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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Daddy von ihm hält? Und muss er sich dabei so verdammt lächerlich aufführen?
    Die geschlechtslose männliche Stimme aus dem Lautsprecher beschrieb lautstark ein polynesisches Wunderland zur Linken und eine gigantische Blockhütte im Rocky-Mountains-Stil zur Rechten. Wade sann über seinen Vater nach. Was hätte die Welt Ted Drummond und Männern wie ihm denn zu bieten, einem Mann, dessen Nutzen für die Gesellschaft irgendwann zur Zeit von Windows 95 verpufft war? Golf? Gold? Börsendaten rund um die Uhr? Segelboote? Ein paar Extra-Jahrzehnte Leben? Was hatte so ein Macho denn über einen gewissen Punkt hinaus von der Gesellschaft zu erwarten? Oder auch von Florida - dem Land gigantischer Wissenschaftsvorhaben, die Leute wie sein Vater und dessen Golffreunde ausgebrütet hatten - eine Region, mit der es unübersehbar bergab, jedoch gleichzeitig stürmisch bergauf ging. Wade durchstöberte seinen mentalen Schnappschussindex von dieser Gegend, seine Erinnerungen an schwachsinnige Themenpark-Attraktionen, Crack-Höhlen, das Space-Shuttle, vor wertlosem Krempel berstende Einkaufszentren, Autobahnen, die ineinander verschlungen waren wie Elektrokabel, und die täglichen Abendnachrichten, die ihm vorkamen wie ein immer wiederkehrender Fiebertraum. Er dachte an die sengende Sonne und die schönen, todbringenden Kreaturen, die im trüben Wasser lauerten wie Blutergüsse, die darauf warteten, an die Oberfläche zu steigen.
    Wades Bieper ertönte, und er nahm eine 3TC -Kapsel, die er mit dem Bodensatz einer Dose Orangenlimonade herunterspülte. Er fühlte sich seekrank und schrieb das der Fahrt mit dem Monorail zu, der jetzt in einen großen, A-förmigen Betonbau einlief, den er vor dreißig Jahren mal im Fernsehen gesehen hatte. Früher war ihm das Hotel als die Zukunft erschienen, und jetzt sah es bloß aus wie ... irgendein Gebäude. Er hätte nie damit gerechnet, dieses Bauwerk zu Lebzeiten zu Gesicht zu bekommen, und jetzt war er mittendrin.
    Die Monorail-Bahn hielt am Magic Kingdom, und sie stiegen aus. Wade fiel das Gespräch wieder ein, das er vor seinem Aufbruch nach Disney World mit Beth geführt hatte: »Keine krummen Sachen, ist das klar? Es interessiert mich nicht, was für einen Deal du für deinen Dad arrangiert hast, aber du hältst dich da raus. Kapiert? Und es ist mir egal, wie viel Geld wir der Fortpflanzungsklinik oder wem auch immer schulden - ich will nicht, dass du im Knast sitzt oder auf der Flucht bist. Verstanden?« »Mir passiert schon nichts.«
    »Iss kein Junkfood. Du weißt, was die Klinik über Junkfood gesagt hat.« »Ich weiß.«
    Ted und Bryan suchten sich ein schattiges Fleckchen, wo es keinen Deut kühler war. Um sie herum schäumte eine Gischt von Vater-Mutter-Kind-Familien. Wade fragte sich unwillkürlich: Wie viele dieser Väter flüstern im Büromaterialienlager Schweinereien in die Ohren von weiblichen Aushilfen? Wie viele verbringen ihre Mittagspausen in Motels? Und die Mütter - wie viele sind dabei, sich zum einsamen Mittagessen in der Küche, ein Glas Chardonnay anzugewöhnen? Wie viele fühlen sich eingesperrt und ungeliebt? Wie viele sind geradezu krank vor Eifersucht auf »dieses clevere junge Mädchen, das gerade die Marketing-Abteilung mit frischen Ideen auf den Kopf gestellt hat« ? - Dieses clevere junge Mädchen mit einer Zukunft so groß wie Montana und Beinen wie Bambis Mutter?
    Die Stimme seines Vaters unterbrach seine Gedanken: »Woher kennst du eigentlich diesen Norm?«
    »Aus Kansas City.«
    »Was macht er?«
    Was macht Norm? »Norm verdient seinen Lebensunterhalt mit Norm sein. Er lebt jetzt in Tampa.« »Er ist unpünktlich.«
    »Nein, ist er nicht. Wir sind nur auf die Minute pünktlich das ist ein bisschen was anderes.«
    Wumml Aus heiterem Himmel lärmte eine Parade los, wie ein Wohnzimmer, das sich in eine Überraschungsparty verwandelt.
    »Wenn man in diesen Park einen Stummschalter einbauen würde, wäre er vielleicht ganz okay«, sagte Ted. Seine Stimme wurde lauter. »Holla, jetzt guck dir die Möpse der Kleinen Meerjungfrau an.«
    »Das mit den Meerjungfrauen hab ich nie begriffen«, sagte Bryan. »Ich meine, wie soll man es denen denn besorgen? Und außerdem - sie hat 'n tollen Vorbau und so, aber sie ist zur Hälfte Fisch.«
    »Bryan, sie ist eine gottverdammte Zeichentrickfigur, du Knallkopf.« Ted war so gar nicht in Bryan-Stimmung. Bald hatten die beiden nur noch Augen für die Schöne, die auf einem fahrbaren Balkon zusammen mit dem Tier an ihnen

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