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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Doch jetzt? Jetzt bestand ihr Leben aus nichts anderem als Punkten, Punkten, die sich am Ende zu einem prächtigen Bild verbinden lassen würden - die Arche Noah? Ein Kornblumenfeld? Ein Sonnenuntergang auf Maui? Das genaue Motiv war ihr noch unbekannt, aber dass ein Bild im Entstehen war, stand fest - ihr Leben war nun eine Geschichte. Leb wohl, wirres Gekrakel.
    Sie hörte, wie Bryan zu Ted sagte: »Holla, Dad, du hast die Flasche schon ausgetrunken?«
    »Ich brauche noch eine.« Ted hatte einen Flachmann Gold-Rum geleert, den er im Kühlschrank des Wagens gefunden hatte.
    Wade sagte: »Dich zu besaufen nützt gar nichts.«
    »Du hältst den Mund. Von dir hab ich mir schon genug anhören müssen.«
    »Nein, Dad, ich werde nicht den Mund halten.« Der Wagen stoppte an einer roten Ampel, und Ted hechtete aus der Tür und lief zu einem kleinen Einkaufszentrum hinüber. Wade wollte ihm hinterherrennen, aber Janet hielt ihn zurück. »Lass ihm doch seinen kleinen Drink, Schatz.«
    Von der Tür des Spirituosengeschäfts aus brüllte Ted Wade zu: »Deinetwegen kriechen mir Käfer unter der Haut herum, du kleiner Wichs er.«
    »Ja? Na, dann heul doch, du brutales Arschloch.«
    »Wade«, sagte Janet, »nicht solche Ausdrücke. Bitte.«
    »'tschuldige, Mom.« Er steckte seinen Kopf aus dem Fenster: »Kauf dir Schuhcreme und Mundwasser, schluck's runter und krepier dran, und dann wollen wir mal sehen, ob das irgendeinen von uns kümmert.«
    »Wir werden sie nie finden«, krächzte Bryan.
    »Hör auf, Trübsal zu blasen. Das ist doch kinderleicht.«
    »Inwiefern?«
    Janet lehnte sich aus dem Fester und fragte einen Passanten nach dem Weg zur Stadtbücherei. Ted kehrte mit einer Flasche Gin zum Wagen zurück: »Martinis satt.«
    »Womit hast du die bezahlt?«, fragte Janet.
    »Gar nicht.«
    »Ach du lieber Himmel.« Sie stieg aus, ging in den Laden, um zu zahlen, und kehrte mit den Gelben Seiten zurück.
    Minuten später waren sie in der Internet-Browser-Abteilung der Stadtbücherei. Im Innern der Bibliothek war es kühl, und alles wirkte durch und durch normal. Hier kamen Menschen hin, in deren Leben es nichts Ungeplantes gab, deren Familien einander zu Weihnachten CD-Boxen und originelle Pullover schenkten und die nie Unterschriften fälschten oder Affären mit Pool-Boys namens Jamie oder Buchhaltungsmiezen namens Nicole hatten. Vor der Bücherei lag Ted unter einer uralten, mit spanischem Moos bedeckten Eiche.
    Während Janet auf der Tastatur klapperte, dachte sie laut: »... Wenn dieser Babykäufer in Kfz-Ersatzteilen macht, ist er höchstwahrscheinlich Republikaner. Autohändler und Autofans lieben die Republikaner - all diese Rotarier- und Kiwanier-Mittagessen und Händeschüttelfotos mit Vizepräsidenten. Also spendet er vermutlich großzügig und wohnt in einer Gegend mit vornehmer Postleitzahl.« Sie suchte weiter.
    Bryan sagte: »Ich glaube, ich war noch nie in einer Bücherei.« In seiner Stimme lag nicht die geringste Spur von Ironie.
    »Ich schon«, sagte Wade. »In Las Vegas, als ich krank geworden bin. Ganz schön merkwürdig hier, was? Ich meine, all diese ... Bücher.«
    Die beiden Brüder verstummten.
    Nach ein paar Minuten, in denen Wade in einem Teen People -Magazin blätterte und Bryan sich Fotobände von Punkrockstars anschaute, verkündete Janet, dass sie die Auswahl auf drei Kandidaten eingeengt hatte, und sie verließen das Gebäude. Draußen fanden sie Ted in tiefem Schlaf; zwei kleine Jungen in Privatschuluniformen benutzten seine Nase als Ziel für Papierflugzeuge. Wade versetzte seinem Vater einen Tritt in den Hintern. »Mann, Dad, du bist echt der letzte Penner. Du blamierst uns ja - steh auf.« Ted übergab sich prompt auf den zundertrockenen Rasen.
    »Schmeißt ihn in den Van«, sagte Janet. »Legt ihn auf diese gestreifte Plane, die Howie beim Grillen immer über die Wagentür hängt.«
    Als sie alle im Wagen saßen und fuhren, rollte Ted wie ein Baumstamm auf dem Boden herum, was Bryan unterband, indem er ein Schaumstoffkissen zwischen seinen Vater und die Tür legte.
    »Ich finde, wir sollten uns in Daytona Beach ein Hotelzimmer nehmen«, sagte Janet. »Dein Vater ist nicht in der Verfassung, uns zu helfen.«
    »Ich glaube, du hast Recht«, sagte Wade.
    Janet wühlte im Handschuhfach und holte einen Gegenstand mit einer schwarzen Schnur daran heraus, den sie in den Zigarettenanzünder steckte. »Bryan, gib mir mal das Handy deines Vaters rüber.« Bryan nahm das Gerät aus Teds rechter

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