Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

alle luegen

Titel: alle luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Castaldo
Vom Netzwerk:
’ner Uzi rumgelaufen!« Respektvoll sah er sie an. »Leg dich bloß nicht mit ihr an.«
    Ich glaubte ihm nicht, ließ mich aber zum Spaß auf das Thema ein. »Du warst beim Militär?«
    Yassi nahm sich ein Bier, warf sich zurück gegen die Stuhllehne und stemmte einen Kampfstiefel gegen die Tischkante; sie hatte kleine Füße. »So ungefähr. Es war mehr so eine Art Bewegung.«
    »Sie ist eine Revoluzzerin«, sagte Kyle und legte ihr eine Hand auf den schmalen Schenkel. Sie schüttelte ihn mit einer ruckhaften Bewegung ab. Er verzog das Gesicht, murmelte etwas Unverständliches und zog mit seinem Bier in der Hand wieder ab.
    »Es war eine Bewegung, keine Revolution.« Sie nahm einen langen, gierigen Schluck. »Gegen die elitären Bastarde.«
    Jetzt wurde es interessant. »Welche elitären Bastarde?«
    »Na, alle. Jeder einzelne Wichser.«
    Yassi war mit Abstand die »radikalste« von den bisherigen Freundinnen Kyles, obwohl er einmal mit tmtxfemmefatale aus Frankreich zusammen gewesen war, die die unangenehme Angewohnheit hatte, ihren Kopf gegen die Wand zu schlagen, wenn sie sich über Kyle aufregte. Ich hätte gerne gewusst, was Yassi tat, wenn man sie provozierte. Sie wirkte schon jetzt ziemlich abgefuckt. Ihre Mundwinkel waren herabgezogen, die Augen düster angesichts der elitären Bastarde. Was mich betraf, so sympathisierte ich mit ihr. Ich hatte schon immer ein Herz für Hardcore-Idealisten, Baumbesetzer, Protestmarschierer und großäugige Studentinnen mit Pferdeschwanz, raging against the machine, gehabt. Aber ich war nie ein Typ gewesen, der auf derartige Züge aufspringt. Ich war eine Gläubige, eine Mitfühlende, aber keine Rädelsführerin. Dies im Sinn wandte ich mich an Yassi und sagte: »Ich weiß, was du meinst.«
    Sie grinste. »Ihr Amerikaner seid so naiv.«
    »Doch«, log ich. »Du würdest dich wundern. Über die Leute, mit de
    nen ich unterwegs war.« Doch sie schien nicht anbeißen zu wollen, vielleicht fand sich mich zu platt. Jedenfalls ging sie wieder dazu über, mit finsterem Gesicht die Bar zu beobachten und mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln. Ich folgte ihrem Blick und entdeckte die wahre Quelle ihrer miesen Laune: Kyle flirtete eifrig mit einer riesigen Rothaarigen in einem schwarzen Ski-Anzug.
    Plötzlich stand Yassi auf; die Stuhlbeine schrammten geräuschvoll über den Boden. »Ich hau ab.« Sie kratzte ihren Unterarm mit den abgekauten Nägeln.
    Kyle sah zufällig, wie Yassi ihre Kappe aufsetzte. Er ließ die Amazone stehen und kam hastig herüber. »Wohin willst du denn?«
    »Als ob dich das interessieren würde«, sagte Yassi.
    »Das tut es«, gab Kyle zurück. »Sag’s ihr, Alex.«
    Ich öffnete den Mund, klappte ihn aber wieder zu.
    »Ich bin schon spät dran«, meinte sie mit Blick auf die Uhr. »Ich muss mich mit jemandem treffen.«
    »Ich will mit«, sagte Kyle.
    »Ich hab kein Geld für dich«, erklärte sie.
    Er warf mir einen Blick zu.
    »Vergiss es«, stellte ich klar und bewegte mich auf die Tür zu.
    »Komm schon«, drängte er. »Ich frag doch sonst nie.«
    Ich schüttelte den Kopf. Kyle mit meinem minimalen Socken-und-Hüte-Lohn finanziell zu unterstützen, war mir nicht gerade ein Anliegen.
    »Komm schon«, versuchte er es noch einmal.
    »Nein«, antwortete ich. »Ich geh jetzt auch.«
    Kyle runzelte die Stirn. Er war es einfach nicht gewohnt, sitzen gelassen zu werden.
    Yassi ging voran, stieß gegen einen Tisch und fluchte. Draußen fiel nasser Schnee. Ich zog Handschuhe über meine jetzt schon kalten Finger. Die Straße war still bis auf das gelegentliche Hupen eines vorbeifahrenden Taxis. Ich hatte geglaubt, Kyle wäre direkt hinter uns, aber er war nirgendwo zu sehen. Yassi zündete sich eine Zigarette an. »Soll er sich selbst ficken«, sagte sie schließlich. »Willst du ’n Trip?« Das war neu: eine Fundamentalistin mit einer Vorliebe für Drogen. Aber vielleicht brachte sie das näher zu Gott. Ich lehnte ab mit der Begründung, morgen arbeiten zu
    müssen, auch wenn es nicht stimmte. Sie musterte mich wieder von Kopf bis Fuß. »Du siehst wirklich verdammt gut aus«, stellte sie fest.
    »Das liegt an der Milch, die ich jeden Tag trinke.«
    Sie lächelte. Das veränderte ihr Gesicht. Plötzlich sah sie fünf Jahre jünger aus. »Ich sah auch mal gut aus. Aber jetzt bin ich verbraucht. Kyle meint, ich sähe aus wie eine Eidechse.«
    Ich hätte ihr am liebsten gesagt, dass Kyle all seine Frauen mit Reptilien oder Insekten verglich, aber wollte ihr

Weitere Kostenlose Bücher