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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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baggerte wie blöd Janet an. Ted stand neben der Musiktruhe, die er an jenem Nachmittag gekauft hatte, und erzählte einem Häufchen Menschen unanständige Witze. Wade hatte seinem Vater geholfen, das Gerät anzuschließen.
    Kitty Henry fabrizierte ein Zigarettenbrandloch in Moms Lieblingscouch, und Helena, Moms beste Freundin, machte sich schamlos an Russ Hallaway heran, einen allein stehenden Romeo mit einem Baumpflegebetrieb, der Gerüchten zufolge ein ovales Bett hatte.
    All das passierte in dem Moment, als der Polizeiwagen mit Blaulicht und Wade auf dem Rücksitz in die Auffahrt einbog. Die Haustür stand an jenem Abend offen, um sowohl frische Luft wie auch verwirrte Motten hereinzulassen. Als die Gäste das Blaulicht des Polizeiwagens bemerkten, lösten sie sich von ihrer jeweiligen Clique und drängten zur Tür. In diesem Moment war die Herb-Alpert-Platte zu Ende, und der schrille Partylärm von eben wurde zu einem leisen und neugierigen Summen.
    Ted war zusammen mit ein paar Gästen aus der Tür getreten. Ein Polizeibeamter entriegelte gerade die Hintertür des Streifenwagens, worauf Wade, die langen Haare vor dem Gesicht, aus dem Wagen sackte. Der Beamte und sein Partner sprachen mit Ted, der daraufhin Wade mit der vollen Wucht seines Brustkastens und seiner Schultern einen Schlag in den Nacken versetzte, welcher den Jungen quer über den Rasen schleuderte. Die Gäste verstummten. Wade stand auf, schüttelte den Kopf, machte einen Hechtsprung und riss Ted zu Boden - und brach eine Schlägerei vom Zaum, aus der Fetzen eines unflätigen Dialogs drangen:
    »Halt dich aus meinem Leben raus, du gottverdammter Naziarsch.«
    »Warum behältst du nicht deinen Schwanz in der Hose, du kleiner Scheißer?«
    »Ach, halt die Fresse. Ihr Vater hat sie gezwungen, es wegmachen zu lassen, Dad, und dich interessiert der Verlust eines Enkelkindes doch einen Scheißdreck.«
    »Und da musstest du auf ihn losgehen, ja?«
    Janet kam schrille Schreie ausstoßend aus dem Haus, und vier Gästen gelang es, Wade und Ted, die voller Grasflecken und Blutspritzer waren, auseinander zu zerren.
    Die Cops fuhren wieder los, und die Gäste machten sich einer nach dem anderen zügig auf den Heimweg.
    Wade ging nach oben in Sarahs Zimmer und kletterte durch ihr Fenster aufs Dach hinaus. Er hörte, wie Ted neue Platten auflegte, doch die Musik spielte in einem leeren, noch verrauchten Raum. Mom war unten im Fernsehzimmer, und Wade konnte sie weinen hören, während Helena sie mit Mitgefühl und Papiertaschentüchern versorgte.
    Gegen zwei kletterte Sarah über die Zedernschindeln hinaus und rauchte eine Zigarette mit Wade - ihre erste und letzte. »Und, wie fühlst du dich - als Beinahe-Vater?«
    »Ich weiß nicht. Das Baby war lebendig. Jetzt ist sie oder er - es nicht mehr.«
    Später stellte Sarah Vollkornkekse und eine Flasche Sprite auf die Fensterbank. Sie sagte Wade gute Nacht. »Ich komme mir vor, als würde ich Milch und Kekse für den Weihnachtsmann rausstellen.«
    »Schlaf gut, Schwesterchen.«
    Sarah sagte: »Wir werden nie wieder eine richtige Familie sein.«
    Wade sagte: »Wie meinst du das?«
    »Wir alle - zusammen unter einem Dach. Das ist vorbei.« Wade überlegte. »Ich schätze, du hast Recht.« Am nächsten Morgen in aller Frühe war er fort.

14
    Die drei Männer fuhren mit Wades Mietwagen einen jungfräulich neuen gebührenpflichtigen Highway entlang. Ted saß am Steuer. Der Highway wirkte, als sei er erst vor zehn Minuten eröffnet worden, seine Kurven und Krümmungen wurden von den zahllosen unbezähmbaren Seen und Sümpfen diktiert, die den Staat wie Pockennarben überzogen. Highway-Schilder hatten ein paar Meilen weiter ein Autobahnkreuz angekündigt, das sie dann auf eine weitere, fast identische Straße bringen würde.
    Sie waren unterwegs nach Cocoa Beach, südlich von Cape Canaveral. Wade hatte vor, Ted und Bryan dort bei Connor abzuladen, einem alten Pferdewettfreund, dessen Leben auf sein zehn Meter langes Chris Craft beschränkt war und auf das, was er Leuten abknöpfen konnte, die dumm genug waren, sowohl Motorboot als auch Kapitän für eine nachmittägliche Angelpartie zu mieten. Ein letztes Telefongespräch, bevor Teds Handy-Batterien den Geist aufgaben, bestätigte, dass Connor ein kleines Taschengeld gebrauchen konnte und er Ted und Bryan auf die Bahamas bringen würde. Gut. Danach wollte Wade seine Hände von den Idiotien des Tages reinwaschen, ins Hotel zurückfahren und seine Medikamente sowie ein paar

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