Alle Familien sind verkorkst
gerade du solltest wissen, dass die Leute praktisch jede Summe für fast alles zahlen.«
»Was soll das denn heißen?«
»Hach, sind wir gereizt. Der Käufer könnte ein reicher, statusgeiler Saudi sein, der sich ein soziales Lifting verpassen will. Er könnte auch ein Vertreter einer englandfeindlichen Splitterpartei sein, die mit dem Brief eine politische Gefälligkeit erpressen will. Oder der Erbe einer Billigkaufhauskette, der mal in eine Engländerin verliebt war. Wer weiß? Vielleicht ist es Franklin Mint, das größte Versandhaus für Sammelobjekte, und vielleicht wollen die ihn haben, damit sie lizensierte Kopien herstellen können.«
»Es ist dieser Kraut in Lyford Cay«, sagte Wade. »Stimmt's? Florian.«
»Du hast heute wirklich telepathische Fähigkeiten, Wade. Vielleicht kannst du damit den Umschlag durchdringen.«
»Was ist Lyford Cay?«, fragte Bryan.
»Das ist die Reiche-Leute-Gegend der Bahamas«, sagte Wade.
Doch das interessierte Bryan gar nicht. Er fragte Norm: »Können Sie ihn nicht mit Wasserdampf öffnen?«
»Nein«, sagte Norm. »Wir konnten unter anderem nur deshalb zehn Millionen Dollar dafür fordern, weil wir dem Besitzer garantieren, dass der Inhalt des Briefs ihm allein bekannt ist.«
Ted fragte: »Wie kommt man überhaupt an so einen Brief?«
»Sie wurde eingeäschert«, sagte Norm. »Das örtliche Krematorium wurde für einen Abend gemietet. Es ging ziemlich chaotisch zu. Da kommt schon mal was abhanden. Und so weiter.«
»Warum sollten sie sie eingeäschert haben? Ich dachte, sie wurde auf einer kleinen Insel in einem See beerdigt.«
»Bryan, glaubst du ernsthaft, die königliche Familie ist erpicht darauf, dass DNS wie die ihre einfach so herumliegt? Der Geheimdienst hat höchstwahrscheinlich ihr Boudoir nach alten Zehennagelschnipseln durchsucht und sie in der Toilette runtergespült. Prince Charles wird vermutlich ohnehin geklont wie ein Batteriehuhn. Das Königshaus wird von der Biotechnologie entweder enorm profitieren - oder es wird komplett von der Bildfläche verschwinden. Wie auch immer, wir sind Amerikaner. Der Abscheu vor der Monarchie wurde uns quasi in die Wiege gelegt.«
»Ist das traurig«, sagte Wade.
»Och, bu-hu. Bringt ihn einfach bis morgen Abend für mich auf die Bahamas. Du weißt ja, wo er wohnt.« »Was springt für uns dabei raus?«, fragte Ted. »Ein Prozent des Erlöses. In bar.« »Wir machen's«, sagte Ted.
»Was meinst du mit ›wir ‹ ?«, fragte Wade, der sich mehr als über alles andere darüber ärgerte, wie Dad das Ruder an sich gerissen hatte. »Wessen Job ist das hier eigentlich?«
Ted sagte: »Wir hängen alle mit drin, Wade.«
»Was für eine liebevolle Atmosphäre«, sagte Norm mit einem väterlichen Lächeln.
»Norm, warum bringst du ihn nicht einfach selbst hin?«, fragte Wade.
»Weil, kleiner Wade, die Gendarme auf den Bahamas mich viel zu gut kennen. Du weißt doch, wie unangenehm die Leute dort wegen ein paar, wie soll ich sagen, ›nicht bezahlten Strafzetteln ‹ werden können. Ihr drei werdet meine Mittelsmänner sein.«
Wade ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Da ist doch noch was anderes, oder?«
»Ja, allerdings«, sagte Norm. »Dachte ich's mir doch. Und was?«
»Also, die Sache ist die« - Norm senkte seine Stimme um eine Oktave - »eigentlich dürfte ich diesen Brief gar nicht haben.«
»Sag's nicht - die Leute, deren Eigentum dieser Brief in Wirklichkeit ist - falls Eigentum in diesem Fall überhaupt das richtige Wort ist - wollen ihn zurück.«
»Das könnte man so sagen.«
Wade sah seinen Vater an, dessen Blick ihm verriet, dass er bereits die Kasse klingeln hörte.
»Ihr drei werdet richtig Spaß haben«, sagte Norm. »Ich nehme an, ihr trefft euch nicht allzu oft.«
»Wann haben wir das letzte Mal etwas zusammen unternommen - nur wir drei?«, fragte Bryan.
»O Mann -« Ted hasste solche Fragen.
Wade sagte: »Wir haben im Odeon Diamantenfieber gesehen.«
Norm sagte: »Das muss ein Witz sein. Der Film ist spätestens 1973 angelaufen.«
Wade sagte: »Zum praktischen Teil: Wie kommen wir auf die Bahamas? Wenn wir wirklich mitmachen, schlage ich vor, dass wir uns beeilen, denn wir können nur bei Tageslicht rüberfliegen. Wir sollten so schnell wie möglich an die Ostküste fahren.«
»Wie kommt es, dass du so gut Bescheid weißt?«, fragte Ted.
Wade schwieg.
»Lasst uns einfach in der Stadt einen Jet chartern«, sagte Bryan.
»Ja, wir mit unseren goldenen Kreditkarten«, sagte
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