Alle Naechte wieder
Mutter nun ausführlich von ihrer Kreuzfahrt berichtete, schritt Chloe, das Handy am Ohr, in die Küche. Sie brauchte einen Kaffee – dringend.
„Wir haben gestern Abend ein nettes Paar kennengelernt. Und stell dir vor, als wir dann zusammen am hawaiianischen Büffet standen, rief deren Tochter an und teilte ihnen mit, dass die beiden Großeltern werden. Ist das nicht toll?“
„Ja, sehr schön.“ Chloe versuchte, wenigstens ein bisschen begeistert zu klingen, obwohl ihr das bei einem solch derben Wink mit dem Zaunpfahl, dazu noch vor dem ersten Kaffee, schwerfiel. Sicherheitshalber suchte sie nach dem löslichen Kaffeepulver und stellte einen Kessel Wasser auf den Herd. Sie wollte nicht wieder eine Sicherung riskieren, indem sie die Kaffeemaschine anmachte.
Fünf Minuten später wäre ihr fast die Kaffeetasse aus der Hand gefallen, da jemand an die Tür klopfte. Dabei quiekte sie erschrocken auf und musste herumtanzen, um sich die heiße Flüssigkeit nicht über die Füße zu kippen, die nur in Socken steckten.
„Ist da wer an der Tür?“, wollte ihre Mutter wissen. „Bekommst du Besuch?“
Chloe schaute durch das Türfenster. Draußen war Scott Quinn, der den Kopf gesenkt hielt, offenbar, da er mit seinem Hund sprach. „Nein, nein. Es ist niemand. Nur der Bote mit einem Päckchen von einem Kunden.“
„Aber UPS kommt doch sonst immer erst nachmittags in unsere Gegend.“
„Ein Expresspaket, Mom. Das ist ein großer Auftrag und sehr eilig.“ Die Gelegenheit war günstig, gleich auch das Telefonat abzukürzen, wenn sie schon schwindelte. „Ich muss mich jetzt sputen.“
Sowie sie öffnete, begrüßte Scott sie mit einem Lächeln, das beinah ein breites Grinsen war. Da erst wurde ihr bewusst, dass sie im Pyjama vor ihm stand und außerdem an diesem Morgen noch nicht in den Spiegel geschaut hatte.
„Ich bin gleich zurück“, meinte sie, nachdem sie ihn und Kojak aus der Kälte ins warme Haus gelassen hatte.
Sie stürzte ins Badezimmer, wo sie sich rasch die Haare bürstete und die Zähne putzte. Auf Lippenstift und Wimperntusche verzichtete sie. Dann warf sie sich in fliegender Eile in ein paar Klamotten. Sie war gerade dabei, sich eine Standpauke für Scott zu überlegen, weil er ohne Vorwarnung so früh aufgekreuzt war, da fiel ihr Blick auf die Uhr. Es war bereits zehn, für die in Maine geltenden eher ländlichen Maßstäbe also fast Mittag.
„Kann ich dir einen Kaffee anbieten?“, fragte Chloe, als sie zurück in der Küche war. „Er ist nur instant, ich hatte Angst, dass die Sicherungen herausfliegen, wenn ich die Kaffeemaschine anstelle, bevor ich alle anderen Stecker im Haus herausgezogen habe.“
„Nein danke. Ich hatte schon.“ Scott schaute sich um. „Oha, die Mikrowelle ist ja ein echter Oldie.“
„Die ist mit Sicherheit hin. Die beiden können sich zu Weihnachten gleich eine neue gönnen.“ Scott hatte sich an den Küchentisch gesetzt und stützte die Arme auf. Eines musste Chloe ihrer Mutter zugestehen, er sah wirklich blendend aus. Sie war nervös und wusste nicht, wohin mit ihren Händen und erst recht nicht mit den Augen, daher ließ sie den Blick auf Kojak ruhen, der sich ihm zu Füßen gelegt hatte.
„Kannst du mir sagen, was es ungefähr kosten würde, die Leitungen neu zu verlegen?“, fragte sie, indem sie ganz geschäftsmäßig tat.
„Mit neuen Kabeln alleinwird es nicht getan sein. Der Hausanschluss und der Verteiler müssten aufgerüstet und auf zweihundert Ampere ausgelegt werden.“
Chloe hatte keine Vorstellung davon, was das bedeutete, es klang allerdings teuer. „Und was wäre in etwa das Mindeste an Kosten?“
„Ich will es mal so ausdrücken, dieses Haus ist älter als die Erfindung der Glühbirne. Daher habe ich keine Ahnung, was mich erwartet, wenn ich einmal anfange. Wer weiß, was ich finde, falsche Anschlüsse, die sich nicht mehr nachvollziehen lassen, Stellen, an denen man kein Kabel verlegen kann. Und so weiter und so fort. Um mich abzusichern, müsste ich einen Festpreis ziemlich hoch ansetzen. Bei solch einer Sanierung wäre es besser für uns beide und erfahrungsgemäß auch kostengünstiger, ich rechne die tatsächlichen Arbeitsstunden und Materialkosten ab.“
Chloe verstand zwar nichts von dieser Art von Technik, trotzdem war sie nicht von gestern. „Moment. Das heißt doch, du reißt alle Leitungen heraus, und wenn ich irgendwann sage, das wird mir zu teuer, sitzen meine Eltern bei Kerzenschein vor einem
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