Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
Vom Netzwerk:
Geschmack für Schuhe, der Amy bei Männern je untergekommen war, und dem sie vor gerade einmal anderthalb Jahren begegnete …
     
    Sie hatte in dem überfüllten Zuschauerraum gestanden, bis die Vorband mit ihrem Programm zur Hälfte durch war. Während sie sich durch die kreischenden Massen zum Hinterausgang quetschte, fürchtete sie, ihr würde von dem hämmernden Sound der E-Gitarre jeden Moment der Schädel platzen. Sie stürzte durch die Türen in den wesentlich kühleren Bar-Bereich und direkt in die Arme des attraktivsten Typen, der ihr je begegnet war. Und er roch auch noch gut!
    »Hey, langsam, junge Dame! Alles in Ordnung?«
    »Tschuldigung, aber da drinnen ist es fürchterlich heiß und diese Band ist unheimlich laut, ich musste einfach mal durchatmen … oh …«
    »Warte, hier, lass mich dir helfen. Du wärst ja gerade fast ohnmächtig geworden.«
    »Nein, ich bin nur gestolpert, mir geht’s gleich wieder besser …«
    »Keine Widerrede, du kommst am besten mit … Entschuldigt mich, Jungs, ich muss einer Jungfrau in Nöten helfen. Kann ich euch mit der Horde allein lassen? Danke! Also los, auf geht’s nach oben.«
    »Nach oben?«
    »Ja, zur VIP-Etage. Da gibt es Klimaanlage, viel Platz und einige sehr bequeme Sofas.«
    »Was … die VIP-Etage?«
    »Damit du dich erst mal erholst. Ach, und keine Sorge. Ich schmeiß Bono natürlich vorher vom Sofa runter. Jetzt lächelst du sogar. Muss ein gutes Zeichen sein.«
    »Du bist echt nett, vielen Dank …?«
    »Justin.«
    »Danke, Justin.«
    »Gern geschehen …?«
    »Amy.«
     
    Als sie jetzt auf ihre Uhr blickte, fragte sie sich, ob sie es noch pünktlich schaffen würde. Das Taxi steuerte Covent Garden an, und Amy schloss die Augen. Sie hasste es, Justin anzulügen.
    Schließlich hielt das Taxi vor der Oper. Amy suchte in dem Meer attraktiver Gesichter nach einem ganz bestimmten. Der Türsteher kam herbeigeeilt, um ihr die Autotür aufzuhalten.
    Als sie ausstieg, fühlte sich Amy wie ein Filmstar und jeder Gedanke an Justin war erstmal vergessen.
    Sie betrat das mit Blumen geschmückte Foyer, das voller Menschen war.
    Und dann sah sie ihn.
    Sergei.

3. Kapitel
    U nd, wie ist dein Eindruck bisher?«, fragte Sergei und führte sie in der Pause aus dem Zuschauerraum. Obwohl er mit amerikanischem Akzent sprach, steckte in seiner Stimme immer noch der Reichtum und die Tiefe seines geliebten Russlands. Bisher hatten sie kaum Gelegenheit gefunden, miteinander zu sprechen. Sie hatten es gerade noch geschafft, vor Beginn des ersten Aktes zu ihren Plätzen zu eilen.
    »Oh, mir fehlen wirklich die Worte!«, stieß Amy atemlos hervor. »Es ist perfekt! Die Kostüme! Die Musik ist voller Lebensfreude, findest du nicht auch? Und Darcey Bussell ist ein Genie! Jede ihrer Bewegungen ist reiner Tanz , alles wirkt so leicht und mühelos!« Nachdem Amy sich wieder gefangen hatte, sah sie Sergei verlegen an. »So kommt es mir jedenfalls vor – aber ich habe für einen Moment vergessen, dass ich gerade mit einem hochbegabten, weltberühmten Choreographen rede. Wie lautet dein Urteil, Sergei? Daumen hoch oder runter?« Sie brach ab und biss sich auf die Unterlippe. Für jemanden, dem die Worte fehlen, hatte sie eben wie ein Wasserfall geredet.
    Sergei winkte angesichts ihres Kompliments ab. Dann richtete er beide Daumen nach oben.
    »Bisher ist es eine extrem gute Produktion«, antwortete er. »Geradezu exzellent. Ich bin sehr froh, dass du es genauso siehst. Wollen wir etwas trinken?«
    An der Bar war es voll und laut. Eine Duftwolke teurer Parfums und Stimmengewirr schlug ihnen entgegen. Amy sah um sich nur attraktive, selbstbewusste Menschen, die sich mit noch attraktiveren, noch selbstbewussteren Persönlichkeiten angeregt unterhielten. Sie schreckte ein bisschen zurück und klammerte sich an Sergeis Arm, der sich unter ihrer Hand stark und sicher anfühlte. Wann würde sie jemals das Gefühl haben, an Orte wie diesen zu gehören? So wie all die anderen Menschen hier, die sich selbstsicher bewegten – »die festen Halt in ihren Schuhen hatten«, wie ihre Mutter zu sagen pflegte.
    Sergei erregte immer Aufsehen, wenn sie beim Ballett waren. Unzählige Leute nickten ihm grüßend zu und machten ihnen Platz. Er war immer noch sehr attraktiv, mit dem durchtrainierten Körper eines Ex-Tänzers, dem dunklen, nur an den Schläfen ergrauten Haar. Amy schätzte Sergei auf Mitte vierzig. Er hatte wunderschöne, funkelnde Augen, eine besondere Art weltgewandter Überschwänglichkeit,

Weitere Kostenlose Bücher