Alle Naechte wieder
meiner Kunden geht mir über alles.“
Vielleicht bildete sie es sich nur ein, allerdings erschien es ihr so, als hätte seine Stimme plötzlich ein noch tieferes Timbre bekommen, das akustische Gegenstück zum Schlafzimmerblick.
Vollkommen albern, dachte sie kopfschüttelnd, nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte. Dieser Mensch kannte sie nicht und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass es besonders förderlich fürs Geschäft war, potenzielle Kunden anzubaggern. Außerdem, bei dem Glück, das sie immer hatte, entsprach der Mann bestimmt nicht den Erwartungen, die seine Stimme am Telefon weckte. Vermutlich hatte er einen Bierbauch und man sah eine üppig behaarte Klempnerfalte, sobald er sich bückte.
Während sie auf ihn wartete, brachte sie ihr restliches Gepäck herein und ließ es im Wohnzimmer stehen. Die Tasche mit dem Laptop ließ sie auf dem Esstisch. Falls er sie als seine neue Kundin wirklich zufriedenstellen wollte, müsste er ein paar Steckdosen testen und eine finden, an der ihr Computer nicht verbrutzelte.
Als sie den Kaffee in den Ausguss schüttete, den sie für die Fahrt mitgenommen hatte und den sie in der Mikrowelle hatte warm machen wollen, entdeckte sie gleich neben der Spüle einen Zettel mit einer Notiz. Es war inzwischen in der Küche so dunkel geworden, dass sie die Taschenlampe brauchte, um sie lesen zu können.
Hi, Liebling,
das Haus ist ein bisschen in die Jahre gekommen und hat bessere Tage gesehen, deshalb gibt es ein paar Dinge, auf die Du achten solltest. Wenn das Deckenlicht in der Küche brennt, darfst Du die Mikrowelle nicht einschalten. Bei der hinteren Veranda ist die zweite Stufe auf der linken Seite morsch. Nicht drauftreten. Den Wäschetrockner kann man gar nicht mehr benutzen. Dein Vater wollte sich zwar um die Steckdose dort kümmern, ist allerdings noch nicht dazu gekommen. Damit nichts passiert, hat dein Dad die Luke des Trockners mit Klebeband verschlossen.
Wir sehen uns dann am Heiligabend.
In Liebe, Mom.
PS: Den Föhn kannst Du auch nur anmachen, solange die Beleuchtung im Bad aus ist, aber wenn Du die Tür offen lässt, dringt genug Licht vom Flur hinein.
Großartige Aussichten. Drei Wochen, in denen es Tage dauernwürde, bis die Wäsche trocken war, drei Wochen ohne Mikrowelle und drei Wochen lang Haare föhnen bei Schummerlicht.
Kein Wort darüber, dass ihnen ihr eigenes Haus inzwischen langsam unter den Händen zusammenbrach, während ihre Eltern sie regelmäßig in ihrer hübschen Bostoner Eigentumswohnung besucht und im Gästezimmer gewohnt hatten.
Nicht gerade ein vielversprechender Start für ihr Ferienabenteuer.
Scott Quinn fuhr bei den Burkes vor und schaltete die Zündung aus. Die Hälfte der Fenster war dunkel. „Das war seit Ewigkeiten der Traum meiner schlaflosen Nächte, Kojak. Chloe Burke. Chloe Burke ruft mich zu einem Notfalleinsatz zu sich nach Hause. Vielleicht sollte ich dich besser im Wagen lassen.“
Der große Deutsche Schäferhund schnaubte und kratzte mit einer Pfote an der Wagentür. Er wollte hinausgelassen werden. Zwar würde es Kojak nicht einfallen, das Haus eines Kunden ohne ausdrückliche Erlaubnis zu betreten, aber deshalb kam es für ihn noch lange nicht infrage, wie ein x-beliebiges Schoßhündchen im Lieferwagen auf sein Herrchen zu warten.
Scott seufzte. Wenn er in seinen Teenagerjahren geahnt hätte, dass er eines Tages als Elektroinstallateur Chloe Burke einen Hausbesuch abstatten würde, hätte er sicherlich etliche Stunden mehr im Badezimmer verbracht. Sie war diejenige, die damals die häufigsten Gastauftritte in seinen feuchten Tagträumen hatte, Träume, die die Wirklichkeit schon deshalb bei Weitem übertrafen, weil er in ihnen von seiner Heldin wenigstens zur Kenntnis genommen wurde.
Da sie aus derselben kleinen Stadt stammten, hatten die dieselbe Schule besucht wie alle Kinder der umliegenden Ortschaften. An Jungen, die begehrter waren als Scott Quinn, herrschte kein Mangel, und denen schenkte Chloe damals ihre Aufmerksamkeit. In den letzten Jahren hatte er sie nicht mehr gesehen, nicht mal aus der Ferne. Vielleicht hatte sie sich ja auch gehen lassen, sodass er diesen Einsatz ohne Schweißausbrüche hinter sich bringen konnte.
In dem Augenblick, in dem sie ihm die Tür öffnete, fiel ihm seine liebste Fantasie ein, die auf der Rückbank eines Autos stattfand, mit Chloe, die nicht seine Freundin war, und einem Mustang Cabrio, das er nie besessen hatte.
Jetzt, zehn Jahre später, war er absolut
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