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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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geladen und durch eine große Halle gefahren. Es roch und hallte wieder so, wie zu Beginn seiner Reise. Dann schob man ihn von dem zweiten Wagen in eine große Höhle. Durch sein winziges Fenster starrend, sah er ringsum viele Kisten. Es roch nach allem möglichen, nach Gummi, Tabak, geräuchertem Fisch. Dann rollte eine große Tür zu. Finsternis. Schweigen. Er winselte wieder, dann begann er zu bellen, erst versuchend, dann böse, dann verzweifelt. »Herrchen — Herrchen, wo bist du? Herrchen, das kannst du doch nicht zulassen! Wird es denn noch immer schlimmer? Hast du mich denn ganz vergessen? Herrchen!«
    Das Bellen hatte sehr viel Luft verbraucht. Er keuchte und sank dann in sich zusammen.
    Nach einer weiteren Ewigkeit ein Ruck — ein Klirren. Und dann bewegte sich die ganze Höhle, während ein Rollen unter ihm begann, ein Rollen, das überhaupt nicht mehr aufhörte. Rattata-rattata-rattata-rattata — Stunde um Stunde, Ewigkeit um Ewigkeit. Dreimal waren Aufenthalte. Dreimal flammte sein Lebensfunke wieder auf, dreimal wurde er enttäuscht. Es war nur ein Zerren, Schieben und Poltern um ihn. Dann wieder die Tür zu. Finsternis. Nach dem drittenmal wurde es noch schlimmer. Seine Kiste wurde hochgehoben und mit einem Krach in die äußerste Ecke geworfen, eine andere große Kistenwand schob sich davor. Jetzt bekam er wirklich kaum noch Luft mehr. Nun begann er, der letzte, der furchtbare Kampf ums Leben. Er lag da, halb aufgerichtet, das Näschen an das Gitterfenster gedrückt, jedes Quentchen Luft einsaugend und allmählich im Krampf dieser unnatürlichen Stellung erstarrend.
    Aber sein eiserner Lebenswille hielt durch. Es konnte doch nicht zu Ende sein, er mußte erst noch Herrchen sehen, Herrchen mußte noch kommen! Rattata-rattata-rattata. In die Tiefe der letzten Schlucht gefallen, wo das Furchtbare ihm immer näher rückte. Rattata-rattata-rattata, Stunde um Stunde, trostlos, endlos.

DRITTES BUCH
Heimkehr
1

    Ich war gegen Abend mit der Mama zu Kretzschmer in die >Krone< gegangen und hatte Zimmer gemietet. Zwei Zimmer, um ihn wegen der Hunde versöhnlich zu stimmen. Wir hatten es mit ihm ausgemacht, während wir unten in der Wirtsstube saßen, um unsere Erregung mit Steinhägern zu beschwichtigen und die Zeit totzuschlagen, bis um elf Uhr zwanzig Frauchens Zug kam. Kretzschmer hatte mit dem Daumen auf Cocki und Weffi gezeigt, die in friedlichem Verein mit Lux rund um unseren Tisch pennten.
    »Das zweite Zimmer ist wohl für die Herren da?«
    »Nein, für Frauchen. Außerdem kommt noch einer dazu!« sagte ich und sah ihm gerade in die Augen. »Unser Peterchen. Sie kennen ihn ja noch!«
    »Und ob!« meinte Kretzschmer und sah wieder ziemlich grimmig drein.
    »Stellen Sie sich vor«, sagte ich, »meine Tante in Bremen, bei der er jetzt war, verliert plötzlich die Nerven, steckt ihn in eine Kiste und schickt ihn hierher. Ist das nicht entsetzlich?«
    Er machte ganz erschrockene Augen: »Ja, das kost’ sicher ‘ne ganze Menge! Aber schließlich — wenn Sie ihn jemandem mitgegeben hätten, hätt’s sicher noch mehr gekostet. Kinderbillett — auf die Entfernung!«
    »Paul«, sagte ich (es war nach dem fünften Steinhäger), »du hast mich total mißverstanden. Du bist ein dürres, merkantiles Gemüt und wirst es bleiben. Du warst niemals Hund.«
    Kretzschmer lehnte sich zurück, und sein Bäuchlein schüttelte sich vor Lachen. Dann wischte er sich die Tränen aus den Augen: »Merkantiles Gemüt — niemals Hund — warst du Hund?«
    »Ja«, sagte ich, »ich war ein Hund, ein armer Hund sogar. Apropos Hund, mein Lieber. Ich bin erstens bereit, für meine Drei einen Extra-Pensionspreis zu zahlen, solange wir hier wohnen. Zweitens will ich nicht lange hier wohnen, damit ich mir nicht von einem gewissen Paul Kretzschmer und ähnlichen ulkigen Zeitgenossen dumme Gesichter schneiden zu lassen brauche. Ich meine — ich weiß gar nicht, was in euren Gehirnen vorgeht. Ihr seid doch darauf aus, Geld zu verdienen, und Geld verdient ihr, indem ihr es euren Kunden recht macht. Es sind auch faule Kunden dabei, natürlich, Leute, die sich mit der brennenden Zigarette ins Bett legen, die Handtücher mit Rasierklingen zerschneiden und bis vier Uhr morgens Radio spielen. Hat einer meiner Hunde jemals was bei euch dreckig gemacht, ein Stuhlbein angeknabbert oder das Bein an der Theke gehoben? Nein, das hat er nicht. Aber sobald ihr Hunde in euren Zimmern wißt, bekommt ihr so ‘ne Art Seelenblähungen, Krampfadern im

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