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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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»Was meinst du denn? Soll ich ihn jetzt anrufen oder lieber später?«
    Keine Reaktion. Die vier übereinander angeordneten Gesichter sahen sie teilnahmslos an.
    »Oder gar nicht?«, fuhr sie hoffnungsvoll fort.
    Immer noch keine Reaktion.
    »War das etwa ein Zwinkern? Du da, Nummer drei …«
    Stöhnend rieb sie sich die Augen und zeigte dann mit dem Finger auf das dritte Gesicht von unten. »Jetzt komm schon, gib mir ein Zeichen! Tu was, irgendwas, dann rufe ich ihn auf der Stelle an!«
    Nichts.
    »Also gut. Ich glaube sowieso nicht an Zeichen. Außerdem werdet ihr mich nicht austricksen und mich dazu bringen, nicht anzurufen, nur weil ihr mir kein Zeichen gegeben habt – also, wo ist dieses Telefon?«
    »Hier, Sweetheart.«
    Maddys Stimme ließ sie zusammenfahren. Amy hatte nicht gehört, dass sie wieder ins Zimmer gekommen war.
    »Du wolltest dir Rat bei den Beatles holen? Gut so. Mache ich auch immer.«
    »Wie bitte?« Amy sah erst Maddy belustigt an, dann schaute sie wieder auf den Totempfahl, dieses Mal aber etwas genauer. Auf einmal war es ganz offensichtlich. Jedes der vier Gesichter, obwohl es abstrakt gearbeitet und mit in das Holz geschnitzten Federn, langem Haar und Kriegsbemalung verziert war, stellte eindeutig einen der Pilzköpfe dar.
    »Das ist genial«, stieß sie hervor. »Ich hätte durch die runden Brillengläser des obersten drauf kommen müssen. Und ich habe sie tatsächlich um Rat gefragt, aber nur Ringo.«
    »Er hat dir hoffentlich nicht geantwortet: Let it be. «
    Maddy lächelte. Dann beugte sie sich vor und drückte Amy das Telefon in die Hand. »Tu es, Amy. Tu es jetzt.«
    »Meinst du wirklich?« Amy schwankte immer noch. »Also gut, ich tu’s!« Sie drückte hastig die ersten beiden Tasten und hielt dann inne. »Warte mal und wenn er nun wütend auf mich ist?« Das Telefon fiel ihr aus der Hand und landete auf dem Läufer.
    »Und wenn er es nicht ist?«, entgegnete Maddy energisch, hob den Apparat auf und drückte ihn Amy in die Hand.

30. Kapitel
    S ergei?« Amys Stimme klang so zaghaft wie die eines Kindes.
    »Hallo? Wer ist denn da? Amy? Bist du das, Amy?«
    »Ja. Habe ich dich geweckt?«
    »Nein, ich war gerade noch wach. Amy, ich bin so froh, deine Stimme zu hören!« Es folgte eine kurze Pause, offenbar musste Sergei doch erst richtig wach werden.
    »Ist alles in Ordnung? Geht es dir gut? Wo steckst du?«
    »Es geht mir gut, Sergei.«
    Amy wandte sich erleichtert Maddy zu und nickte. Zum Glück hatte Sergei sie nicht angeschrien oder den Hörer aufgeknallt. Es war schon komisch, ihn fragen zu hören, ob es ihr gut ginge, und dabei zu wissen, dass seine Sorge über die eines Freundes ihrer Mutter hinausging. Maddy lächelte zurück und verzog sich dann in die Küche.
    »Wo bist du, Amy?«, fragte er noch einmal.
    »In Miami, bei einer Freundin.«
    »Wie gut, dass du nicht allein bist. Dein Brief, Amy … ich bin erst heute Abend zurückgekommen, und Maria hat ihn mir gegeben – ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
    »Seitdem ist einiges passiert, und ich habe viel nachgedacht. Du weißt, was ich dich fragen muss, nicht wahr?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Bist du mein Vater?«
    Es war irgendwie befreiend, diese Frage zu stellen. Aber trotz der Ruhe, die sie überkam, sobald die Worte ausgesprochen waren, fühlte es sich doch wie ein Verrat an Patrick an. Als würde sie mit einer einzigen Frage all die Jahre wegwischen, die er ihr Vater gewesen war.
    Nein! Wo immer du jetzt auch sein magst, Dad, so ist es nicht. Das wird niemals so sein!
    »Amy.« Sergeis Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und tief bewegt. »Ich bin stolz, sagen zu können: Ja, ich bin dein Vater.«
    Sie hatte versucht, sich vorzustellen, wie sie reagieren würde, und war davon ausgegangen, dass sie in Tränen ausbrechen, wie eine Heldin bei Jane Austin in Ohnmacht fallen oder aufspringen und laut fluchen würde. Aber stattdessen lehnte sie sich gegen die Wand und schloss die Augen.
    »Wow«, flüsterte sie.
    Mehr fiel ihr in diesem Moment nicht ein.
    Sie hörte ihn am anderen Ende der Leitung atmen, Hunderte von Meilen weit entfernt. Maddy war aus der Küche zurückgekommen und stand wartend im Türrahmen, die Box mit den Papiertüchern in der einen, die warme Milch in der anderen Hand. Als Amy zu ihr hinsah, hob Maddy fragend den Milchtopf und formte mit den Lippen die Worte: »Möchtest du welche?« Amy nickte, und Maddy verschwand wieder.
    »Nein, bleib hier«, murmelte Sergei, und es folgten gedämpfte

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