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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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wäre heute kälter, damit sie sie tragen konnte …
    All diese Bilder präsentierten ein Universum an wunderschönen Farben, Formen und Schätzen. Von pastellfarbenem Pfefferminz bis zu Bernsteingelb gab es keinen Schuh-Notfall, dem man nicht mit einem Besuch in Amys Schuhschrank abhelfen konnte – vorausgesetzt, die Umstände erlaubten hohe Absätze.
    Amy ließ die Tür hinter sich halb zufallen. Dann verharrte sie einen Moment andächtig, schaltete das Licht ein und atmete tief durch, um ihre zum Zerreißen gespannten Nerven zu beruhigen. Vorsichtig, beinahe zaghaft fuhr sie mit der Hand über die Kartonreihen und wanderte mit den Augen die Fotos entlang. Da standen die zierlichen Espadrilles, die sie beim letzten gemeinsamen Urlaub mit ihrer Mutter auf Mallorca gekauft hatte. Und dort – die wunderschönen bronzefarbenen Gina Mules, praktisch die einzigen Schuhe, für die sie den vollen Preis bezahlt hatte. Aber sie waren jeden sauer verdienten Penny und die darauffolgenden Wochen mit Bohnen-auf-Toast wert. Ah! Die roten Pumps – ihre rubinroten Pantöffelchen! Das Foto zeigte nicht nur die Schuhe, sondern Amy vor vier Jahren, wie sie auf einer Party herumwirbelte und immer wieder sang: There’s no Place like Home. Auch wenn Justin es damals kindisch fand – sie liebte diese Erinnerung.
    Und da, im mittleren Fach stand der schmale unbeschriftete Karton, der sie zum Weinen brachte, wenn sie ihn nur berührte.
    Sie streckte die Hand aus.
    »Na, bist du wieder am Träumen?« Justins Stimme hinter der Tür riss sie aus ihren Erinnerungen. Die braunen Riemchensandaletten von Michael Kors, entschied sie spontan. Ein guter Kontrast zu dem schweren Wildleder des Rocks – die strassbesetzten Schnallen sorgten für einen Hauch Glitzer. Die Absätze waren zwar nur gut sieben Zentimeter hoch, aber dann wurde Justin wenigstens nicht misstrauisch.
    Sie warf einen bedauernden Blick auf den Karton mit ihrer neuesten Errungenschaft, die sie heute Morgen gekauft hatte: die fantastischen grünen Schlangenleder Mules, die ihr sofort ins Auge gesprungen waren, als sie mit Debbie und Jesminder den Schuhladen betreten hatte. Normalerweise konnte sie es gar nicht abwarten, neue Schuhe anzuziehen. Aber wenn Justin sie auf sexy zehn Zentimeter hohen grünen Schlangenleder-Absätzen aus dem Apartment stolzieren sah, würde er den Braten mit Sicherheit riechen. Sie hatte gehofft, Justin wäre schon weg, wenn sie sich zurechtmachte.
    Sie strich über den Deckel des Kartons. Nicht heute Abend, meine Schönen …
    »Was meinst du?«, fragte sie ein bisschen nervös und drehte sich vor Justin um die eigene Achse. Er zog gerade die Jacke an, weil er ebenfalls los musste.
    »Du siehst toll aus.« Er musterte sie anerkennend von oben bis unten. »Nimm dich in Acht da draußen. Und … viel Spaß. Schade, dass wir nicht die gleiche Richtung haben. Dann könnten wir uns ein Taxi teilen.«
    »Mhm«. Amy bemühte sich, zustimmend zu klingen.
    »Bis später im Bett«, flüsterte er ihr zu und ging zur Wohnungstür.
    »Ja. Hoffentlich läuft es bei dir heute Abend gut«, rief sie ihm über die Schulter hinweg nach.
    »Tut es doch immer, Abe«, klang es aus dem Treppenhaus zu ihr hoch.
    Nachdem er weg war, atmete Amy tief durch, damit die Röte auf ihren Wangen verblasste. Einige Augenblicke später hatten ihre Hände aufgehört zu zittern, und sie konnte ein bisschen Juicy Tubes-Lipgloss mit Marshmallow-Geschmack auftragen. Ein letzter – schuldbewusster – Blick in den Spiegel, und sie war fertig.
    Nicht schlecht für eine vierundzwanzigjährige Schwindlerin, dachte sie gerade, als die Türklingel signalisierte, dass ihr Taxi unten wartete.
     
    Tatsächlich waren es diese Abende voller Unehrlichkeit und Betrügerei, die ihr nach dem Tod ihrer Mutter die Lebensenergie zurückgegeben hatten. Und während sie im Taxi Richtung West End saß, wich ihr schlechtes Gewissen zunehmender Vorfreude. Das Leben war gar nicht so übel, dachte Amy, während draußen die Stadt an ihr vorbeizog, es war nur momentan nicht prickelnd genug. Seit sie mit der Uni fertig war, arbeitete sie immer noch im selben Job. Meistens machte es ihr auch Spaß, aber die Arbeitswelt hielt doch sicher größere Herausforderungen für sie bereit?
    Während das Taxi an einer Ampel halten musste, wurde sie beim Gedanken an den bevorstehenden Abend richtig unruhig.
    Sie dachte an Justin – man musste ihn einfach aufregend finden! Dieser attraktive, intelligente Mann mit dem besten

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