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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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spät als nie. Sie wäre stolz zu sehen, dass du den ganzen Weg hergekommen bist.« Der alte Mann lächelte, dann leerte er sein Glas und schaute Amy erwartungsvoll an. Amy merkte, dass sie ihr Glas immer noch in der Hand hielt. Sie hob es an und trank es in einem Zug aus.
    »Gut so, Mädchen, befeuchte deine Stimmbänder.« Der alte Mann nickte zustimmend, ging zu ihr und nahm ihr das leere Glas ab. Amys einzige Alternative hätte darin bestanden, es auf den Rand des Sargs zu stellen. Dankbar lächelte Amy.
    Was in aller Welt soll ich sagen?
    Als ihr Blick den von Breda McCarthy traf, lächelte sie nervös. Die Tochter der Toten versuchte offenbar, sie irgendwo einzuordnen. Aber Amy lächelte nur schwach zurück und sagte nichts. Amy musste wieder an ihre Mutter denken und enthemmt vom Whiskey drohten die Gefühle sie zu überwältigen.
    Mutter war doch auch eine Schauspielerin. Jetzt komm schon, Marsh!
    In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Whiskey auf leeren Magen war eine ganz schlechte Idee.
    Mum würde sich dieser Situation stellen. Tu es! Sag etwas!
    Sie wusste, dass sie diese Menschen nie wieder sehen würde.
    »Nun«, begann sie, »es tut mir leid, dass ich erst so spät eingetroffen bin. Aber es ist ein weiter Weg von England bis hierher.«
    Keine Reaktion. Ermutigt wagte sie sich weiter vor, folgte einem genialen Einfall.
    »Wahrscheinlich wissen die wenigsten von Ihnen, dass meine geliebte Mutter und Mrs McCarthy – Nuala – enge Freundinnen gewesen sind.« Ausgezeichnet. Was nun? »Ein oder zwei von euch, die vor zwei Jahren bei der Beerdigung meiner Mutter dabei waren, erinnern sich vielleicht daran, dass ich sagte, Mums Zeit in Irland, während der sie mit Nuala durch die wunderschöne Hügellandschaft wanderte, war für sie die ungewöhnlichste Zeit ihres Lebens.«
    Immer noch schwiegen alle. Sie schien damit durchzukommen. Amy schloss für ein oder zwei Sekunden die Augen, formte mit den Lippen unhörbar die Worte: »Sorry, Mum« und fuhr fort:
    »Für Mum war Irland der schönste Platz auf dieser Welt. Und einer der Gründe war ihre herzliche Freundschaft mit Nuala. Natürlich ist die Landschaft märchenhaft, aber was nützt Schönheit ohne Freundschaft? Mum sagte mir das noch kurze Zeit, bevor sie starb. Und ich wusste, dass sie bei diesen Worten an ihre alte Freundin Nuala gedacht hatte.«
    Immer noch Stille. Jemand räusperte sich.
    Okay, bring es jetzt zum Ende, Mädchen – bring das Schiff in den sicheren Hafen …
    »Mums gemeinsame Tage mit Nuala in den Bergen machten aus ihr die Frau, zu der sie wurde. Und jetzt, da auch Nuala von uns gegangen ist, verspürte ich das Bedürfnis, herzukommen und meinen Respekt zu erweisen. Man könnte auch sagen, ich versuche, den Weg zu gehen, den Mutter mit Nuala über diese wunderschönen Berge ging. Ich versuche, eine Freundschaft nachzuempfinden, die meiner Mutter so viel bedeutet hat. Danke.«
    Leiser Applaus hob an, während Amy zurück auf ihren Platz ging.
    Der alte Mann drückte ihr noch einen Whiskey in die Hand. »Gut gemacht, Maureen, du hast die Grafschaft Clare mit Stolz erfüllt, das hast du.« Er hatte offenbar kein Wort von dem gehört, was sie gesagt hatte. Aber sie nahm es gelassen, nippte an ihrem Whiskey und überlegte, wie sie von hier verschwinden konnte.
    »Vielen Dank, dass Sie von so weit hergekommen sind«, erklang neben ihr eine Frauenstimme. Breda McCarthy sah sie irritiert, aber nicht unfreundlich an. »Tut mir leid, das mit Ihrer Mutter.«
    »Nicht doch! Ich bedaure das mit Ihrer Mutter!«, platzte Amy heraus, bevor sie ihre Fassung wiedererlangt hatte und hinzufügen konnte: »Ich danke Ihnen. Obwohl es schon zwei Jahre her ist, vermisse ich sie schrecklich. Aber Sie muss es überraschend getroffen haben? Sicher waren Sie erschüttert.«
    Breda McCarthy runzelte nachdenklich die Stirn. »Erschüttert? Ja, vielleicht ein bisschen, aber da sie all die Monate vor ihrem Tod im Krankenhaus gewesen ist, hatten wir Zeit, uns darauf einzustellen.«
    »Durchaus. Natürlich.« Der Drang, schnell wie der Wind aus diesem Zimmer zu stürmen, war beinahe überwältigend.
    Breda berührte sie am Arm. »Mütter sind sonderbare Wesen, nicht wahr? Niemand hätte von all diesen Dingen aus ihrer Vergangenheit erfahren, wenn nicht Sie, eine völlig Fremde, hergekommen wären.«
    Amy hatte sich nie zuvor so unbehaglich gefühlt. Sie hätte am liebsten vor Dankbarkeit die alte Dame geküsst, die zu ihnen trat und Breda zuflüsterte, dass sie

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