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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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mich ist das nur noch vier Jahre entfernt.«
    »Dafür siehst du verdammt gut aus«, sagte Amy. Das stimmte auch. Maddy war nicht in konventionellem Sinne schön, aber sehr lebendig, herzlich und stark, mit ihrem Krauskopf, den verrückten Klamotten, den funkelnden Augen und ausdrucksstarken Händen. Amy fühlte sich wohl in ihrer Nähe. Maddy war eine richtige Erdmutter.
    Glückliche, undankbare Charlotte …
    »Soll ich mal zu ihr hochgehen und Hallo sagen? Nachfragen, ob sie vielleicht runterkommt?« Amy war zwar nicht sonderlich erpicht darauf, wollte sich aber irgendwie nützlich machen. Und mit Charlotte fertig zu werden, schien ihr das Großmütigste zu sein, was sie sich einfallen lassen konnte.
    »Eine nette Idee, aber glaub mir, es würde nichts dabei herauskommen. Lass sie einfach in Ruhe, sie fängt sich schon wieder.«
    »Ist sie immer so?«
    Maddy zuckte mit den Schultern. »Momentan schon. Aber ich sehe sie nur selten und bin mir deshalb nicht sicher. Fast das ganze Jahr über lebt sie bei ihrem Vater in San Francisco – was übrigens ihre eigene Entscheidung war, ich bin keine unfähige Mutter oder so was in der Art.«
    »Offensichtlich nicht«, beteuerte Amy nachdrücklich und verdrehte die Augen. »Aber habe ich richtig verstanden, dass es Charlottes Entscheidung war? Du lässt sie tatsächlich bestimmen, bei wem sie leben möchte? Warum?«
    »Warum nicht?«, fragte Maddy zurück. »Charlotte ist ein intelligentes Mädchen mit einem eigenen Kopf und obwohl Vance – das ist ihr Vater – und ich nun mal nicht zusammenleben können, macht ihn das nicht zu einem schlechten Menschen oder schlechten Vater. Momentan ist sie während der Ferien für drei Wochen bei mir.«
    »Wann hat sie sich so entschieden?«
    »Vor zwei Jahren. Es war traumatisch für mich – also gut, lass mich ehrlich sein -, es war tief traumatisch und eine schreckliche Zeit. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Arm verloren. Aber wir haben es überstanden. Davon abgesehen ist San Francisco eine tolle Stadt für jemanden wie Charlotte – so unkonventionell, verstehst du? Und sie wird zu mir zurückkommen, das weiß ich, vorausgesetzt, ich verhalte mich jetzt richtig.«
    Amy starrte auf den Boden ihrer mittlerweile leeren Suppenschale. Vor zwei Jahren … eine traumatische Erfahrung … sie muss ihre Tochter etwa zu der Zeit losgelassen haben, als Mum starb … einen ganzen Kontinent weit weg. Wie viele Tragödien sich wohl jeden Tag überall auf der Welt in Familien abspielen?
    Das unerwartete Stampfen schwerer Boots auf den Treppenstufen wurde von einer wütenden, jungen Stimme begleitet, die ins Wohnzimmer hineinschrie: »Wirst du jemals kapieren, dass ich den Gestank von Fischsuppe nicht ertrage? Es ist widerlich! Und wag ja nicht, an die Tür zu kommen, wenn du mich nachher abholst, oder ich schwöre, nie wieder ein Wort mit dir zu reden!«
    »Bye, Muffin. Pass auf dich auf und hab einen schönen Abend«, rief Maddy der schwarz gekleideten Erscheinung zu, die sich kurz mit finsterem Blick an der Tür gezeigt hatte und schlagartig wieder verschwunden war.
    Maddy sah rüber zu Amy und lächelte bedauernd. »Wenn ich sie um halb zwölf abhole, steht sie schon da und wartet auf mich. Tut sie immer.«
    »Du bist erstaunlich«, bemerkte Amy, »dass du so nachsichtig mit ihr sein kannst.«
    »Das ist keine Nachsicht«, widersprach Maddy, »es ist, zumindest momentan, zweckdienlich.«
    »Na gut!«, gab Amy nach. » Zweckdienlich ist es. Du lässt mir nicht viel durchgehen?«
    »Charlotte auch nicht, aber verrate ihr das nicht! Sie glaubt, sie sei federführend, und alles, was ich sage, sei falsch. Dass ich sie nicht verstehe, keine Ahnung habe – die gute alte Teenagerüberzeugung. Ich sehe nur zu, dass alles läuft und nehme die Dinge, wie sie kommen.«
    »Klingt anstrengend.«
    »Kann es durchaus sein, aber ich habe sie auch nicht das ganze Jahr über hier. Also versuche ich, sie an der ganz langen Leine zu lassen, aber vor allem da zu sein, einfach nur da zu sein. Ich glaube, wenn man diesen letzten Teil hinbekommt, macht man seine Sache ganz gut. Noch etwas Suppe?«
     
    Es war spät geworden. Amy spülte das Geschirr, während Maddy rüberging, um das Atelier für heute aufzuräumen und abzuschließen. Maddys Wissen über die Welt der Skulpturen und ihre Leidenschaft hatten Amy förmlich umgehauen. Für sie war dieses Thema ein Buch mit sieben Siegeln. Und wie geduldig Maddy ihre Fragen beantwortet hatte. Habe ich sie wirklich

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