Alle Rache Will Ewigkeit
ich kann dich nicht gehen lassen.« Sie schluchzte fast, ihr Haar fiel über uns beide wie ein Vorhang, der die Welt ausschloss.
Ich streckte meine Arme, um sie zu stützen. Aber sie fiel mir entgegen, drückte mich nach hinten, Körper an Körper, zwischen uns nur das Feuer unseres sommerschwülen Wahnsinns. »Magda«, wehrte ich ab. Aber es war ein schwacher Widerstand. Mein Körper sandte eine andere Botschaft aus. Wir klammerten uns verzweifelt aneinander, wie Kinder, bevor sie die Bedeutung von Hemmungen entdecken.
»Wir müssen etwas tun, Jay«, stöhnte Magda.
»Du musst zurückgehen«, sagte ich, drehte mich sanft weg und löste mich aus Magdas Umarmung. Ich wollte es nicht. Aber was ich wollte, war wahrscheinlich nicht zu erreichen.
»Das ist nicht das Ende, ich verspreche es dir. Aber du musst jetzt zurückgehen. Du kannst die Tatsache nicht ändern, dass du heute Nachmittag Philip geheiratet hast. Wenn er wirklich so nett ist, wie du ihn geschildert hast, dann verdient er es nicht, gedemütigt zu werden. Geh jetzt zurück und ruf mich an, wenn du kannst. Jederzeit, bei Tag oder Nacht.« Ich tastete in meiner Tasche nach der Karte, die ich vorher eingesteckt hatte. Die mit meiner privaten Mobilnummer. Ich drückte sie an die Lippen und reichte sie Magda. »Mit einem Kuss besiegelt.«
Magda sah aus, als sei sie wieder zwölf, kurz davor, in Tränen auszubrechen. Aber sie nahm die Karte und steckte sie in ihr Täschchen. Ich blickte auf die Uhr. Es war zwanzig nach neun. »Du musst gehen, Magda. Die Leute werden sich fragen, wo du bist. Philip wird sich fragen, wo du bist.«
Magda nickte. »Du hast recht. Begleitest du mich zurück?«
Ich lächelte, aber es war ein bittersüßes Lächeln. Ich hatte geglaubt, die Geheimnistuerei hinter mir zu haben, wer ich war und wen ich liebte. Aber anscheinend doch nicht. »Nicht den ganzen Weg. Deinetwegen, nicht meinetwegen.«
»Ich weiß.«
Wir begannen, den Rückweg über die Wiese anzutreten, und vermieden vorsichtig jede Berührung. Es konnte keinen unschuldigen Kontakt zwischen uns geben. So viel war klar. Als wir den Sichtschutz der Allee erreichten, ergriff Magda wieder mein Handgelenk, wie sie es vorher bei den Waschbecken getan hatte. »Es ist kein Spiel, Jay. Es ist mir ernst.«
»Mir auch. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch einmal so verlieben könnte.«
Magda lächelte. »Du hast das magische Wort zuerst gesagt.«
Ich hatte das wirklich nicht vorgehabt und bereute es im gleichen Augenblick, als es mir über die Lippen gekommen war. Nicht weil es mir nicht ernst damit war, sondern gerade weil es mir ernst war. Trotzdem konnte die Liebe zur Geisel des Glücks werden, aber ich glaubte nicht, dass Magda ein Mensch war, der sie gegen mich verwenden würde. Ich erwiderte ihr Lächeln. »Eine von uns musste es zuerst sagen.«
»Stimmt«, sagte Magda, plötzlich düster. »Eine von uns musste es sagen. Jay, es ist beängstigend. Ich habe das Gefühl, die Kontrolle verloren zu haben. Als hätten wir eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, und ich weiß nicht, wo sie enden wird.«
»Ich weiß, dass es beängstigend ist«, antwortete ich und streichelte mit meiner freien Hand Magdas Arm. »Aber diesmal werde ich dich nicht verlassen, ich verspreche es.«
Sie atmete erleichtert auf. »Ich liebe dich seit Jahren, Jay.«
Ich näherte mich ihr, bis meine Lippen ihr Haar streiften. »Ich verstehe. Ich werde dich nicht verlassen«, seufzte ich leise.
Magda ließ mein Handgelenk los, und ohne noch etwas zu sagen, gingen wir die im Zwielicht liegende Allee zum Park beim Sackville Building hinauf und traten in den Schatten auf der Rückseite von Magnusson Hall. »Kopf hoch, Maggot«, sagte ich. Wir blieben stehen.
Magda blickte über die Schulter zurück, während sie um die Ecke des Gebäudes bog; im Lichtschein der Portiersloge war ihr Gesicht nur noch undeutlich, ihr Lächeln ein Versprechen. Dann war sie fort, und ich blieb benommen und schwindelig zurück.
Ich fragte mich, in was ich da hineingeraten war und wie ich eine Lösung finden würde, ohne dass Corinna annahm, ich benutzte ihre Tochter dazu, eine lang aufgeschobene Rache wahr zu machen.
Ich wandte mich ab und betrat Magnusson Hall. Statt in den Junior Common Room zu gehen, stieg ich diesmal in den ersten Stock hoch und ging den Korridor entlang zum Mary Cockcroft Room, der nach der ersten Leiterin des Colleges in den zwanziger Jahren benannt war und für Meetings und Seminare benutzt
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