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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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doch nicht einfach die Farbdosen offen stehen lassen. Aber …”
    “Aber als der Strom so plötzlich ausfiel, haben wir im Finstern nichts mehr gesehen. Ich weiß, wo Dad die Taschenlampen aufbewahrt hat. Aber wir haben mit unseren Füßen gemalt. Ein bisschen. Es ist schwer zu erklären. Aber wir konnten nicht einfach über die Teppiche marschieren …”
    “Bitte erspart mir die Details, okay? Wo ist der Sicherungskasten?”
    “Wie bitte?”
    Er wandte sich mit seiner Frage wohl besser an Charlene.
    “Im Keller, wie ich Merry schon gesagt habe. Nur war es eben dort unten ohne Taschenlampe zu finster. Und wir hatten ja das gleiche Problem, nämlich nicht mit den Füßen überall die Farbe zu verteilen …”
    Beide Damen zeigten ihm zur Veranschaulichung ihre beklecksten Fußsohlen. Er brauchte keine weiteren Informationen. “Ich gehe jetzt erst einmal hinüber und sehe nach, was passiert ist.”
    “Ich komme mit dir”, sagte Merry sofort.
    Der verrückte, unzurechnungsfähige Teil seines Gehirns murmelte:
Wie sehr ich mir das wünsche …
Wie idiotisch war das denn – mitten im Chaos an Sex zu denken? Das war doch nicht normal. Er riss sich zusammen. “Keine von euch geht ohne Mantel und Schuhe irgendwohin.”
    “Wir haben Pantoffeln angezogen. Beziehungsweise diese Flops. Weil wir eben keine richtigen Schuhe ruinieren …”
    “Ich habe verstanden!” Offenbar war das schräge Verhalten seiner Nachbarin ansteckend, denn er ertappte sich dabei, dass er bereits ebenso wild gestikulierte wie sie, um das Geplapper zu unterbrechen. Dann kam ihm noch ein Gedanke: “Wasser oder Öl?”
    “Wie bitte?”
    Und wieder musste er sich mit seiner Frage an diejenige der beiden wenden, die mehr Köpfchen zu haben schien: “Charlene, was für Farben sind es?”
    “Wasserfarben.”
    “Na, wenigstens etwas.” Blitzschnell holte er Handtücher aus der Wäschekammer und ließ sie auf den Boden fallen. “Ich nehme an, ich werde drüben eine Weile brauchen. Und ihr beide habt wahrscheinlich wenig Lust, hier stehen zu bleiben, bis die Farbe auf euch getrocknet ist. Charlene, du kennst mein Haus von früher und kannst Merry zeigen, wo die Duschen sind, unten und oben. Nehmt einfach die Handtücher, damit keine Farbe auf den Boden gelangt, in Ordnung? Dann gehst du ins Zimmer der Jungs, Charlene, und schnappst dir ein paar Sweatshirts, die ihr anziehen könnt.”
    “Aber …”
    Er konnte sich kein einziges “Aber” vorstellen, das er von Merry hören wollte. “Vielleicht ist das Problem einfach nur eine durchgebrannte Sicherung, das werde ich gleich herausfinden. Ein paar Minuten brauche ich dazu allerdings. Es ist also nur vernünftig, wenn ihr beide in der Zwischenzeit zuseht, dass ihr trocken werdet und euch aufwärmt.”
    “Aber es ist nicht dein Problem. Jack, ich wollte dir diese Sache nicht aufbürden …”
    Tja, das hatte sie aber. Und was er dann tat, war das Dümmste überhaupt – doch als er sich anschickte, mit seiner Taschenlampe auszurücken, wirkte diese verdammte Frau so schrecklich bedrückt und überfordert, wie sie da stand – von oben bis unten mit Farbe bekleckert und mit diesem treuherzigen, ehrlichen Blick. Es war nicht seine Absicht, aber seine Hand streichelte plötzlich ihre Wange. Dann nahm er ihr Gesicht in seine Hände, samt Farbe und allem. Er tat es nur, weil … weil er nicht einfach so weggehen konnte, solange sie immer noch so verdammt traurig aussah.
    Als er sie berührte, hob sie sofort den Blick und sah ihm in die Augen. “Das wird schon wieder”, sagte er mit Nachdruck. “Ich verspreche es. Entspann dich einfach.”
    “Okay”, flüsterte sie, sah ihn aber immer noch so unverwandt an, als würde in diesem Augenblick etwas ganz anderes passieren.
    Wo doch, verdammt noch mal, gar nichts anderes passierte und ganz sicher auch nicht passieren würde.
    Er marschierte über den Hof zum Nachbarhaus und dachte, dass er bald den Weg zwischen ihrem und seinem Hintereingang betonieren konnte, wenn die Katastrophen zur täglichen Gewohnheit wurden. Plötzlich merkte er, dass seine rechte Handfläche feucht war – von der Farbe. Und von der Berührung ihres Gesichts. Ebenso plötzlich wurde ihm bewusst, dass er ein sehnsüchtiges Verlangen danach hatte, einer Frau mit gelben und violetten Tupfen noch einmal über die Wangen zu streicheln.
    Der eisige Regen schlug ihm ins Gesicht, als er nach oben blickte, weil ihm plötzlich ein riesiger Schatten auf ihrem Dach aufgefallen war.

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