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Alle Orte, die man knicken kann

Alle Orte, die man knicken kann

Titel: Alle Orte, die man knicken kann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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Katzenkot und verwestem Fisch, vermehrt um Windeln, Essensreste, Schweiß und weitere menschliche Abbauprodukte. Die Kreation ist in glasklaren Flakons zu haben. Ein Druck auf den Sprühknopf hilft gegen Wehmut.
    Unverdauliche Landesspezialitäten
    Gute Restaurants sind in Venedig leicht zu erkennen. Es handelt sich um die Stufen von Brücken oder Kirchen. Darauf verzehrt man sein Lunchpaket. Besser geht es nicht. Im zentralen Viertel San Marco stehen die Preise im umgekehrten Verhältnis zur Qualität. Die Preise sind außergewöhnlich hoch. Alle Reiseführer empfehlen deshalb, nicht Restaurants aufzusuchen, in denen man für Messer, Gabel und Papierserviette einzeln zahlt (weil sie das Beste sind), sondern Bars. Und zwar in weniger besuchten Stadtteilenwie Dorsoduro oder auf der Stadtinsel Giudecca. Natürlich bekommt man auch dort abgründige Ware, zahlt aber nicht so viel dafür, und die Kellner sind nicht so hektisch. Eine Gilde italienischer Gourmetkritiker sorgte vor zwei Jahren für Empörung, als sie die Chinesen Venedigs zu den besten Restaurants kürten. Die seien zwar eher durchschnittlich, aber immer noch wesentlich besser als die einheimischen Restaurants und obendrein bezahlbar. In Venedig gibt es keine einheimische Spezialität, die essbar ist, aber eine trinkbare: die
Ombra
. Das ist ein
Schatten
von Wein. Gemeint sind 0,1   Liter. Drei bis fünf
Ombre
ersetzen eine Mahlzeit. Zehn trösten darüber hinweg, wenn man doch eine gegessen hat.
    Das reicht für das Expertengespräch
    «Stellen Sie in abendlicher Runde einfach die Frage, warum Venedig versinkt», riet der langjährige Bürgermeister Massimo Cacciari. «Dann können Sie sich ungestört dem kalten Buffet zuwenden.» Denn die anderen geben ihre Expertenmeinungen kund. Es liegt an den Motorbooten. An der Entnahme des Grundwassers. Am Absaugen des Methans durch die Fabriken auf dem Festland. Es liegt an den Erweiterungen der Fahrrinnen, speziell für Kreuzfahrtschiffe. An den Raubfischern, deren Fangkörbe den Meeresboden aufschrammen, sodass die Sedimente abgetragen werden. Es liegt am Energieverbrauch der Industrieländer. Am Abschmelzen der Polkappen. Buffet beendet? Sonst helfen noch Hinweise auf das neue Sperrwerk namens
Mose
oder die ebenfalls noch nicht alte Erkenntnis, dass die Häuser keineswegs auf Pfählen stehen (außer an der Kanalseite), sondern auf soliden Mauern auf dem Boden der Inseln. Deshalb versinken sie auch nicht; die Plätze werdennur gelegentlich überflutet. «In venezianischen Häusern wohnt man immer so weit oben wie möglich», ist ein Kommentar, der von menschlichem Einfühlungsvermögen zeugt. Oder ein wenig kritisch: «Leider sind viele Palazzi inzwischen an reiche Ausländer vermietet.» Rührend, aber immer wieder gern gehört: «Ich empfinde die Stadt wie ein Gemälde, in dem man spazieren gehen kann!»
    Das meinen Kenner
    «In
Casino Royale
ließen wir einen ganzen Palazzo versinken, und anschließend fragten die Leute: Warum nur einer? Warum nicht die ganze Stadt?»
    – Daniel Craig, Schauspieler
     
    «Venedig ist eine Stadt für Tierfreunde und ihre Lieblinge. Katzen, Tauben und Salmonellen fühlen sich dort wohl.»
    – Patricia Highsmith, Autorin
     
    «Wer aus dieser Stadt nicht flieht, der kennt sie nicht.»
    – Giacomo Casanova, Weltreisender

Spanien

    S tauforscher, Schwerhörige und Raucher lieben diese Stadt! Die Durchgangsstraßen sind breit, doch die Autoschlangen verknäulen sich hier hartnäckiger als anderswo. Schwerhörige erlangen ihr Gehör zurück, weil der durchschnittliche Geräuschpegel bei achtzig Dezibel liegt, wie beim Gebläse eines Laubpusters. Raucher werden ebenfalls glücklich; sie brauchen sich in Madrid nicht um europäische Gebote zu kümmern. Und nirgends werden so viele Retortenbabys gezeugt wie in dieser fortschrittlichen Umgebung. Nirgends werden so viele Genehmigungen für Genpflanzen erteilt. Sensible und allergische Menschen sollen nicht meckern. Man empfiehlt ihnen, erst spätabends das Haus zu verlassen. Daraus hat sich ein reges Nachtleben entwickelt.
    Das kann man auslassen
    Plaza Mayor.  Der große viereckige Platz wurde früher für Stierkämpfe, Ketzerverbrennungen und Erschießungen genutzt. Heute kommen ausschließlich Touristen hierher, abgeladen vonBusunternehmern und Fremdenführern, die in den überteuerten Restaurants und Nippesläden ihre Provision abholen. Das Reiterstandbild in der Platzmitte ehrt Philipp (Felipe) III., der vor vierhundert Jahren

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