als wir gebadet hatten, gingen wir wieder in unser Gemach und kleideten uns an. Danach gingen wir wieder in den zentralen Saal, in dem wir am Abend zuvor schon gespeist hatte und fanden den Frühstückstisch bereits fertig gedeckt vor. Herrliche Köstlichkeiten hatte man da für uns aufgetragen, und ich bin außerstande, all die verschiedenen Gerichte zu beschreiben! Nach dem Frühstück bummelten wir ein wenig in den umliegenden Gemächern umher und bewunderten die kostbaren Wandbehänge und Teppiche und mehrere herrliche Statuen, die überall die Räume zierten, und fragten uns, was uns wohl als nächstes an Überraschungen erwarten würde. Zu diesem Zeitpunkt befanden wir uns bereits in einem solchen Zustand völliger Verblüffung, daß uns in der Tat kaum noch etwas hätte aus der Fassung bringen können. Wir waren wirklich auf so ziemlich alles gefaßt, nach all dem, was wir in dieser kurzen Zeit schon in Milosis erlebt, und gesehen hatten. Während wir noch alle möglichen Mutmaßungen anstellten, erschien unser Freund, der Hauptmann der Leibgarde, auf dem Plan und machte uns unter zahlreichen Ehrfurchtsbezeugungen klar, daß wir ihm folgen sollten, was wir auch mit recht gemischten Gefühlen und einigem Herzklopfen taten. Wir glaubten, daß nun die Stunde gekommen wäre, in der wir mit unserem alten Freund Agon, dem Hohepriester, die Rechnung wegen der verdammten Flußpferde begleichen mußten. Uns blieb jedenfalls keine Wahl; ändern konnten wir ohnehin nichts daran, und ich persönlich tröstete mich vorerst mit dem Gedanken, daß die königlichen Schwestern uns ihren Schutz zugesagt hatten, wußte ich doch nur zu gut, daß Frauen, die ihren Willen durchsetzen wollen, im allgemeinen auch einen Weg dazu finden. Wir machten uns also schicksalsergeben auf den Weg. Nachdem wir etwa eine Minute durch einen Flur und einen Außenhof gegangen waren, erreichten wir die großen zweiflügeligen Außentore des Palastes, hinter denen die breite Allee beginnt, die bergan mitten durch das Herz von Milosis und schließlich zum Sonnentempel führt, der etwa eine Meile vom Palast entfernt ist, von wo aus sie den Abhang auf der Rückseite des Tempels nimmt und geradewegs zur Stadtmauer von Milosis verläuft.
    Diese gewaltigen, massiven Torflügel stellen ein außerordentlich kunstvolles Meisterwerk aus Metall dar. Zwischen den beiden Toren – eines befindet sich am Eingang der inneren Mauer, das andere an dem der äußeren – verläuft ein fünfundvierzig Fuß breiter Graben. Dieser Graben ist mit Wasser gefüllt und wird von einer Zugbrücke überspannt. Wenn diese hochgezogen ist, dann ist der Palast so gut wie uneinnehmbar, es sei denn, man beschösse ihn mit Belagerungskanonen.
    Als wir an das Tor traten, wurde jeweils ein Flügel der beiden gewaltigen Tore geöffnet, und als wir über die Zugbrücke ins Freie gelangt waren, bot sich unseren Augen der eindrucksvolle Anblick einer der schönsten Straßen der Welt – wenn nicht der schönsten überhaupt. Sie mißt in der Breite hundert Fuß. An beiden Seiten stehen in langen Reihen wunderschöne einstöckige Wohnhäuser aus rotem Granit – nicht, wie es bei uns in Europa üblich ist, dicht an dicht aneinandergezwängt, sondern jeweils auf einem eigenen, abgegrenzten Grundstück, mit jeweils gleichem Abstand zueinander. Diese Häuser, alle im gleichen Stil gebaut, beherbergen die Stadtwohnungen der Adeligen des Hofes. Sie flankierten zu beiden Seiten in ununterbrochener Reihe die Prachtstraße, bis das Auge angehalten wurde von dem überwältigenden Anblick des Sonnentempels, der wie eine Krone am Ende der Straße auf der Anhöhe ruhte.
    Während wir noch geblendet von dem prächtigen Anblick in der Toreinfahrt standen, kamen mit einem Male vier Wagen herangebraust, jeder von zwei Schimmeln gezogen. Diese Wagen waren aus Holz und hatten zwei Räder. Das Gewicht der kräftigen Deichsel ruhte auf Ledergurten, die einen Teil des Geschirrs bildeten. Die Räder, die nur vier Speichen hatten, waren mit Eisen bereift und bar jeder Federung. Im Vorderteil des Wagens, direkt über der Deichsel, befand sich ein

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