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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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verlassen.«
    »Jetzt bin ich aber wirklich überrascht.«
    »Es ist nicht so, wie du glaubst«, sagte Ted.
    »Das ist es nie.«
    »Ich habe Leberkrebs.«
    »Aha.« Janet rieb sich die Arme. Im Nebenzimmer begann ein Telefon zu klingeln. »Es ist nicht zu warm hier drinnen, oder?«
    »Es ist angenehm.«
    »Wie weit ist er fortgeschritten?«
    »Ich bin erledigt.«
    »Kannst du mir eine Zahl nennen?«
    »Neun Monate vielleicht.«
    Das Telefon nebenan hörte auf zu klingeln. »Du bist ein Mann voller Überraschungen, Ted Drummond.«
    »Ich wünschte, es wäre anders.« Er schloss die Augen. »Sag's Nickie nicht.«
    »Dafür kann ich nicht garantieren, Ted. Ich kenne schon zu viele Geheimnisse. Irgendwann ist das Fass voll.«
    »Egal. So viel liegt mir auch gar nicht dran. Ich wollte nur meine Rechnungen bezahlt haben, bevor ich gehe. Diese HIV-Geschichte macht es, wenn ich's mir recht überlege, fast ein bisschen leichter - es ist, als gehörten wir alle einem großen Todesclub an.«
    »Darf ich dich darauf hinweisen, dass das eine oder andere Baby unterwegs ist?«
    »Ach ja. Die Kinder haben auch lange genug dafür gebraucht.«
    Ein Stück den Flur hinunter erwachte ein Staubsauger fauchend zum Leben. Janet sagte: »Ich bin hier drinnen so ruhig, Ted. Du auch?« »Ja.«
    »Es kommt mir vor wie das Ende von Unsere kleine Stadt, wenn die Leute aus Grover's Corner sich aus ihren Gräbern heraus miteinander unterhalten.«
    »Hm.«
    »So habe ich mir den Tod immer vorgestellt«, sagte Janet. »Ich - an deiner Seite - wir beide zusammen - und wir unterhalten uns leise. Vielleicht für immer.«
    »Das Stück hat mir immer eine Heidenangst eingejagt.«
    »Oh, ich weiß. Mir auch. Es sollte mit einem Warnhinweis versehen werden. Aber ein Gutes hatte es: Es hat mir klar gemacht, wie der Tod sein würde. Und gleichzeitig brachte es mich dazu, nicht an den Tod denken zu wollen.«
    Ted sagte: »Ich versuche auch, nicht zu viel an den Tod zu denken. Aber ich kann einfach nicht damit aufhören. Und ich kann mich nicht überwinden, Nickie von meiner Leber zu erzählen.«
    »Warum denn nicht?«
    »Sie sollte mir als Beweis dafür dienen, dass ich lebendig bin, unbesiegbar und immer noch jung. Sobald sie denkt, dass ich mich vom Acker mache, werde ich selber daran glauben.«
    Janet kicherte. Ted fragte sie: »Was ist daran so lustig?«
    »Es ist wirklich paradox. Wie in einer Kurzgeschichte von O. Henry. Sie glaubt, dass du sie fallen lassen wirst.«
    »Ach herrje.« Ted lächelte: große amerikanische Zähne. Er streckte die Hand aus, Janet nahm sie, und sie blickten gemeinsam gen Himmel. Menschen gingen an ihrem Zimmer vorbei; irgendwo knallte eine Tür. »Wade und Bryan hätten mich schon vor Jahren fesseln sollen, aber es war gemein von dir, dass du sie nicht daran gehindert hast.«
    »Ach ja?«
    »Nein. Eigentlich nicht. Ich bin hier der Mistkerl.« »Da kann ich dir nicht widersprechen.«
    »Wann bin ich ein schlechter Mensch geworden, Jan? Sag's mir, denn ich war nicht immer so ein mieser Typ. Ich war doch ganz in Ordnung, als wir beide ein Paar wurden, Jan? Hörst du mir zu?«
    »Ja. Nein. Ich bin schockiert. Diese Frage hätte ich aus deinem Mund nie erwartet.«
    »Stell dir vor, wir sind tot. Wir können alles sagen, was wir wollen. Wir können einander alles fragen, was wir wollen. Wäre das nicht das Größte? Wenn das Leben so wäre?«
    Janet dachte nach: »Wir beide - tot - das gefällt mir.«
    »Ja.«
    Eine Horde Harleys jaulte zwölf Stockwerke unter ihnen die Promenade hinunter. Janet sagte: »Ich glaube, du hast angefangen, ein schlechter Mensch zu werden, als du begonnen hast, mich zu betrügen. Ich schätze, das war ein paar Jahre nach Sarahs Geburt - kurz nachdem wir in den Westen gezogen sind - mit Violet - deiner Rezeptionistin, die immer zu nett zu mir war.«
    »Du bist echt clever«, sagte Ted. »Eins, zwei, drei, peng!«
    »Man musste kein Genie sein, um sich das zusammenzureimen. War sie die Erste?«
    »Ja. Aber es hat nicht lange gedauert. Ich hab das Interesse verloren, sie hat angefangen, mich zu erpressen, darum hab ich ihr gesagt, ich würde ihrem Vater Nacktfotos schicken, die ich mit einer Instamatic von ihr gemacht hatte. Hab nie wieder von ihr gehört.«
    »Eine Instamatic?«
    »Ja - das ist schon ewig her -, aber so hab ich mein Faible für Pornos entdeckt. Davon hattest du keine Ahnung, was? In meinem Büro - wow - eine riesige abschließbare Anrichte voll mit dem perversesten Scheiß, den es

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