Alle lieben Peter
ein gewaltiges Wedeln, wenn man bedenkt, daß er ja keinen Schwanz hat, sondern nur eine kleine, leere Tülle. Weffi derweilen stand neben dieser rührenden Gruppe und machte unentwegt Kniebeugen. Dabei gähnte er laut vor Aufregung. Schließlich, als sich Peterchen erhob, kam auch er heran, und die beiden berochen sich Schnauze an Schnauze. Beide wedelten, und schließlich richtete sich Weffchen an Peter hoch, den einen Arm ihm auf den Rücken legend, den anderen auf den Kopf. Er streichelte seinen Kopf mit einer rührenden Gebärde. Peter leckte ihm die Brust, und dann rannten sie alle beide auf uns zu. Wir streichelten sie und lobten sie, der Dicke kam auch angewatschelt, legte den Kopf auf die Erde und bot allen der Reihe nach sein hochgerecktes Hinterteil zum Klopfen an.
Schließlich kam auch Lux näher. Auf Peters Gesicht verschwand plötzlich die Gier, mit der er unsere Liebe aufsog. Er wurde sachlich und kurz, ging steif auf Lux zu und zeigte ihm einen Eckzahn: »Das ist hier ‘ne Familienfeier, verstehst du? Mach, daß du wegkommst!«
Lux, der sich des dunklen Leutnants des kleinen Löwen offenbar noch gut entsann, machte schweigend kehrt und ging in die Tiefe des Gartens.
Ich weiß kaum, wie dieser Tag eigentlich weiter verlief. Wir erzählten, wir aßen, wir gingen zum See und in den Wald. Aber wir taten es nur mechanisch. Selbst unsere so erfreulich und entscheidend veränderten Lebensumstände kamen gar nicht richtig an uns heran. Immer nur Peter.
War er wirklich wieder bei uns? War das Ganze nicht nur ein schöner Traum, aus dem es ein furchtbares Erwachen gab?
Peter selbst schien weit weniger bewegt. Er sauste mit den beiden anderen um die Wette, holte Stöckchen aus dem eiskalten Wasser, schüchterte die Dorfhunde ein und grub nach Maulwürfen. Nur daß er zwischendurch immer wieder zu uns kam und sich an unsere Beine drängte.
Am Nachmittag nahm ihn Frauchen vor und trimmte ihn. Er hatte sich in eine scheußliche grauschwarze Wollwurst verwandelt. Peter ließ die sonst so verhaßte Prozedur willig über sich ergehen und gab sogar keinen Mucks von sich, als er anschließend gebadet wurde und man seine blutig gekratzten Pfoten mit Salbe behandelte.
In der Nacht schlief Peter in meiner Kniekehle. Wir waren beide im Nu weg. Die Erschöpfung und Aufregung kamen nach. Aber gegen Morgengrauen wurde ich wach, weil ich fror. Ich knipste Licht an: meine Decke hatte eine Beule. Ich hob sie hoch, und da saß Peter mit riesigen Jenseitsaugen und zitterte. Ich streichelte sein Köpfchen, während es in meiner Kehle eng wurde: »Ist ja gut, Peterle. Ist ja alles gut. Du bist ja hier, bei Herrchen! Und du bleibst bei Herrchen, immer.«
Er leckte meinen Arm, seufzte ganz tief und brach dann wieder in meiner Kniekehle zusammen. Ich löschte das Licht. Durch die Läden kam ein fahler Schein. Frauchen da — Peter da — Geld da — und heute vielleicht ein neues Heim. Nicht zu fassen!
2
Mein Erwachen am anderen Morgen wurde dadurch herbeigeführt, daß mir der Dicke seine Tatze ins Gesicht haute. Voller Bedrückung und Angst fuhr ich hoch: Was war denn jetzt wieder passiert, und was war das für ein Zimmer?
Und dann brach die Gegenwart über mich herein mit einem Schwall blendenden Glücks. Der Dicke saß vor mir auf seinen Keulen und grinste über das ganze Gesicht, als wüßte er’s. Die Tür zum Nebenzimmer stand offen, ich hörte die tiefen Atemzüge meiner Gefährtin, die noch im Erschöpfungsschlummer lag. Helle Sonne in meinem Zimmer. Wie spät war das eigentlich? Zehn Uhr. Jetzt nebenan ein Knarren und Gähnen, und es erschien Weffi im Türrahmen. Er reckte sich nach allen Seiten und war dann mit einem Satz auf meiner Bettdecke. Sofort geriet er jedoch ins Schwanken, denn unter der Decke wurde es lebendig — Peter! Weffi machte den Kopf schief und kniff in die Decke. Darunter knurrte es und biß zurück. Wie lange war es her, daß dieser Ulk zum letztenmal vorgeführt wurde? Hundert Jahre?
Dann saß ich auf dem Teppich und wühlte in meinem Hundegewudel, als sei es das erstemal. Arme, Hände und Gesicht hatte ich voll mit Pfoten, Bäuchen, Ohren, Schnuten und Zungen. Jeder bekam von mir seine Spezialliebkosung. Cocki wurde geklopft, Weffi auf dem rosa Kinderbauch gekratzt, und Peter bekam die Ohren geplättet. Dazu steckte er das Köpfchen zwischen meine Beine, und ich mußte dann seine dürftigen Ohrblättchen auf meinen Schienbeinen ausbreiten und unentwegt glattstreichen. Dazu brummte und
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