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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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bin schon mit ihm unten so lange hin und her gegangen, bis sich Verschiedenes ereignet hat. Wenn er schläft, muß er nicht und hält vielleicht bis Bremen durch. Sonst gehst du eben auf ‘ner Station, wo ihr länger Aufenthalt habt, mit ihm ‘raus. Fresserchen braucht er nicht. Entweder schläft er, oder er ist so aufgeregt, daß er nicht frißt. Hier ist ein Brief mit der Gebrauchsanweisung für Tante Helene. Ich habe ihr schon telegrafiert, daß sie euch abholt. Hier ist sein Deckchen und sein Bällchen. Und hier ist das Geld für seine Kinderfahrkarte. So — und nun gehe ich schnell.«
    Peter saß derweile auf ihrem Schoß und aß die übriggebliebene Hälfte einer Buttersemmel. Ich küßte ihn auf sein graues Löckchen.
    »Nun mach schon, daß du ‘rauskommst!« sagte sie.
    Als ich die Tür schloß, hörte ich ihre Stimme: »Nun bleib doch sitzen, Kerlchen, Herrchen kommt ja wieder!«
    Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, daß man Ihnen so ganz langsam und gründlich einen Korkenzieher ins Herz dreht? Ich hatte es, als ich die Treppe hinunterging.

6

    Und Peter? Das, was ich jetzt über ihn berichte, habe ich aus den Erzählungen Sophies, aus den Briefen Tante Helenes und aus dem rekonstruiert, was Peterle selbst mir in seiner eigenen Sprache übermittelte.

    Die Tür hatte sich hinter Herrchen geschlossen. Peterle saß mit langem Hals, beide Ohren gespitzt und ganz steif. Dieses Wesen da, dieses Menschenungeheuer, hielt ihn fest. Seine Hände waren stark und lang, aber ihr Griff war nicht grob, gerade nur so kräftig, daß er genügte. Wenn sie einem über Kopf und Rücken fuhren und auf der Brust kraulten und die tiefe Stimme dabei ins Ohr sprach, tat es sogar etwas wohl. Man konnte vielleicht noch ein Stück Brötchen nehmen.
    Eine zweite Tür war draußen zugefallen, die Ausgangstür, Herrchens Schritte konnte er hören, bis sie unten im Hausflur klangen. Sicher holte er nur was. Aber da fiel ja der Wagenschlag zu, jetzt das Schnurren des Anlassers, der Motor — Prächtig schrie sein Signal! Man war also abgegeben worden. Man war schon mehrmals abgegeben worden, ziemlich langweilige Sache gewöhnlich. Hoffentlich blieb er nicht so ewig!
    Inzwischen mußte man höflich zu diesem großen Zweibein hier sein. Nicht gleich zu Anfang auf den Sessel springen. Am besten, man legte sich vor die Tür, damit es nicht etwa auch noch verschwand und man ganz allein war in dieser schon halb ausgeräumten fremden Höhle. Und da war auch so ein merkwürdig heller Fleck an der Wand, wie damals in der guten alten Höhle, als das Abenteuer begann. Auch ein Koffer war da. Alles sehr verdächtig. Vielleicht sollte man sich doch lieber auf den Koffer setzen? Irgendwas war hier nicht geheuer. Jetzt beugte die Fremde sich wieder aus Turmeshöhe zu einem nieder. Wieder ihre Hand: »Ja, du kommst ja mit, mein Äffchen!« Man wurde hochgehoben, an die Brust gedrückt, und es wurde wieder ins Ohr geflüstert: »Ach du kleines Wesen, schade, daß ich dich nicht behalten kann! Ich würde dich so schön zurechtmachen und feines Fresserchen besorgen und...« Sie seufzte: »Ach, so was haben, was einem ganz allein gehört, so was Kleines, Niedliches! Du dürftest auch bei mir im Bett schlafen! Aber — ist ja nicht mit drin!«
    Peter fühlte die Zärtlichkeit in ihrer Stimme und leckte sie hinters Ohr. Sie war ganz gerührt und setzte ihn wieder hin. Peterle verstand sie ganz genau. Eine verwandte Seele! Auch er mußte ja den herzenden Armen Herrchens und Frauchens immer wieder schnell entrinnen, weil es ihn einfach überwältigte. Solche Liebe ist wie eine große Flamme — man kann sie immer nur ein paar Augenblicke aushalten.
    Jetzt wurde man wieder an die Leine gelegt, der Koffer wurde in die Hand genommen, und es ging ‘raus. Na, Gott sei Dank! Das war ja mal wieder halb so schlimm gewesen. Unten stand sicher schon Herrchen. Auf der Treppe war noch sein Geruch, auch im Hausflur. Da links auf dem Pflaster war es übrigens sehr interessant, das mußte man schnell quittieren. Das lange Wesen rief etwas. Ein Auto kam und hielt, aber es war ein fremdes mit einem ganz fremden Mann vorn drin, der mit der Langen sprach. Er nahm den Koffer, tat ihn hinten ‘rein, und dann stieg man in das Auto. Das Ganze war gar nicht so übel. Man durfte neben der Großen sitzen, und Autofahren war ja schließlich immer interessant.
    Wo aber war Herrchen? Sicher fuhr man zu ihm. Hauptsache, man verlor diesen Menschen nicht, der zu ihm hinführte.

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