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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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Psychologie zu haben. Als ich die Schule kontaktiert habe, tja, da wurde mir zum Ersten berichtet, dass Sie Gerüchten zufolge eine Pyjamaparty veranstaltet haben, bei der auch Jungen anwesend waren.”
    “Ich war dabei. Und auch ein Nachbar. Die ganze Nacht. Es gab keine einzige Minute, in der die Kinder ohne Aufsicht waren. Ich wollte nur …”
    “Des Weiteren”, fuhr Mrs. Innes fort, als hätte Merry gar nichts gesagt, “wurde ich darüber informiert, dass Sie dem Kind nicht nur
erlaubt
haben, am Freitag die Schule zu schwänzen, sondern Charlene sogar dazu animiert haben. Sie haben der Schulleitung sogar offen gesagt, was Sie vorhaben.”
    “Moment. Darf ich Sie für eine Sekunde unterbrechen? Sie haben völlig recht damit, dass ich der Schulleitung gesagt habe, was ich vorhatte. Ich hatte keinen Grund zu lügen. Ich war mit ihr im Smithsonian. Der Tag war sehr lehrreich. Sie hat möglicherweise mehr davon profitiert als vom normalen Unterricht …”
    “Dennoch, Sie haben sie aus der Schule genommen.”
    “Weil ich der Meinung war, dass sie etwas Außergewöhnliches braucht. Ich versuche, einen Weg zu finden, um eine vertrauensvolle Beziehung zu ihr aufzubauen.” Merry wollte weiterreden, doch sie fühlte sich plötzlich schrecklich schuldbewusst. Sie könnte ihren Entschluss, mit Charl ins Museum zu gehen, bis zum Sankt Nimmerleinstag verteidigen, aber wenn sie ehrlich war, hatte sie sich die Sache ursprünglich wegen Cooper ausgedacht. Mrs. Innes wiederum brauchte erst gar keine Schwäche zu wittern, um verbal zuzuschlagen.
    “Sie glauben, Vertrauen zu einem Kind aufbauen zu können, indem Sie Regeln brechen? Indem Sie ihr zeigen, dass eine Autoritätsperson einfach willkürlich Vorschriften missachtet? Und das ist das Problem, Miss Olson. Sie sind keine Autoritätsperson. Sie scheinen auch gar nicht das Bedürfnis zu haben, diese Rolle zu übernehmen. Dennoch braucht ein Kind in diesem Alter genau so jemanden.” Mrs. Innes erhob sich und legte sich das Riemchen ihrer Handtasche über die Schulter. “Ich bin nicht gern so streng.”
    Tatsächlich? Das war so ähnlich, als würde Attila, der Hunnenkönig, behaupten, er habe nicht mutwillig Frauen vergewaltigt und Häuser geplündert.
    Merry errötete. “June, ich
liebe
Charlene”, sagte sie aufgewühlt.
    “Sehr schön. Und auch wichtig. Aber das ist keine Qualifikation, die einen automatisch zu einem guten Vormund macht.”
    “Ich verstehe.” Merry stand ebenfalls auf. Mit jeder Sekunde fühlte sie sich noch verzweifelter. “Aber ich finde, dass es eine Rolle spielen sollte, ob sie geliebt wird oder nicht. Es gibt nichts, was ich nicht für sie tun würde. Ich habe mich bemüht, meine mangelnde Erfahrung mit Kindern dadurch wettzumachen, dass ich jede Menge Fachliteratur gelesen habe. Bücher über Trauer, über Kinder an der Schwelle zur Pubertät, über Einzelkinder. Über Kinder, die hochbegabt sind. Über …”
    Mrs. Innes nickte gelangweilt. “Lesen ist ja auch sehr wichtig, aber Bücher sind einfach kein Ersatz für Erfahrung. Oder für Urteilsvermögen.” Sie kräuselte die Lippen. “Ich habe festgestellt, dass Sie eine sehr nette Frau sind. Sie sehen hübsch aus und sind jemand, mit dem ein junger Mensch bestimmt viel Spaß hat. Aber was Ihre Fähigkeiten betrifft, ein Kind zu lenken, es auf die Zukunft vorzubereiten oder ihm ein Umfeld zu bieten, in dem es sich geborgen fühlen kann …”
    Mrs. Innes schüttelte sich zwar nicht vor Missbilligung, aber ihre Meinung zu den genannten Themen war klar. Als sie zur Tür ging, wiederholte sie noch einmal: “Ich bemühe mich wirklich, nicht streng zu urteilen. Aber da ich mein Gutachten dem Richter vorlegen werde, fand ich es richtig, Sie von vornherein über meine Position zu informieren. Ich bin der Meinung, dass jemand anderer ein besserer Vormund für Charlene wäre.”
    Nachdem Merry sie hinausbegleitet hatte, lehnte sie sich mit dem Rücken an die Tür und glitt zu Boden. Sie war wie gelähmt. So hilflos und ohnmächtig wie eine Maus, die man in die Ecke gedrängt hatte.
    Sie würden versuchen, ihr Charlie wegzunehmen?
    Sie schloss die Augen. Keine Frage, June Innes hatte mit einigen ihrer Bemerkungen ins Schwarze getroffen. Hatte sie sich nicht von Anfang an als Vormund unfähig gefühlt? War sie nicht wirklich ungeeignet im Vergleich zu einer echten Mutter mit Erfahrung?
    Ihr Herz flüsterte ein
Ja.
Denn verdammt, ein Herz konnte nur die Wahrheit sagen.
    Doch im selben Moment

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