Alle Rache Will Ewigkeit

ging zum Drucker hinüber und reichte ihm die ausgedruckte Seite des Terminplans.
    Nick warf ihr einen langen nachdenklichen Blick zu. »Sie haben mir sehr geholfen. Vielleicht sprechen wir uns noch mal.«
    »Das bezweifle ich.« Ihre Stimme war eisig und ihr Blick wachsam. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum das erforderlich sein sollte.«
    Im Moment sah Nick das auch so. Aber in Anne Perkins’ Reaktion auf seine beiläufige Bemerkung hatte ein Unterton mitgeschwungen, der ihn ins Grübeln brachte.

19
    C harlie fand, dass die Gruppe Studienanfänger, der sie die Grundlagen der differenziellen Psychologie nahebrachte, verdammtes Glück hatte, von ihr unterrichtet zu werden. Statt einer trockenen Diskussion über das Sammeln empirischer Beweise zu psychischen Störungen und Auffälligkeiten wurden ihnen Berichte von der vordersten Front der Psychiatrie geboten. Und Gott sei Dank waren sie schlau genug, das zu schätzen. Ihre zwei Stunden Unterricht hatten sich als weniger lästige Pflicht erwiesen, als sie befürchtet hatte. Aber trotzdem war Charlie froh, dem Tumult der jungen Leute zu entkommen und sich wieder in die Stille ihres Wagens zu retten.
    Als sie ihr Handy anschaltete, fand sie eine SMS von Nick vor, der ihr die Chance aufzeigte, mit Magda zu sprechen, ohne dass Jay mithörte. Aber jetzt wäre es sinnlos, dort anzurufen. Magda würde bei der Arbeit sein und ihre Gedanken bei ihren Patienten. Charlie nahm sich vor, sich später bei Magda zu melden.
    In der Zwischenzeit hatte sie anderes zu erledigen. In keinem der Presseberichte über den Prozess waren die Namen der Solicitors, der beratenden Anwälte, genannt worden, nur die der Prozessanwälte, die Barker und Sanderson vor Gericht vertreten hatten.
    Die Prozessanwälte würden inzwischen ihre nächsten Fälle bearbeiten, und ihre enttäuschten Mandanten gehörten der Vergangenheit an. Die beratenden Anwälte der Verteidigung jedoch waren noch mit der Sache befasst, und nur sie konnten Charlie helfen, ins Gefängnis vorzudringen und mit Philip Carlings mutmaßlichen Mördern zu sprechen. Sie fuhr nach Haus und plante ihr Vorgehen.
    Charlie setzte sich mit dem Telefon und einer Tasse Kaffee an den Computer. Sie hatte die Namen der Prozessanwälte, aber nicht die der Kanzleien, in denen sie arbeiteten. Google gab ihr in wenigen Augenblicken die Informationen, die sie brauchte. Jetzt musste sie sich nur noch entscheiden, mit wem sie beginnen wollte. Sanderson war wahrscheinlich die Juniorpartnerin bei dem Betrug gewesen, sie wäre also vielleicht eher bereit, etwas auszuplaudern. Aber Barker würde vielleicht besser auf eine Frau reagieren. »Ene, mene, mu, raus bist du«, sang Charlie. »So viel zum Thema wissenschaftliche Methodik.«
    Die Stimme eines jungen Mannes antwortete bei der ersten Kanzlei, die sie anrief. »Friary Court Chambers«, sagte er rasch und geschäftsmäßig.
    Charlie versuchte, mit ihm in jeder Hinsicht gleichzuziehen. »Hallo, vielleicht können Sie mir helfen. Ich versuche, den Anwalt für Joanne Sanderson zu finden. Ihr Mr. Cordier hat sie letzte Woche am Bailey vertreten. Ich wüsste gern, wer der Anwalt war, der ihn beauftragt hat.«
    »Mit wem spreche ich, bitte?«
    Genau das wollte sie eigentlich verschweigen. »Hier ist Dr. Flint. Ich bin Psychiaterin. Ich soll einen Gesprächstermin mit Frau Sanderson vereinbaren, aber irgendwie fehlt mir der Name des Anwalts. Ich muss Ihnen wohl nicht sagen, wie manchmal alles schiefläuft.« Sie seufzte.
    »Das brauchen Sie mir in der Tat nicht zu sagen«, antwortete er. »Einen Moment, bitte.«
    Sie hörte am anderen Ende das Klicken der Tasten. »Kein Problem.«
    »Okay. Es war Miss Pilger von Pennant Taylor, die uns den Sanderson-Auftrag gab.«
    »Sehr gut.« Charlie beherrschte sich so lange, bis sie ihm gedankt und aufgelegt hatte. Dann sprang sie auf und tanzte durch den Raum, wiegte sich in den Hüften und juchzte vor Vergnügen. Endlich war mal etwas zu ihren Gunsten gelaufen. Pauline Pilger war eine der ersten Rechtsanwälte, die Charlie als Gutachterin herangezogen hatte, und im Lauf der Jahre hatten die Frauen ein Dutzend Mal oder häufiger zusammengearbeitet.
    Charlie wusste, dass es unter den Rechtsanwälten eine Handvoll gab, auf die sie sich jetzt verlassen konnte, und Pauline stand ziemlich weit oben auf der Liste. Dazu kam noch, dass sie leidenschaftlich für ihre Klienten kämpfte und nie aufgab, selbst wenn sie sich erdrückend schlechten Aussichten