Alle meine Schuhe
auf. Könnten Sie mir bitte sagen, was ich tun soll?« Sie lächelte entschuldigend.
Der Wagen hinter ihr hupte erneut. Der Polizist warf gemächlich einen Blick über seine Schulter und rief dann: »Schon gut, Jungs. Bis zum Start ist noch über eine Stunde Zeit und anscheinend habe ich hier eine Touristin, die sich verfahren hat. Gebt uns also eine Minute, okay?«
Amy steckte den Kopf aus dem Fenster, warf einen entschuldigenden Blick zu dem Wagen hinter ihr und formte mit den Lippen das Wort »Sorry« in Richtung Fahrer. Dieser sah erst sie an, dann den Polizisten, dann verdrehte er die Augen, lehnte sich lächelnd in seinen Sitz zurück und schüttelte den Kopf.
»Also«, fuhr der Polizist fort und stützte sich mit den Unterarmen auf den Fensterrahmen. »Wenn ich Ihnen sagen würde, dass Sie gar nicht weit von Ballyvaughan entfernt sind, würde Sie das ein bisschen aufmuntern?«
»Wirklich? Bin ich das? So ein Glück – ich hatte das Gefühl, seit Ewigkeiten herumzuirren.«
»Sind Sie wegen des Hurlings hier?«, fragte er und lächelte.
»Wie bitte?« Amy hatte keinen Schimmer, wovon er redete, aber es klang nicht sonderlich reizvoll.
»Das Hurling – Sie wissen schon – das irische Ballspiel?
Jede Menge kräftiger Burschen in Shorts, die sich mit Stöcken und einem kleinen weißen Ball gegenseitig verprügeln?«
Amy lief dunkelrot an. »Oh! Nein, tut mir leid. Ich habe nie zuvor etwas gehört von … Hurling.« Jetzt kam sie sich erst recht wie ein dummes Londoner Küken vor.
Der Polizist lächelte erneut und winkte ab. »Kein Problem, Miss. Es gibt jede Menge Leute, die ein langes und erfülltes Leben führen, ohne jemals mit unserem wunderschönen Spiel in Berührung zu kommen.«
Amy kicherte. »Da bin ich aber erleichtert!«
Sie schwiegen, und sein Blick ruhte einen Moment zu lange auf ihr. Amy wurde rot. Schließlich fuhr er fort: »Ballyvaughan also? Lassen Sie mich Ihnen helfen, hier zu wenden.« Er wies zu einer Seitenstraße ein kurzes Stück hinter ihrem Wagen. »Sehen Sie die kleine Straße da hinten? Auf die müssen Sie. Folgen Sie ihr, Sie können Ballyvaughan gar nicht verfehlen.«
»Vielen Dank«, antwortete Amy. »Mein Held!«
Der Polizist tippte sich an den Hut. Amy konnte sich nicht erinnern, dass ihr gegenüber schon mal jemand diese Geste gemacht hatte. Sie kurbelte das Fenster schon wieder hoch, als er noch einmal an die Scheibe klopfte. Amy runzelte fragend die Stirn und drehte die Scheibe wieder runter.
»Ja?«
»Sie werden hier vermutlich so schnell nicht wieder vorbeikommen?«
Mittlerweile dürfte mein Gesicht die Farbe von roter Bete haben, dachte Amy. Sie hatte lange nicht mehr so grüne Augen gesehen. So grün wie irische Kleeblätter.
»Es wäre mir ein Vergnügen, Sie irgendwann einmal auszuführen – und Ihnen alles hier zu zeigen.«
In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander, bis ihr klar wurde, was er damit eigentlich meinte.
Er will sich mit mir verabreden?
Aber zu ihrer eigenen Überraschung tauchte plötzlich Justins vertrautes, verletztes Gesicht vor ihrem geistigen Auge auf, und sie sah den Polizisten bedauernd an. »Vielen Dank. Wie schade! Ich bin hier nur kurz zu Besuch und fliege morgen weiter in die Staaten. Und danach werde ich zurück in London bei meinem Job erwartet.«
Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da hätte sie sich selbst in den Hintern treten können. Der Polizist ging auf Distanz und wirkte verlegen.
Das klang ja, als wäre ich die größte, erfolgreichste und ätzendste Jetsetterin aller Zeiten! Warum musste ich diesem charmanten, uniformierten Jungen den Eindruck vermitteln, dass ich ein großes Tier sei und nicht die einsame, kleine Amy Marsh, der es guttun würde, ein bisschen Zeit mit einem netten Mann zu verbringen? Und sich daran zu erinnern, dass nicht die ganze männliche Spezies aus misstrauischen, Schuhe verkaufenden Hitzköpfen wie Justin Campbell besteht?
»Natürlich – entschuldigen Sie bitte, dass ich so anmaßend war, Miss.«
»Nein …« Eilig versuchte Amy zu protestieren, aber der Polizist hatte sich bereits wieder aufgerichtet und sah sich das Gedränge an. Schnell hatte er sich einen Weg zwischen den Fahrzeugen und den Fußballfans gebahnt, so dass Amy wenden konnte, ohne jemanden zu gefährden. Er winkte sie durch. Danach tippte er sich noch einmal kurz an den Hut, mied jedoch ihren Blick. Obwohl er es nicht sah, winkte Amy ihm dankbar zu. Als sie an ihm vorbeifuhr, behielt er pflichtbewusst den
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