Alle lieben Peter
Man mußte sich eng an ihn drängen.
Es ging durch die Stadt. Interessant — man starrte aus dem Fenster, aber zu bellen brauchte man nicht, denn es war ja ein fremder Wagen. Nun hielt er. Man wurde an die Leine genommen, die Große stieg aus, ein Mann kam und nahm den Koffer. Es ging über den Bürgersteig, ein paar Stufen hinauf in eine große Halle, wo viele Menschen um einen herum waren und Karren mit kleinen Eisenrädern fuhren und alle Stimmen ein Echo hatten. Viele Füße um einen herum. Er drückte sich ängstlich an die Große. Sie beugte sich nieder und zog ihm ein scheußliches Ledergeflecht über den Kopf, das ganz, ganz fern nach Cocki roch. Sollte man sich dagegen sträuben? Aber die Hand der Großen streichelte ihn beruhigend: »Nur bis wir durch die Sperre sind, dann nehme ich ihn dir gleich wieder ab!«
Jetzt ging es wieder ein paar Stufen hinauf und dann an einem Mann vorbei, der in einer hölzernen Wanne saß und etwas Blankes in der Hand hielt. Er knipste damit ein Stück Papier, das ihm die Große hinhielt. Kaum war das überstanden, beugte sie sich nieder und nahm ihm den Maulkorb wieder ab. Da, wo sie jetzt waren, gab es noch mehr Geschrei und noch viel mehr Füße, nervöse Füße, die auf nichts achteten, am wenigsten auf einen kleinen Hund. Man mußte sich vorsehen, daß man nicht getreten wurde. Dann begann die Erde leise zu zittern. Man wurde wieder hochgehoben, das Zittern verstärkte sich. Da, wo zwei glänzende Eisenbänder sich in der Ferne verloren, tauchte etwas Schwarzes auf. Es kam schnell näher, wurde immer größer, immer furchterregender. Und da war es heran, fauchend und schnaubend und, — o Gott — diese Räder — diese Räder! Merkte sie denn das nicht? Räder — riesige Räder, wie damals, als das Entsetzliche geschah.
»Sei ruhig, Peterle!«
Ja, da sollte man ruhig sein, wenn die Gefahr so dicht an einem vorüberraste! Würde es jetzt gleich wieder krachen und splittern und alles mit Frauchens Blut voll sein? Wo war denn Frauchen? Jetzt eine Treppe hoch, eine komische Tür, sie klappte zur Seite, und drin war eine kleine Höhle mit zwei Sofas gegenüber, die ganz voll Menschen saßen. Die Fremde sagte etwas zu ihnen, und dann saß man endlich auf ihrem Schoß. Von gegenüber kam eine fremde Hand, und eine Stimme sagte: »Der ist aber süß! Gibt er auch Pfötchen?«
Blöder Kerl. Man mußte sich ganz eng an die Große pressen. Wann kam denn nun Herrchen? Was sollte das alles? Jetzt fing das Ganze sogar an zu rollen. Die Große machte ihre Tasche auf. Es roch plötzlich ganz prächtig nach Schokolade. Ja, tatsächlich Schokolade! Na, das konnte man mitnehmen. Was war denn das kleine Weiße, das sie da in die Schokolade hineinpreßte? Man mußte sehen, daß man es ausspuckte. Aber es ging nicht. Na, ‘runter damit! Es schmeckte bitter. Pfui Teufel, ja! Die Große stiftete noch ein Stück Schokolade, schnell hinterher damit! So — und nun weg vom Schoß und ‘raus! Genug von dem Trara. Nach Hause zu Cocki und Weffi. Wo waren die überhaupt?
»Nein, nein, Peterle«, sagte die Stimme, »komm, mach schön Hoppchen.«
Also schön, machen wir wieder Hoppchen. Übrigens war man plötzlich müde, ganz außer der Zeit. Dabei mußte man doch aufpassen, daß man Herrchen nicht verpaßte. Aber das andere war stärker. Ach, da mußte man — immer mehr gähnen. Wald — wieso denn plötzlich Wald? Und da — das Riesenvieh mit den beiden großen Ästen auf dem Kopf — Cocki, der blöde Kerl — er sollte ihm lieber den Weg abschneiden statt hinter ihm herzuhatschen. Jetzt die Wiese, auf der Herrchen mit der Oma saß. Hetzen, Laut geben, hetzen. Das schwarze Sofa, da war es ja wieder! Es war ja alles wieder gut! Man war daheim. Es war ganz aus Schokolade, das Sofa, die würde man später auffressen. Aber erst mußte man sich noch zusammenkringeln und eine Weile schlafen — viel schlafen — unendlich lange.
Als er wieder aufwachte, war ihm gar nicht gut, außerdem war alles höchst verwirrend. Gerade setzte man ihn wieder hinunter auf ein Steinpflaster. Die Sonne schien, und viele Schuhe, Röcke und Hosenbeine bewegten sich rundherum.
»Er ist noch ganz taumelig von der Tablette«, sagte die Stimme der Großen über ihm. Eine andere, fast noch tiefere weibliche Stimme dankte der Langen, daß sie diese Strapazen auf sich genommen habe. Peterle blickte verwirrt auf. Unten waren zwei Stiefel, bei denen das Oberleder infolge der dicken Füße über die Sohlen quoll, dann
Weitere Kostenlose Bücher